Es sind vier Frauen, gemalt in einer kleinen Studenten-WG in Bamberg, die bald in der Roccart-Gallery in Florenz zu sehen sein werden: Schwarz-weiß, geheimnisvoll und mit einer ganz eigenen Aura. Manche sind jung, manche ihrer Züge im Schatten verborgen und nur zu erahnen.
„Wenn man meine Bilder ansieht, muss man sich nicht mit Kunst auskennen, sondern empfinden: Das will ich aufhängen,“ so ihr Maler Tobias Hohner. Zwei von ihnen werden die Besucher der Galerie zwei Monate lang bewundern dürfen, die anderen beiden etwas länger.
Die Roccart-Gallery ist keine Unbekannte in der Kunstszene. Viele aufstrebende, aber auch etablierte Künstler haben dort bereits ihre Werke ausgestellt. Zwei Wochen lang wird Tobias Hohner deshalb mit seinen Freunden in Florenz verweilen und seinen Erfolg mit einem Städtetrip verbinden. Das Auto dafür ist schon gemietet.
Galeriebesitzer entdeckt Werke wahrscheinlich per Zufall

Dabei kann man die Initiierung wohl als „Zufall“ bezeichnen: Tobias Hohner stellt seine Bilder seit einiger Zeit auf die Internet-Plattform Instagram, so auch das Bild einer jungen Frau am Neujahrstag. Von Freunden und Bekannten bekommt er oft positives Feedback: „Geile Bilder!“ Ein paar Tage später jedoch habe ihn der italienische Galeriebesitzer Fabio Rocca angeschrieben und sich von seinen Werken ebenso begeistert gezeigt. Er möchte vier seiner Werke in der baldigen Ausstellung „Frauen in der Kunst“ zeigen. „Komm' vorbei“, habe er via WhatsApp geschrieben.
„Viele fanden meine Bilder zwar cool, aber da ich nicht Kunst studiere, könnten sie mich auch nicht ausstellen.“
Tobias Hohner ist in Redwitz an der Rodach, später in Hochstadt am Main aufgewachsen. Vor zwei Jahren absolvierte er ein Praktikum beim Obermain Tagblatt. In dieser Zeit hat er auch seine Lust am Zeichnen wiederentdeckt. „Schon in meiner Schulzeit habe ich Comics gemalt und auf dem Pausenhof vertickt“, blickt der 26-Jährige zurück. Heute studiert er in Bamberg im Bachelorstudiengang Germanistik und Anglistik im 7. Semester. Bislang hat er nur wenige Bilder verkauft und wurde von vielen Galerien, auch lokalen, abgewiesen. „Viele fanden meine Bilder zwar cool, aber da ich nicht Kunst studiere, könnten sie mich auch nicht ausstellen.“ Das sei wohl zu wenig öffentlichkeitswirksam gewesen. Bis jetzt.
Fotorealistisch mit Liebe zum Detail
Auch seine Bilder haben sich verändert: Was vor zwei Jahren noch bunt und abstrakt war, ist heute schwarz-weiß, simplizistisch und „cool“, wie er sie selbst betitelt. Der Loft-Gedanke ist ihm wichtig. Viele seiner Bilder hängen im Wohnzimmer der heimischen WG. Von vielen Künstler-Kollegen weiß er, dass zu Beginn ihres Schaffens oft erst einmal das Nachahmen von Idolen steht, bevor sie einen eigenen Stil entwickeln. Auch bei Tobias Hohner war das so. „Heute bin ich detailverliebter und fotorealistischer. Damit habe ich eine gute Nische gefunden.“
Zwar ist er von seinem einstigen Zehn-Quadratmeter-Zimmer in das größere WG-Zimmer nebenan gewechselt. Trotzdem fehle es natürlich an Platz für große Leinwände, Acrylfarben und Malutensilien. Er experimentiert viel und hat sich kürzlich etwa auch einen Baustrahler gekauft. Ebenso finden jedoch Haushaltsgegenstände Verwendung: Ein Eimer ist eine große Hilfe für einen perfekten Kreis. Und Ketchup ist für ein abstraktes Gemälde prima geeignet, befindet Tobias Hohner.
„Ich merke klar, wenn ich traurig bin, dann ist die Malerei für mich ein positiver Weg nach draußen. Deshalb gibt es von mir auch abstrakte und wüste Bilder.“
Ein großes Atelier ist sein Traum. In dem würde er vermutlich ebenfalls dann malen, wenn die Inspiration durchkommt: „Ich male gerne nachts, in einer Art Nachtschicht. Ich höre über meine Kopfhörer laut Musik dazu, bewege mich zum Beat und schaffe etwas. Wenn es flowt, stehe ich um sechs oder sieben Uhr auf und mache weiter“, erzählt er.

Bis ein Bild fertig ist, können daher auch zwölf bis vierzehn Stunden vergehen. Auch hier wird eine Entwicklung deutlich: Früher dauerte der Prozess auch mal „nur“ drei Stunden. Was geblieben ist: Natürlich ist seine Kreativität von Alltagsereignissen und Gefühlen geprägt: „Ich merke klar, wenn ich traurig bin, dann ist die Malerei für mich ein positiver Weg nach draußen. Deshalb gibt es von mir auch abstrakte und wüste Bilder.“
Auch seine „Wort-Sprache“ ist geprägt von englischen Ausdrücken rund um Kunst, Lebensgefühl und natürlicher Emotion. Er möchte daher seine Bilder nicht so sehr analysiert haben.
„Ob das Mädchen nun traurig blickt oder ob ihr Vater im Krieg ist, kann sich jeder denken. Für mich ist wichtig: Es soll einfach nur geil aussehen.“ Und das wird es ab 15. Februar, dem Tag der Vernissage, in Florenz.
Er träumt davon, von der Kunst zu leben
Zu Hause in Bamberg steht dann der Abschluss bald bevor. Was danach kommt? „Ich kann mir vieles vorstellen. Journalismus macht mir zum Beispiel Spaß. Natürlich ist es aber mein Traum, von der Kunst zu leben.“ Was er heute aber schon sagen kann ist, dass nach der primären Tätigkeit, dem Malen an sich, auch noch der Weg kommt, auf die Bilder aufmerksam zu machen. „Ich habe mir vor kurzem auch eine Website erstellen lassen. So etwas ist wichtig.“