Es ist Sommerzeit. Zeit für lockere und für intensive Gespräche bei Festen, oder im Urlaub. Zeit auch einmal darüber nachzudenken, was es eigentlich heißt Christ zu sein. Immer wieder passiert es mir, dass Menschen mir begegnen mit den Satz: „Christ bin ich schon, aber nicht fromm.“ Oft entsteht dann ein ganz lustiges Gespräch über christliche Themen aller Art, auch zum Thema Frömmigkeit. Fromm sein, das ist so eine Sache. Oft wird es verwechselt mit einer extremen Haltung oder einer extremen Lebensführung. Menschen die im Klosterleben werden häufig als besonders fromm bezeichnet, obwohl mir schon manche Schwester, mancher Klosterbruder erwiderte, dass im Kloster auch nur Menschen mit Licht- und Schattenseiten leben. Mancher meint auch, wir Pfarrerinnen und Pfarrer sind besonders fromm. Auch werden Menschen als fromm bezeichnet, die am Sonntag in der Regel in die Kirche gehen, vor dem Essen beten und wissen, was an welchem Feiertag bedacht wird und dass Pfingsten das Fest des Heiligen Geistes ist und an Trinitatis (der kommende Sonntag heißt so) die Dreieinigkeit Gottes gefeiert wird, das heißt Christen an einen Gott glauben, der in verschiedener Gestalt sich gezeigt hat, als Schöpfer, Mensch und Geist beziehungsweise Tröster. Für mich ist Fromm sein etwas Anderes. Es hat nichts mit Extremen zu tun. Fromm ist für mich ein Mensch, der sich im Alltag als gläubiger Mensch erweist. Es hat nichts mit Wissen zu tun und auch nicht unbedingt mit Kirchenmitgliedschaft. Ich kenne manchen Frommen, der leider aus der Kirche ausgetreten ist. Mir fällt sogar sofort ein Bekannter ein, der nicht einmal getauft ist und den ich durchaus für einen frommen Menschen halte, auch wenn er selbst das wahrscheinlich abstreiten wird.
Fromm sein, das ist für mich keine Frage des Gesangbuches oder gar der Religion, sondern eine Frage der Lebenshaltung und dessen, was Mensch tuen. „Seid Täter des Wortes“, so heißt es im Brief des Jakobus und im Matthäusevangelium steht: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“ Wenn man das so sieht, dann kann der Mensch auch nicht fromm sein, sondern es geht um ein tägliches fromm werden, wie es auch Martin Luther geschrieben hat. Wie geht ein Mensch mit seinen Mitmenschen um? Gelingt es ihm auch das Leben anzunehmen, wie es ist. Ist das Leben ein Geschenk, oder selbst erzeugt? Frömmigkeit ist nichts Starres nicht Festgefahrenes und hat mit Dogmatik gar nichts zu tun. Frömmigkeit ist eine Herzenshaltung. Ich wünsche mir deshalb, dass Menschen einander weder mit ironischen Unterton als fromm bezeichnen, noch um mit der Religion auf Distanz zu gehen. Fromme Menschen sind bereichernd für das Umfeld, für Menschen, Tier und Schöpfung. Ein frommer Mensch ist kein Heiliger, kein Übermensch, sondern einer, der versucht das Leben aus der Liebe heraus zu leben, immer wieder neu. In diesem Sinne wünsche ich uns allen immer wieder fromme Momente und Stunden, in denen wir uns selbst als fromm erweisen oder es genießen, dass wir frommen Menschen begegnen.
Anne Salzbrenner, evangelische
Pfarrerin Lichtenfels