Lichtenfels Unzählige Zeitungsberichte, Ausschnitte, Fotos und Kuscheltiere tummeln sich auf dem Esszimmertisch von Ilka Engels. Sie alle erzählen eine besondere Geschichte. Denn bereits seit 20 Jahren organisiert die Lichtenfelserin den „Tag der behinderten Kinder“, der immer am Montag im Rahmen des Lichtenfelser Schützenfestes Kinderherzen höher schlagen lässt. 20 Jahre voller Emotionen und allerhand außergewöhnlicher Geschichten, aber auch verbunden mit viel Organisation und persönlichem Engagement für die gute Sache.
Große Dankbarkeit
Wenn Ilka Engels die vergangenen Jahre Revue passieren lässt, dann hat sie vor allem eins sofort vor Augen: Strahlende Kindergesichter. „Dieses Lachen, diese Dankbarkeit, die einem von den Kindern entgegen gebracht wird, das ist einfach das Schönste“, sagt sie und nimmt das weiche Plüschschaf in die Hand, das neben ihr liegt. „Das Schäfchen habe ich von einem kleinen Mädchen geschenkt bekommen, nachdem diese es eigentlich bei der Tombola gewonnen hatte. Das hat mich zutiefst berührt“, so die engagierte Schützin.
Doch dies ist nicht das einzige Kuscheltier, dass Engels in den vergangenen Jahren von überglücklichen Kindern des Wohnheims Sankt Michael des Heilpädagogischen Zentrums (HPZ) geschenkt bekommen hat. „Auch Rosen habe ich beispielsweise schon bekommen“, fügt sie mit einem Schmunzeln hinzu.
Schon seit über 40 Jahren werden die Kinder des HPZ am Montagnachmittag zum Schützenfest eingeladen, um dort ein paar unvergessliche Stunden auf den Fahrgeschäften zu erleben.
Heuer darf Ilka Engels ein eigenes persönliches Jubiläum feiern, denn im nunmehr 20. Jahr kümmert sie sich sowohl im Vorfeld als auch am Tag selber um das Wohl der Kinder und ihrer Betreuer. Tatkräftige Unterstützung erfährt sie durch ihre Schwester Silke Kalb und ihre Eltern, die ihr den Rücken stärken. „Es macht immer noch genau so viel Spaß wie am ersten Tag. Mittlerweile kennt man nicht nur alle Kinder beim Namen, sondern auch Vorlieben und Besonderheiten, persönliche Lebensgeschichten oder Schicksale“, weiß sie. Das sei nicht immer leicht, mache die Arbeit aber umso wichtiger und wertvoller.
Eine ganze Kindheit begleitet
„Wir sind wie eine kleine Familie.“, betont Engels. „Es ist schon etwas Besonderes, wenn ich mittlerweile junge Erwachsene auf der Straße treffe, die ich bereits als Fünfjährige auf dem Schützenfest an die Hand genommen und begleitet habe. Das macht sehr glücklich.“ Begonnen hat für sie alles im Jahr 1999. „Ich war damals 23. Das war noch vor meinem Amt als Korbstadtkönigin“, erinnert sie sich. Animiert wurde sie von ihrer jüngeren Schwester Silke. Vor allem die Organisation im Vorfeld nimmt viel Zeit in Anspruch. Bereits im April fährt Engels jedes Jahr nach Nürnberg aufs Volksfest, um dort Kontakt mit den Schaustellern aufzunehmen, die ein paar Monate später in Lichtenfels auf dem Schützenfest Station machen. Alles muss gut geplant und vorbereitet sein. Denn die Schausteller erhalten von ihr genaue Instruktionen.
Viele Fahrgeschäfte fahren dann extra langsam und reduzieren ihre Geschwindigkeit oder Lautstärke, damit es für die Kinder angenehm ist, natürlich angepasst an die jeweiligen Bedürfnisse oder auch Krankheiten. Der Aufwand ist nicht zu unterschätzen. Jedes Jahr kommen zwischen 30 und 40 Kinder, dazu bis zu zehn Betreuer.
„Wir wollen den Tag so schön wie möglich gestalten und machen wirklich alles mit und auch möglich.“
Ilka Engels
Die Gruppe wird dann nach Alter aufgeteilt und dann geht?s los. Nach einem gemeinsamen Essen für alle dürfen die Jungen und Mädchen nach Herzenslust und im Ganzen Ausmaß das Schützenfest genießen. „Die Kinder dürfen wirklich in jedes Fahrgeschäft und alles ausprobieren, was so möglich ist.“
Auf der Hit-Liste steht nach wie vor, seit Generationen quasi schon, der Auto-Scooter. Aber auch der Roll-over, die Wasserbälle und Lose sowie diverse Kinderkarussels stehen hoch im Kurs bei den Kleinen. Dazwischen werden immer wieder kleine Pausen zum Erholen eingelegt, an denen es mal ein Eis oder gebrannte Mandeln gibt. „Wir wollen den Tag so schön wie möglich gestalten und machen wirklich alles mit und auch möglich“, so Engels. „Würde man alle Kosten, die in diesen Stunden zusammen kommen, summieren, käme man schon in einen vierstelligen Bereich“, weiß sie und fügt hinzu: „Ohne unsere spendablen Schausteller würde es nicht funktionieren.“
Dass dies alles nicht selbstverständlich ist, scheinen aber auch die Kinder an diesem Tag zu spüren. „Diese große Dankbarkeit ist außergewöhnlich. An keinem anderem Tag im Jahr bekomme ich so oft das Wort Danke gesagt, das ist wirklich rührend“, sagt sie.
Für die Kinder des Heilpädagogischen Zentrums sei ein Besuch auf dem Schützenfest wie Weihnachten. Auf diesen besonderen Tag freuen sie sich wirklich das ganze Jahr. Und Engels ist sich sicher: „So lange wir gesund sind, machen wir es weiter.“ Denn was gibt es Schöneres, als das Lachen der Kinder, dass über den Schützenfestplatz halt. „Und wenn man plötzlich eine Rose in den Händen hält mit den Worten: Die ist für dich. Weil ich dich lieb habe.“