Mit 1100 Freunden quasi durch sein Wohnzimmer fahren und eine unvergessliche Zeit genießen: Darauf freut sich Norbert Erhardt schon sehr. Als der Altenkunstadter hörte, dass die BR-Radltour in diesem Jahr nicht nur im Landkreis starten, sondern auch durch weite Teile des „Gottesgartens“ führen würde, war für ihn klar: Da muss er unbedingt dabei sein. Und das nicht zum ersten Mal.
Weite Teile seiner Freizeit verbringt der 48-Jährige im Fahrradsattel. Von März bis Oktober tritt er drei- bis viermal die Woche in die Pedale, brennt im Jahr gut 2500 Kilometer in den Asphalt. 550 bis 600 Kilometer davon für die BR-Radltour. Es kann durchaus mal vorkommen, dass Erhardt und seine Freundin spontan zum Eisessen von Altenkunstadt nach Eltmann radeln oder zum Kaffeetrinken nach Stadtsteinach in die Steinachklamm, was hin und zurück gut und gerne 90 Kilometer sind. Oder auch mal eine Tour inklusive Görauer Anger und/oder den Berg Richtung Niesten-Neudorf. „Samstag und Sonntag sind es meist so rund 100 Kilometer am Tag.“ Fahrradfahren, das bedeutet für Norbert Erhardt totale Zerstreuung, dabei bekommt er den Kopf so richtig frei. Und das liebt er.
Im Jahr 2017 zum ersten Mal bei der BR-Radltour dabei
Zum dritten Mal schwingt sich Erhardt als BR-Tourenradler in den Sattel. „Meine Freundin und ihre Gruppe fahren schon länger mit. 2017 wollte ich dann mit dabei sein.“ Das erste Probefahren im Vorfeld mit dem damaligen Trekkingrad brachte die Ernüchterung: Um das Durchhaltevermögen des Gelegenheitsradlers war es noch nicht sonderlich gut bestellt. Doch der Altenkunstadter wollte nicht aufstecken, biss sich durch und biss sich fest. Er trainierte und trainierte, kaufte sich ein ultraleichtes Carbonrad – und meisterte letztlich seine erste Tour ohne größere Probleme.
„Die Einfahrt zur Mittagspause über die Tartanbahn ins Nürnberger Stadion zu DJ-Musik. Das war etwas Besonderes.“
Norbert Erhardt, Tourenradler

Aber: „Die BR-Radltouren sind anspruchsvoll, keine Frage. Es sind lange Etappen von 80 bis 110 Kilometer, und doch etliche Höhenmeter.“ Genau deshalb empfehlen die Organisatoren, sich im Vorfeld fit zu machen. „Ich habe 21 Gänge am Fahrrad, und die brauche ich auch.“ Umso verwunderter rieb er sich die Augen, als da plötzlich jemand mit einem Schweizer Armeefahrrad neben ihm radelte, ganz ohne Gangschaltung. Oder der mit dem alles andere als tourengängige Klappfahrrad. Und dann noch die beiden Brüder auf dem Tandem, der hintere blind, die im Vorjahr mitfuhren: „Denen galt mein vollster Respekt.“
Kein Schnäppchen, aber eine tolle Sache
360 Euro kostet es, an der BR-Radltour teilzunehmen. „Das ist nicht wenig, aber dafür gibt es auch ein Trikot, man hat einen Fahrrad-Service und ist auch komplett versichert“, sagt er. Inklusive sind auch die Übernachtsmöglichkeiten. Die sind aber eher spartanisch und rustikal: Meistens ist es eine Matratze in einer Turnhalle pro Person, die Privatsphäre steht hinten an. „Das ist für mich kein Problem, solche Massenunterkünfte kenne ich von Einsätzen und Seminaren des THW-Ortsverbands Kulmbach, bei dem ich seit 30 Jahren bin“, sagt er. „Außerdem sind wir Teilnehmer der BR-Radltour wie eine große Familie.“
Wie eine große Familie: Bei der BR-Radltour entstehen Freundschaften

Doch was, wenn jemand ganz besonders laut schnarcht und so andere um den Schlaf bringt? „Dann zieht man seine Matratze einfach ins Freie. Aber mir ist das noch nie passiert.“
Erhardt schätzt das Miteinander, das Kumpelhafte, den Zusammenhalt. „Nach jeder Etappe gibt es erst einmal ein Feierabendbier, und zwar noch vor dem Duschen“, sagt er und grinst. Dieses Ritual wollen er und seine Clique auch bei der 30. Auflage der BR-Radltour beibehalten.
Gute Gespräche, gutes Essen am Abend, gute Musik bei den Veranstaltungen und das Erkunden der gastgebenden Orte: Das macht für den 48-Jährigen den Reiz aus. Bei der BR-Radltour entstehen Freundschaften. Und manchmal finden sich alte Freunde wieder, die sich aus den Augen verloren hatten. Norbert Erhardt beispielsweise staunte nicht schlecht, als da plötzlich der Kumpel im Rad-Dress vor ihm stand, mit dem er vor zwei Jahrzehnten in Modschiedel die Nacht zum Tag machte. Und der mittlerweile, so weiß der Altenkunstadter heute, in Oberküps wohnt.

„Ich bin mir sicher: Die erste Etappe wird heuer die schönste“, sagt Norbert Erhardt mit dem Brustton der Überzeugung. „Ich fühle mich sehr wohl in Bad Staffelstein, mag dort besonders den Kurpark.“ Ehrensache, dass er auch an der Rundfahrt im Vorfeld der BR-Radltour teilnimmt (sie führt ins Coburger Land) und dann in der Adam-Riese-Halle übernachtet, um von Anfang an das „Tourenfeeling“ zu schnuppern. Wenn es am ersten Tag dann von der Thermenstadt über Hochstadt weiter gen Kunstädte und Weismain geht, will der 48-Jährige in der Spitzengruppe mitradeln.“ Er freut sich darauf, mit 1100 Gleichgesinnten die Mittagspause zwischen Rathaus und Martinskirche in der Weismainer Altstadt zu verbringen und mit ihnen gemeinsam die Höhen in Richtung Fesselsdorf und Modschiedel zu erklimmen. Ihnen seine schöne Heimat nahe zu bringen. „Es wird anspruchsvoll, aber es wird wunderschön“, ist der Altenkunstadter überzeugt.
Eine Großveranstaltung mit riesigem Suchtfaktor
„Die BR-Radltour macht süchtig, im positiven Sinn“, meint er. „Es ist sogar so, dass man am liebsten nach Ende der letzten Etappe immer weiterradeln würde, trotz aller Strapazen und Entbehrungen. Ich möchte dann gar nicht mehr vom Rad runter.“ Apropos letzte Etappe: „Ich denke, dass die Zieleinfahrt in Bad Füssing ein Highlight wird. Darauf bin ich schon besonders gespannt.“ Über den schmucken Kurort im Niederbayerischen Bäderdreieck hat Erhardt schon viel gehört.

Auf seinem Smartphone hat der begeisterte Radler eine Fülle von Bildern von den vorangegangenen BR-Radtouren. Beim Anschauen gerät er ins Schwärmen. „Als wir damals in Dingolfing durchs BMW-Werk geradelt sind, mitten durch die Produktionshallen und an den Fertigungsrobotern vorbei, das war schon eindrucksvoll“, erinnert er sich. „Oder die Einfahrt zur Mittagspause über die Tartanbahn ins Nürnberger Stadion zu DJ-Musik. Das war auch etwas Besonderes.“ Oder die Mittagspause an einem See, als die Radler spontan ins kühle Nass hüpften. Und, und, und. „Ich hoffe, dass es heuer bei der 30. Radltour wieder eine Überraschung gibt.“ Neben tollen Städten wie Deggendorf und eindrucksvollen Landschaften, neben Konzerten von Namika, Álvaro Soler, Sasha, Mark Foster oder Glasperlenspiel. An Fotomotiven dürfte es auf jeden Fall nicht mangeln.