Das fängt ja gut an, das neue Theaterjahr in der Region. Gleich zwei Uraufführungen stehen auf dem Programm des ETA Hoffmann Theaters in Bamberg. Und im Landestheater Coburg wird gleich zu Jahresbeginn, am 4. Januar 2020, aufgrund der großen Nachfrage um 18 Uhr als Zusatztermin „Die Bremer Stadtmusikanten“ aufgeführt. Die ursprünglich vorgesehene Aufführung „Der Vetter aus Dingsda“ muss dem tierischen Vergnügen weichen.
Uraufführung Nummer 1: „Das Deutschland“ von Bonn Park
Zunächst aber in die Domstadt. Im Studio des ETA Hoffmann Theaters wird am 17. Januar das Auftragswerk „Das Deutschland“ von Bonn Park uraufgeführt. Beginn ist um 20 Uhr. Bonn Park, der auch Regie führt, nimmt sich mit „Das Deutschland“ eines hochaktuellen Themas an. Denn schließlich – so malt er sich aus – könnte es ja sein, dass der Fortschritt gar zum Ende der Menschheit führen könnte. Und das wäre ja vielleicht gar nicht so schlecht. Mehr noch könnten gar die Deutschen das letzte Volk auf Erden sein, das ausstirbt.
Der 1987 in Berlin geborene, dort und in Korea und Paris aufgewachsene Autor philosophiert: „Endlich endet alles Leben auf der Erde. Ein hart geführter Wettkampf zwischen Klima, Idioten, Passiv-Aggressivität und Krisen. Niemand weiß, wer gewinnt, aber zu Ende geht es hoffentlich schon. Und auch Deutschland, Land der Menschen, die mit Visionen zum Arzt gehen müssen, wird ideenlos, mittelmäßig und ratlos dabei zusehen und ehrlich nicht verstehen, was gerade passiert ist.“
Bonn Parks melancholisch-humorvollen Stücke sind mehrfach ausgezeichnet worden. Sie tragen poetische und skurrile Titel wie „Die Leiden des Jungen Super Mario in 2D“, „Traurigkeit & Melancholie oder der aller aller einsamste George aller aller Zeiten“ (Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis), „Wir trauern um Bonn Park” (Jugendjurypreis der Essener Autorentage) oder „Das Knurren der Milchstraße“ (Preis des Stückemarktes beim Berliner Theatertreffen). Da lag es für das ETA Hoffmann Theater nicht fern, den Autor und Theatermacher mit einem Werk über „Das Ende der Menschheit“ zu beauftragen.
Uraufführung Nummer 2: „Fort Schreiten“ von Konstantin Küspert
Auf der Großen Bühne des Bamberger Theaters ist am 24. Januar Neues angesagt. „Fort Schreiten“ heißt das Stück von Konstantin Küspert, das unter der Regie von Intendantin Sibylle Broll-Pape an diesem Tag um 19.30 Uhr uraufgeführt wird.
Küspert wird in seinem vierten Auftragswerk für die Bamberger Bühne spielerisch über Fragen der Zeit fantasieren. Etwa darüber, ob es die Genforschung ermöglichen wird, den Erbgut-Text nicht nur zu lesen, sondern ihn auch vollständig neu zu schreiben. Die Zwiespältigkeit der Fortschrittsgeschichte wird in dem Stück überdeutlich: Werden Roboter irgendwann die überlegenen Geschöpfe? Wird Künstliche Intelligenz die Menschen vernichtende Weltherrschaft übernehmen? Oder wird sie uns ins technologische Elysium führen, in eine Zeit ohne Armut, Verkehrstote, Hunger, Krieg oder Klimakatastrophen? Am Ende steht die Frage, was die Menschen lernen müssen, um sich zum Souverän des Zukünftigen ausbilden zu können.
Musical: „Otello darf nicht platzen“ von Peter Sham und Brad Carroll
„Otello darf nicht platzen“ heißt es im Großen Haus des Landestheaters Coburg am Samstag, 18. Januar. Es handelt sich um ein Musical von Peter Sham (Buch und Gesangstexte) und Brad Carroll (Musik) nach der Komödie von Ken Ludwig. Thema ist der Albtraum eines jeden Operndirektors: Kurz vor der „Otello“-Vorstellung sagt der Startenor Tito Merelli ab – eine Ladung Schlaftabletten hat ihn außer Gefecht gesetzt. Was tun? Das Haus ist ausverkauft, und vor allem die weiblichen Zuschauer erwarten sehnsüchtig den Auftritt von „Lo Stupendo“, wie sie Merelli bewundernd nennen. Max, der Assistent des Operndirektors, der insgeheim schon lange von einer Sängerkarriere träumt, sieht seine Chance gekommen. Kurzerhand übernimmt er die Hauptrolle in Verdis „Otello“. Erst scheint alles gutzugehen – bis Merelli aus dem Tiefschlaf erwacht.
Ausgezeichnet mit dem Tony-Award als bestes Stück zählt Ken Ludwigs Boulevard-Komödie, 1986 am Broadway uraufgeführt, bis heute zu den Kassenschlagern des Genres. 2010 wurde diese Persiflage auf die Pleiten und Pannen eines Opernbetriebs erstmals als Musical gezeigt, 2013 folgte die deutsche Erstaufführung in Leipzig.
Inszeniert wird die witzige und geistreiche Verwechslungs- und Typenkomödie mit ihren schmissigen Songs von Felix Seiler, der zuletzt unter anderem mit „Die Herzogin von Chicago“ in Bremerhaven und „Der Zauberer von Oz“ an der Komischen Oper Berlin für „pralles Vergnügen“ (Opera Lounge) sorgte.
Romanadaption: „Jugend ohne Gott“ von Ödön von Horváth
In der Reithalle Coburg gibt das Landestheater am 8., 9. und 12 Januar „Jugend ohne Gott“ nach dem gleichnamigen Roman von Ödön von Horváth in einer Spielfassung von Kristo Šagor. Eindringlich zeigt Horváth, wie der Verlust eines Wertesystems und die Gleichschaltung der Jugend die demokratische Grundordnung gefährden und den Weg in den Faschismus bereiten. Kristo Šagor treibt die Entindividualisierung der Horváthschen Figuren in seiner temporeichen Erzählweise noch weiter. Ein hochaktuelles Stück in einer Zeit, in der antidemokratische Strömungen das Friedensprojekt „Europa“ bedrohen.