„Es geht um Werte und Wertschätzung“, unterstrich Pastoralreferent und Fernfahrerseelsorger Norbert Jungkunz im Rahmen des Auftakts des Fernfahrer-Frühschoppens, bei dem Journalist Jan Bergradt („Fernfahrer“), Yvonne Langguth (Gewerbeaufsichtsamt), Ulf Kalb (Polizei Coburg) und Ver.di-Landesfachbereichsleiter David Merk miteinander und vor allem mit den Fernfahrern diskutierten und Sorgen und Nöte ansprachen. „Wir wollen wissen, wo euch der Schuh drückt“, sagte er Jungkunz.
Die Gewerbeaufsicht bemühe sich sehr um gute Bedingungen für die Fahrer zu schaffen, erklärte Yvonne Langguth. Viele Firmen halten sich an die Regeln. „Es sind nicht alle schlimm“ machte sie aber auch klar, dass es so manches gibt, was sie nicht gutheißen kann.
Überholverbot auf Autobahnen
Auf vielen Autobahnstrecken gibt es mittlerweile ein Überholverbot für Laster, machten einige Fernfahrer zum Thema. Deutsche Fahrer würden bei Nichtbeachtung streng bestraft, ausländische ziehen an denen vorbei, die sich an die Gesetze halten. Dem deutschen Fahrer tut der Punkt den er bekommt einfach weh, Osteuropäer fahren einfach weiter und bekommen allenfalls eine finanzielle Strafe.
„Mir ist egal, wer im Lkw sitzt“, betonte Polizist Ulf Kalb. Es sei aber schwierig, mit ausländischen Fahrern zu reden, die weder deutsch noch englisch verstehen. Die Bußgeldstelle komme schwer an ausländische Halter heran, machte Journalist Jan Bergradt („Fernfahrer“) deutlich. Überholverbot und Abstandsverstöße seien nicht im europäischen Datenaustausch enthalten. Wer daher nicht sofort angehalten und bestraft wird, der ist weg.
Ein brennendes Problem ist das fehlen von Parkplätzen für Mehrtonner. Mit der Osterweiterung der EU wurde Deutschland zum Transitland. Oft dauere die Parkplatzsuche sehr lang. Polizist Ulf Kalb sagte, dass viele Polizisten deshalb hier viel Verständnis haben. „Ich verstehe die Problematik.“ Er sah die Wirtschaft insgesamt in der Pflicht, hier mitzuhelfen.
Der Parkplatz für die Übernachtung
Firmen die eine Lieferung erhalten könnten einem Fahrer auch einen Parkplatz über Nacht anbieten und eine Möglichkeit zum Duschen. Bei der Ebersdorfer Autobahnausfahrt entstehe ein Gewerbegebiet. Damit hier kein Lkw stehen könne, seien dort Findlinge abgeladen worden, was er nicht verstehe.
„Ihr seid das rollende Lager“, sagte er den Fahrern, und unterstrich wie wichtig Trucker für die Unternehmen sind. An Autohöfen müssen die Fahrer – oft aus der eigenen Tasche – 20 Euro Parkgebühr zahlen, wurde beklagt. Die Autohöfe werden von einer privaten Kette betrieben, erklärte Jan Bergradt. „Parken muss Teil der Maut werden.“ Von 500 000 Kraftfahrern, die bei Logistikfirmen fahren, werden etwa 30 Prozent nach Tarifvertrag bezahlt und bekommen um die 2400 Euro bei 38,5 Stunden, erläuterte Ver.di-Landesfachbereichsleiter David Merk. Aufgrund der Überstunden liege der Verdienst dann meist höher.
70 Prozent arbeiten in Firmen, wo Gewerkschaften und Tarifvertrag nicht stattfinden. Für die nächste Tarifrunde werde es eine Aufwertungskampagne für alle geben. Tarifverträge müssten Mindeststandard werden. Spesen, für die der Fahrer nicht verantwortlich ist, müssten bezahlt werden. „In der Andacht wurde viel über Wertschätzung und Humanisierung gesprochen“, betonte der Gewerkschafter. Diese gebe es allzu oft nicht und das ziehe auch die Arbeitsbedingungen insgesamt nach unten.
Lohndumping und Schenselbstständigkeit
Es gebe Briefkastenfirmen, die den Unternehmenssitz ins Ausland verlagern. Es gebe Lohndumping und Scheinselbständigkeit. „Wir müssen sehen, dass Mindeststandards für alle gelten. Der Beruf Kraftfahrer muss aufgewertet werden“, erklärte der Gewerkschaftler. Der Wettbewerb dürfe nicht auf dem Buckel der Kraftfahrer ausgetragen werden.

Journalist Jan Bergradt wies auf das EU-Mobilitätskonzept hin, das etwas verändern könnte. Er wies auch auf eine Firma hin, die in Deutschland 1000 Laster auf einmal kauft, diese in Litauen zulässt und dann von ukrainischen Fahrern lenken lässt.
„Die Entsenderichtlinie muss vom 1. Tag an gelten“, verlangte David Merk. Osteuropäische Politiker wollen dies aber verhindern. „Viele Fahrer fahren auch im Alter weiter, weil die Rente nicht ausreicht“, wies Jan Bergradt auf ein weiteres Problem hin. Immer öfter gebe es Unfälle, weil Kollegen zusammen brechen würden. Altersarmut greife auch hier um sich.
Eigentlich hätten die Fahrer bei einem fehlen von tausenden Fahrern beste Karten, um ihre Bedingungen zu verbessern. Sehr viele seien aber nicht gewerkschaftlich organisiert. „Wer sein Leben lang malocht hat verdient eine gute Rente“, sprach sich David Merk für eine gute Grundrente aus.
Ver.di hat eine App heraus gebracht, mit der Fahrer ihre Arbeitszeit und Spesen genau festhalten können. Acht Wochen lang ist diese kostenlos, dann innerhalb einer Mitgliedschaft nutzbar.
Enttäuscht sind viele Trucker, dass zunehmend durch TÜV und Dekra eine sehenswerte Showbeleuchtung an ihrem Fahrzeug verboten wird. „Umso mehr Licht der Truck hat, umso besser wird er gesehen“, erklärte Ulf Kalb (Polizei Coburg) zu diesem für viele Trucker so wichtigen Thema. Dafür erhielt er viel Applaus.
„Es wird immer schwieriger auf der Straße“, fasste Norbert Jungkunz zusammen. Eine Rettungsgasse funktioniere nur, wenn alle mitmachen. Entsprechend könne der gesamten Branche nur geholfen werden, wenn auch hier alle mitmachen.