Die diesjährige Klimakonferenz (COP) der Vereinten Nationen war eine besondere. Erst sollte sie in Brasilien stattfinden, dann in Chile und letztlich in Spanien. Die spanische Regierung stellte mit dreiwöchiger Vorbereitung die Konferenz mit der weltweit höchsten Teilnehmerzahl auf die Beine. Als Beobachter mit dabei war der gebürttige Lichtenfelser Anthony Holmes. Was er über die Konferenz berichtet:
„Für mich ergab sich aufgrund der vergleichsweise geringen geographischen Entfernung Madrids zu Berlin die Möglichkeit meinen Universitäts- und Arbeitsalltag für einige Tage zu unterbrechen und in diese zweiwöchige Parallelwelt als Beobachter einzutauchen.
Angekommen in Madrid, bahnte ich mir den Weg von der Metro-Station zur Messe entlang Barrikaden, vermummter Polizisten und Sicherheitskontrollen. Die Sicherheitsvorkehrungen deuteten die Signifikanz der Veranstaltung und die der anwesenden Personen an. In der ersten Halle angekommen, schnell zum Registrierungsschalter, Akkreditierung vorzeigen, einmal kurz lächeln und schon hatte ich meinen persönlichen COP25-Ausweis.
Als Repräsentant der Zivilgesellschaft
Hierauf wurde in gelber Farbe ,Beobachter‘ vermerkt. Zu dieser Kategorie gehören alle Repräsentanten der Zivilgesellschaft, also Organisationen, Unternehmen etc. Ich erhielt Zugang zu den unzähligen Veranstaltungen, welche parallel zu den Verhandlungen stattfanden. Keinen Zutritt hatte ich zu den nichtöffentlichen Plenen und Verhandlungsräumen der Regierungen.
Obwohl manche Plenen öffentlich waren, wurde der Zugang zu den Verhandlungen auf dieser COP zusätzlich erschwert, da es um Finanzen ging. Hierbei lassen sich Staaten nur ungern über die Schulter schauen.
Zunächst vermutet man, dass sich das Taktieren der Regierungen hinter verschlossenen Türen in einer Parallelwelt abspielt. Jedoch konnte es genauso der Fall sein, dass beim Kaffee holen die Personengruppe am Nebentisch Chef-Verhandler wichtiger Industriestaaten sind. Auch das machte die Spannung der Konferenz aus, denn jede Sekunde konnte die Bundesumweltministerin, Svenja Schulze, der Vize-Präsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermanns, oder zahllose Parlamentarier der Nationalstaaten oder der EU an einem vorbeilaufen – was tatsächlich geschah.
Somit fühlte ich mich trotz der Exklusivität der Verhandlungen als Teil des großen Ganzen. Selten befinden sich so viele Entscheidungsträger auf den Gängen weniger Messehallen und sind dabei so empfänglich für den Austausch. So kam es zu einer spontanen Unterhaltung mit der Beauftragten für Klimaschutz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Anja Weisgerber, und einem Teil der Jungen Vernetzung – ein inoffizieller Zusammenschluss junger deutschsprachiger COP-Teilnehmer.
Anja Weisgerber bekräftigte den Willen der Bundesregierung die Ambitionen der EU-Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, mitzutragen, welche während der COP durch den EU Green Deal postuliert wurden.
Kritik an den Parallelwelten der Konferenz
Auch während eines Treffens der Bundesumweltministerin, Svenja Schulze (SPD), mit der Jungen Vernetzung begrüßte diese den EU Green Deal als ein wichtiges Signal. Gleichzeitig kritisierte sie den Ausschluss der Zivilbevölkerung von den Verhandlungen und bemängelte, dass so sogar auf der COP selbst Parallelwelten entstanden seien. Ich war von der Ehrlichkeit und dem Umgang auf Augenhöhe überrascht, da aufgrund der Geschehnisse auf der Konferenz genug zu tun war.
Die Verhandler ambitionierter Staaten hatten nämlich kein Leichtes gegen die Blockadehaltung anderer Wirtschaftsmächte. Bei dieser COP stachen dabei vor allem Australien und Brasilien heraus. Beide reihten sich in die Liste der bereits bekannten Blockierer ein: USA, Russland, Saudi-Arabien, etc. Diese werden meist von rechts-nationalistischen Regierungen geführt, welche eigene Wirtschaftsinteressen priorisieren und sich im Klimaschutz unsolidarisch zeigen. Obwohl dies zu einer Zielfverfehlung der COP25 führte, kann sich Deutschland und die EU nun auf das Schmieden neuer Koalitionen konzentrieren, denn wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.
Nicht wie nach einer Niederlage gefühlt
Als ich mich am Samstagabend, 24 Stunden nach dem geplanten Ende der COP auf die Rückreise begab, waren die Verhandlungen immer noch in vollem Gange. Ein Scheitern der COP25 war abzusehen. Für mich fühlte es sich jedoch nicht nach einer Niederlage an, denn ich hatte faszinierende Menschen kennengelernt, neue Kontakte und Freundschaften geknüpft, welche mich motivieren auch weiterhin für den Klimaschutz einzustehen und diesen voranzutreiben – egal ob in Madrid, Berlin oder am Obermain.“