Angeblich wollte er nur den Pflegepatienten etwas Gutes tun. Allerdings lieferte er im Namen der Sozialstation im Landkreis Lichtenfels, bei der er beschäftigt war, den Sozialkassen falsche Daten und rechnete obendrein falsch ab.
Insgesamt 19 640 Euro stellte der leitende Angestellte (32) den Krankenkassen für nicht erbrachte Leistungen in Rechnung. Vor Gericht kamen diese Machenschaften gestern zur Verhandlung. Der Mann erhält demnächst eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 14 400 Euro von der Justiz. Das Amtsgericht Lichtenfels verurteilte den Angeklagten wegen 34 Betrugsfällen. Richter Thomas Pohl setzte die hohe Geldstrafe mit 240 Tagessätzen zu je 60 Euro an.
„Es war ein ganz besonderer Fall“, sagte Pohl am Ende der Verhandlung. „Sie haben sich nicht selbst bereichert, aber in Bereicherungsabsicht für einen Dritten, ihren Arbeitgeber, gehandelt. Sie wollten seine Erwartungen erfüllen und gut bei ihm dastehen“, so der Richter. Der 32-jährige, der gestern vor Gericht stand, hatte seine Taten von September 2011 bis Februar vergangenen Jahres verübt. Dabei hatte er für Pflegebedürftige, die im Landkreis Lichtenfels zu Hause betreut werden, bei den Kassen einmal jährlich die sogenannten „Verhinderungspflege“ abgerechnet. Das sind Leistungen, die die Sozialstation erhält, wenn die ansonsten pflegenden Familienangehörigen einmal eine Auszeit nehmen und sich deshalb das angestellte Pflegepersonal allein und verstärkt um die Patienten kümmert.
„Es ging nur darum, zu helfen“.
Der Angeklagte vor Gericht
Aufgeflogen waren die Betrügereien, weil eine Verwandte eines Pfleglings diese Leistungen am Ende eines Jahres in Anspruch nehmen wollte. Sie hatte jedoch von ihrer Kasse erfahren, dass sie keinen Anspruch mehr darauf hat, weil diese Leistung bereits mit der Kasse abgerechnet wurde. Die soziale Einrichtung des Angeklagten hatte nach Bekanntwerden Selbstanzeige gemacht und den Schaden wieder zurückgezahlt. Das jetzigen Strafverfahren blieb dem Angeklagten jedoch nicht erspart. „Außer Rufschädigung ist kein Schaden entstanden“, sagte im Prozess ein Zeuge. „Die Sache ist nicht auf meinem Mist gewachsen, ich übernehme aber die Verantwortung“, sagte der Angeklagte zu Prozessauftakt.
Der Mann begründete die Betrügereien damit, dass vom Personal für die Patienten immer wieder Leistungen erbrachten worden seien, die offiziell nicht abrechnungsfähig gewesen seien. Unter anderem Menschen zum Arzt fahren, ihnen die Haare waschen oder ihnen die Kompressionsstrümpfe wechseln. Am Ende des Jahres habe er diese Aufwendungen gesammelt und mit der Pauschale für die Urlaubszeiten der Pflegenden abgerechnet.
„Es ging nur darum, zu helfen“, sagte der Angeklagte. Vor allem finanziell schwächer gestellten Senioren hätten sonst die Zusatzaufwendungen aus eigener Tasche bezahlen müssen. Die ehemalige Vorgesetzte des Angeklagten erklärte, dass sich seit der Beschäftigung des Mannes vor rund zwei Jahren die wirtschaftliche Lage des Sozialdienstes stark verbessert habe. Nach dem Vorfall mit den Familienangehörigen habe der spätere Angeklagte alle Vorwürfe zuerst abgestritten, dann aber zugegeben, dass er die Nachweise manipuliert hatte. „Er hat Leistungen abgerechnet, obwohl keiner bei den Patienten war.“
Ein Kripobeamte bestätigte, dass sich der Angeklagte nicht selbst bereichert habe. „Er wollte keine erbrachten Leistungen verschwenden“, meinte Staatsanwältin Daniela Möhrlein. Erst eine Familienangehörige habe den „Stein ins Rollen gebracht“. Da dies dennoch Betrug sei, fordere sie eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren und 1500 Euro Geldbuße für eine gemeinnützige Einrichtung. „Er wollte im Interesse der Patienten deren Geldbeutel schonen“, meinte Verteidiger Bernd Legal und gab zu bedenken, dass nicht abrechnungsfähige Leistungen vom Personal erbracht wurden. Der Anwalt wollte eine Geldstrafe, deren Höhe er in das Ermessen des Gerichts legte.