In zahlreichen Kirchen wurde in den vergangenen Tagen die Geburt Jesu gefeiert. Stellvertretend veröffentlicht die Redaktion Auszüge aus den Weihnachtsbotschaften des Altenbanzer Pfarrvikars Christian Montag (katholisch) und der Altenkunstadter Pfarrerin Bettina Beck (evangelisch).
Die Weihnachtspredigt 2019 von Pfarrvikar Christian Montag: „,Fürchtet euch nicht', ein Satz aus dem heutigen Evangelium. Es sind Worte des Trostes, die der Engel zu den Hirten sagt. Dieser Satz verzaubert uns heute noch, wie vor 2000 Jahren: ,Fürchtet euch nicht'. Ein Satz, der zu Herzen geht, denn die Welt im Kleinen wie im Großen lehrt uns oftmals etwas anderes. Die Welt im Kleinen (also in unserer nahen Umgebung) wie im Großen (also weltweit) lehrt uns manchmal das Fürchten, also genau das Gegenteil von ,Fürchtet euch nicht'.
Ist es nicht so, dass die Welt immer mehr an Menschlichkeit verliert. Gewalt und Böses tritt in den Vordergrund und lehrt uns das Fürchten. Da sind Menschen, ja sogar Kinder in Not und man schaut einfach weg. Menschen ertrinken im Meer, weil man den eigenen Wohlstand in Gefahr sieht. Menschen werden unbarmherzig vor den Zug gestoßen, anstatt dass man ihnen die Hand reicht
Und hier im Kleinen bei uns: Neid und Missgunst beherrschen den Alltag, weil der eine sich mehr leistet als der andere. Streitigkeiten gibt es in Nachbarschaften und in Familien. Ich hatte vor kurzem erst einen Anruf: Eine Mutter ist verzweifelt, weil ihre Kinder mit ihr nichts mehr zu tun haben wollen.
„An Weihnachten wird uns das Grundgerüst an die Hand gegeben. Im Laufe seines Lebens zeigt uns Jesus, wie wir an dem Glaubensgerüst weiterbauen können.“
Christian Montag, Pfarrvikar
Gerade an Weihnachten wird uns das wieder deutlicher gemacht als sonst. Fürchten wir uns nicht auch vor der Unmenschlichkeit anderer: Bloßgestellt zu werden; öffentlich angeprangert zu werden; Lächerlich gemacht zu werden. Weil man vielleicht nicht der Norm entspricht. Was ist die Folge? Enttäuschung, Rückzug, vielleicht sogar Wut... Gleichen wir nicht auch manchmal einem Volk, das in der Finsternis umherläuft, das im Land des Schattens wohnt?
Aber! Wie den Hirten damals wird auch uns heute zugesagt: „Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren, es ist Christus, der Herr.“
Die Weihnachtsbotschaft wird uns erneut zugesagt. Gott kommt auf die Welt. Gott selbst kommt zu uns, in diese Welt, die uns das fürchten lehrt, und möchte die Welt in ein neues Licht tauchen, neu zum Leuchten bringen Er tut dies eben nicht mit Macht und Gewalt, sondern er tut es in der Ohnmacht eines Kindes, das uns zeigt: So schaut die Zuneigung Gottes zu den Menschen und zur Welt aus. Es ist die uneingeschränkte Liebe!
Die Botschaft dieser Weihnacht ist: Dass sich im Kind in der Krippe, Gott selbst den Menschen zuwendet, um unsere Welt und unser Menschsein durch seine Menschenfreundlichkeit zu verwandeln. Das ist die Botschaft, die uns jedes Jahr verkündet wird und die Hoffnung, die uns die Furcht vor der Welt nimmt.
Jetzt können wir berechtigt die Frage stellen: ,Jetzt feiern wir Weihnachten jedes Jahr und die Welt ändert sich kaum zum Besseren?' Ich möchte das gerne mit einem Vergleich beantworten. Mein Bruder hat in diesem Jahr Richtfest gefeiert. Jetzt an Weihnachten ist er in sein neues Haus eingezogen. Feiern wir an Weihnachten nicht auch so ein Richtfest des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, ja des Friedens. Wenn das Fundament am Haus gelegt ist, geht es weiter: Wände müssen hochgezogen werden; wenn der Rohbau steht, kommt noch das Dach drauf; und dann steht das Richtfest an. Aber nach diesem Fest ist es noch lange nicht vorbei: Fenster müssen hinein; innen muss noch alles gemacht werden; ein langer Prozess, bis alles erledigt ist.
Gott zeigt uns seine uneingeschränkte Liebe
Und ist es mit dem Weihnachtsfest nicht ähnlich? An Weihnachten wird uns das Grundgerüst an die Hand gegeben. Gott kommt den Menschen nah, er wird einer von uns, er zeigt uns eine uneingeschränkte Liebe. Im Laufe seines Lebens zeigt uns Jesus, wie wir an dem Glaubensgerüst weiterbauen können. Er gibt uns viele Beispiele, um zu zeigen, wie die Welt menschenfreundlicher, gerechter, friedvoller wird.

Wir alle sind ein einem Lernprozess, der an Weihnachten nicht endet, im Gegenteil, der hier erst beginnt und seinen Anfang nimmt. Der uns jedes Jahr daran erinnert weiterzumachen, weiterzubauen. Nach dem Richtfest gehen die Arbeiten am Haus weiter. Und auch wir dürfen weiterbauen am Haus der Menschenfreundlichkeit und der Liebe, das Gott an Weihnachten errichtet hat.
Als ich Mitte September zu Ihnen und Euch als neuer Pfarrer kam, da ist mir der Satz „Fürchtet euch nicht“ öfters in den Sinn gekommen. Und jetzt nach diesen Wochen, heute sind es genau 100 Tage, die ich hier bin. In der Politik schaut man ja nach 100 Tagen zurück und zieht Bilanz, was alles so passiert ist. Vieles könnte ich jetzt erzählen, aber das würde den Rahmen sprengen. Was wir hier gemeinsam nach diesen Wochen und Monaten bereits geschafft und erreicht haben, ist unbeschreiblich.
Ihr fürchtet euch nicht, im Gegenteil ihr packt mit an und baut an diesem Haus, am Reich Gottes mit und weiter. Und darauf könnt ihr als Gemeinde und auch ich als euer Seelsorger ganz ganz stolz sein. Und über solch ein Engagement, darüber freue ich mich von Herzen sehr. Das gibt mir sehr viel Motivation und Freude, trotz manchem Ärger.
„Liebe zeigt sich, wenn jemand bleibt – trotz allem. Mit der Entscheidung für die Liebe bleibt Josef sich selbst und seinen Träumen treu. “
Bettina Beck, Pfarrerin
Die Weihnachtspredigt von Pfarrerin Bettina Beck: „Liebe Schwestern und Brüder, mit der Weihnachtsbotschaft wird uns jedes Jahr das Grundgerüst unseres Glaubens, der Hoffnung und der Liebe zugrunde gelegt. Entscheidend ist, ob uns die Weihnachtsbotschaft etwas ahnen lässt von der Menschenfreundlichkeit Gottes, und ob sie uns so zu Herzen geht, dass wir selbst eine Spur menschlicher werden können und so weiterbauen am Reich Gottes, dass auch andere die Liebe Gottes sehen und vor allem spüren. Ihnen und Ihren Familien ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.
Ich finde: Josef sollte den Preis für die beste Nebenrolle der Welt bekommen. Er steht in der Krippe oft eher im Hintergrund. Wirkt müde und erschöpft, aber hält sich wacker an seinem Stab fest und beleuchtet mit der Laterne in der Hand die Hauptpersonen: Im Zentrum Maria, die das Kind bestaunt, die prächtigen Könige, die andächtig knien, die sanftmütig strahlenden Hirten und ihre flauschigen Schafe. Josef ist einer der Väter, die keine große Bühne brauchen. Eine treue Seele.
Meist stehen die Treuen nicht im Vordergrund. Leicht werden sie in der Geschichte übersehen. Dabei war er live dabei. Und die Situation war alles andere als gewöhnlich. Hatte der Engel doch im Traum zu ihm gesagt: Josef, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau zu dir zu nehmen; denn was sie empfangen hat ist von dem Heiligen Geist. Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden. Das ist ein schwerer Brocken, den Josef erst mal verdauen muss.
Josef ist ehr der Stille, der im Hintergrund bleibt
Dabei hätte sein Leben ganz beschaulich und normal sein können: Er arbeitete in Nazareth als Zimmermann, verliebte sich in die fromme Maria und verlobte sich mit ihr. Wahrscheinlich wünschte er sich Söhne, denen er seinen jüdischen Glauben und sein Handwerk weitergeben konnte und Töchter, die Maria zur Hand gehen konnten. Und dann so was! Seine Verlobte ist schwanger – aber nicht von ihm. Nach dem Gesetz des Mose droht Maria jetzt die Todesstrafe, wäre Josef ein selbstgerechter Hardliner. Aber Josef ist eher der Stille, der im Hintergrund bleibt. Lieber macht er sich heimlich aus dem Staub und lässt für die Öffentlichkeit offen, ob er nicht doch der Vater des Kindes ist. Die verführte und verlassene Frau wäre dann immerhin versorgt.
Doch Josef entscheidet sich anders: Er entscheidet sich für die Liebe. Trotz allem hält er seiner Maria die Treue. Er bleibt an ihrer Seite, obwohl offensichtlich vieles dagegen zu sprechen scheint. Er hält an einer gemeinsamen Zukunft fest. Liebe zeigt sich, wenn jemand bleibt – trotz allem. Mit der Entscheidung für die Liebe bleibt Josef sich selbst und seinen Träumen treu. Ich stelle mir vor, dass er gerade darin Halt fand: Er wünschte sich die Hochzeit mit Maria, gemeinsame Kinder, geteilte Stunden, Tage und Jahre. Und so kam es auch – trotz allem.

Damit beginnt Josefs ungewöhnliche Weihnachtsgeschichte. Nimmt man die Weihnachtsgeschichte ernst, war die Geburt nicht so romantisch, wie wir es uns in Krippendarstellungen heute vorstellen. Ein Stall, kalt und zugig, schnödes Stroh statt Krankenhausbett, Tiermist statt Krankenhaushygiene und das alles mitten in der Nacht. Die Mutter geschwächt vom weiten Weg und den Wehen. Und Josef mittendrin. Wer von Ihnen als Mann schon mal im Kreißsaal dabei war und nichts anderes tun konnte als da zu sein, der weiß, wie stark ein Mann in einer solchen Ausnahmesituation sein muss.
Josef ist der Treue, der Stille und Gewissenhafte unter den Vätern. Er übernimmt aus Liebe die ganze Verantwortung und bringt mit Maria unter erschwerten Bedingungen Gottes Freundlichkeit und Menschenliebe zur Welt. In der Entscheidung für die Liebe zu Maria ist Josef Gott treu. Er vertraut dem Engel, der ihm den Traum einer helleren menschenfreundlicheren Welt vor Augen malt und wird zum Vater des Gottessohns.
Es lohnt sich, sich für gewissenhafte Liebe zu entscheiden
So wird es Weihnachten in unserer Welt! Da, wo wir einander Mensch werden, wie Gott uns Mensch geworden ist, wo Liebe gelebt wird!
Es lohnt sich, sich für diese stille, treue und gewissenhafte Liebe zu entscheiden. Wie Josef. An ihm sehen wir: Jemanden zu lieben, den man in den Mittelpunkt der ganzen Aufmerksamkeit und ins Rampenlicht stellt - das ist wirklich die schönste Nebenrolle der Welt. Amen. (red)