Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Obermain
Icon Pfeil nach unten
Lichtenfels
Icon Pfeil nach unten

Wort zur Besinnung: Das Evangelium mit Leben füllen

Lichtenfels

Wort zur Besinnung: Das Evangelium mit Leben füllen

    • |
    • |
    _
    _

    Wort zur Besinnung

    Morgen begehen wir in der katholischen Kirche den Weltmissionssonntag. Was Mission bedeutet, war über Jahrhunderte klar: Wir bringen den Glauben zu Menschen, die noch nichts von Gott wissen. Und auch die Rollenverteilung war klar: Wir in Europa sind die Kirche. Von hier aus schicken wir Missionare in unsere Missionsgebiete auf der ganzen Welt, damit die „Heiden“, wie wir sie genannt haben, von Gott erfahren und sich taufen lassen.

    Dieses Denken hat sich inzwischen gründlich verändert. In vielen Ländern der Welt, die wir einmal „Missionsgebiete“ nannten, leben erfreulich lebendige Ortskirchen. Sie feiern Gott in den Ausdrucksformen ihrer Kultur. Sie leben in brasilianischen Basisgemeinden christliche Solidarität mit den Armen; sie tanzen ihren Glauben in Tansania (und beten mit dem ganzen Körper); sie versenken sich in Japan und Indien in Meditation und berühren so Gott. Kirche 2019 lebt in allen Kontinenten – und in allen kulturellen Ausprägungen.

    Und wir in Europa? Wir in der Kirche, die sich über Jahrhunderte als Weltkirche verstanden hat, die den Glauben zu den anderen trug? Uns laufen die Menschen weg, die Zahl der Ungetauften steigt. Europa ist inzwischen selbst zum Missionsland geworden!

    Dieser Entwicklung trug ein fast vergessener Papst der jüngeren Kirchengeschichte Rechnung: Paul VI. Am 8. Dezember 1975 veröffentlichte er ein Apostolisches Schreiben, dass das bisherige Kirchenbild auf den Kopf stellte. „Evangelii nuntiandi“ ist sein Name; es handelt von der Verkündigung des Evangeliums.

    In diesem Dokument vollzieht der Papst eine nahezu kopernikanische Wende im Bild der Kirche. Der Kapuziner und Missionswissenschaftler Walbert Bühlmann hat diese Wende auf den Punkt gebracht: „von der Westkirche zur Weltkirche“.

    Haben wir früher, auch wenn wir von „Weltkirche“ redeten, die Kirche des Westens, Europas, gemeint, und die anderen Kontinente waren unsere „Missionen“, so spricht der Papst nun zum ersten Mal seit der frühkirchlichen Zeit das Wort „Kirche“ in der Mehrzahl: „Ortskirchen“. Gleichzeitig spricht er nicht mehr von Missionen (bisher meist mit dem besitzanzeigenden „unsere“ gebraucht), sondern von Mission in der Einzahl. Nicht mehr „Die Kirche und ihre Missionen, sondern: Die Kirche in vielen Ortskirchen und in diesen Kirchen hat sie eine Mission, eine Sendung: das Evangelium mit Leben zu füllen – für die Menschen und zu ihrem Heil.

    Weltmission kann seitdem nicht mehr bedeuten: Wir schicken unsere Missionare aus, damit sie anderswo das Evangelium einpflanzen. Stattdessen meint Weltmission heute: Wir nehmen erstaunt und (hoffentlich!) erfreut wahr, dass auch anderswo Kirche lebt, dass in den 2000 Jahren Christentum die Kirche über die ganze Welt gewachsen ist und sich in den verschiedenen Kulturen eingelebt hat.

    Das schließt ein, dass die Kirche ein farbiges Gesicht gewonnen hat. Sie ist reich geworden an Ausdrucksformen des Glaubens durch die unterschiedlichen Kulturen, in denen sie lebt. Weltmissionssonntag feiern heißt darum: Mit Freude auf den Reichtum der Kirche in ihrer Vielgestaltigkeit schauen. Bewundern, wie unterschiedlich sich der eine Gott in den verschiedenen Kulturen artikuliert, lernen von den anderen und von ihren Zugängen zu Gott. Dieses „Lernen von anderen“ scheint mir in der augenblicklichen Situation der Kirche in Deutschland besonders wichtig, weil wir dort Wege entdecken können, die uns hier in unserer Ratlosigkeit helfen, die wir nicht den Mut haben, ganz andere Wege zu gehen.

    Der Weltmissionssonntag ist von einem Fest des „Wir geben Euch“ zu einem Fest des „Ihr beschenkt uns“ geworden. Das gilt es an diesem Sonntag zu begreifen!

    Die gemeinsame Mission dabei ist: das Evangelium mit Leben – und das Leben mit dem Evangelium zu füllen – und uns anregen zu lassen von der Vielfalt Gottes.

    Pater Heribert Arens,

    Vierzehnheiligen

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden