Wort zur Besinnung
Wir können sehr viel. Technisch haben wir mehr Möglichkeiten als jemals zuvor. Viele Geräte erleichtern unseren Alltag im Berufsleben und privat. Wir wissen viele Dinge – und was wir nicht wissen, können wir oft schnell nachschauen. Ganz leicht sind wir weltweit miteinander vernetzt und informiert, was los ist, ganz egal wo auf der Welt das gerade ist.
Trotz allen Könnens stoßen wir immer wieder an unsere Grenzen
Mit all dem, was wir können und wissen, stoßen wir aber immer wieder an unsere Grenzen. Mit und trotz aller Technik gelingt es uns noch nicht, im guten Einklang mit unserer Umwelt zu leben, den Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Menschen zu bewahren.
Die Unterstützung, die wir durch Maschinen erhalten, bewirkt nicht, dass wir besser mit uns selber umgehen. Im Arbeitsbereich wird erwartet, dass immer weniger Menschen immer mehr Aufgaben erledigen können, und nicht immer steht das in einem passenden Verhältnis zu der Erleichterung, die technisch geschaffen wurde.
Mehr Freizeit, aber viele fühlen sich zunehmend mehr belastet
Privat haben wir eigentlich mehr Freizeit als zum Beispiel vor fünf Jahrzehnten, aber das geht nicht einher mit einer gefühlt gesteigerten Lebensqualität – im Gegenteil: Viele fühlen sich zunehmend mehr belastet, teilweise auch überfordert.
All unser Wissen lässt sich nicht so leicht in die Praxis umsetzen. Das sehen wir bei der Ernährung, der Bildung, dem Umgang miteinander. Wo man früher bis zum Abend gewartet hat, um billiger telefonieren zu können und bei Ferngesprächen doch immer auch auf die Uhr geschaut hat, ist das mit den heutigen Möglichkeiten kein solches Thema mehr, aber es ist damit nicht leichter oder schneller geworden, Vereinbarungen zu treffen, Dinge zu besprechen, gut im Kontakt miteinander zu sein.
Ausbreitung des Corona-Virus sorgt für Verunsicherung
Wie viel Menschen können und wie sehr wir dann doch an unsere Grenzen stoßen, erleben wir gerade deutlich mit der Ausbreitung des Corona Virus. In China kann man in acht Tagen ein ganzes Krankenhaus bauen und eine Millionenstadt unter Quarantäne stellen.
Der Virus aber breitet sich weiter aus und damit auch eine Menge Unsicherheit und Maßnahmen, die einschneidend sind: Für die Menschen auf Kreuzfahrtschiffen, die nicht von Bord gehen dürfen. Für Rückkehrer aus China, die zunächst abgeschottet von allen anderen bleiben. Für Betriebe, die ihre Arbeit in China einstellen müssen, was sich in unserer globalen Vernetzung sehr viel weiter auswirkt.
Am Wissen über den Virus, an den Behandlungsmöglichkeiten und am Impfstoff wird gearbeitet, und das geht viel schneller als früher. Unsere Möglichkeiten und Begrenzungen werden gleichzeitig deutlich.
„Wir liegen vor dir, Gott, mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.“
(Dan 9,18)
Mit der morgen beginnenden Woche begleitet uns als Wochenspruch ein Satz aus dem Propheten Daniel (Dan 9,18): Wir liegen vor dir, Gott, mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.
Was damals vielleicht offensichtlicher war – dass wir mit unseren menschlichen Möglichkeiten immer wieder an ihre Grenzen stoßen werden – gilt bis heute.
Mit all unserem Können und Wissen lösen wir doch nicht alle Probleme. Immer wieder gibt es Situationen und Themen, bei denen wir neu merken, wie klein wir sind und wie unsicher unser Leben auch sein kann. Dann hilft es, wenn wir uns in diese uralte Tradition stellen und tun, was Menschen bis heute tun: Beten, sich Gott anvertrauen und darauf hoffen, dass er uns mit seiner Barmherzigkeit beisteht, die Gedanken gibt, die wir brauchen, die Ideen, die uns weiterbringen, den Mut, Neues zu wagen und den Glauben, dass wir nicht allein gelassen sind, weil Gott dabei bleibt.
Tanja Vincent,
evangelische Pfarrerin,
Schney