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MISTELFELD: Auswanderer und Corona: Andreas Reim in Norwegen

MISTELFELD

Auswanderer und Corona: Andreas Reim in Norwegen

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    Bier trinken auf Abstand: Andreas Reim und Ragnar Jensen, Inhaber des Narvikguten pubs in Narvik, befolgen die lokalen Sicherheitsmaßnahmen zur Corona-Pandemie. Diese besagen unter anderem: Wenn jemand seinen Platz verlässt, muss er eine Maske anlegen.
    Bier trinken auf Abstand: Andreas Reim und Ragnar Jensen, Inhaber des Narvikguten pubs in Narvik, befolgen die lokalen Sicherheitsmaßnahmen zur Corona-Pandemie. Diese besagen unter anderem: Wenn jemand seinen Platz verlässt, muss er eine Maske anlegen. Foto: red

    Mit Maske rein, mit Maske raus: Aber ein Bier am Platz in der Kneipe ist in Norwegen derzeit möglich. Andreas Reim und die anderen Gäste halten sich an die Beschränkungen der Corona-Krise, die natürlich auch das skandinavische Land getroffen hat. Der in Mistelfeld aufgewachsene Handwerker lebt seit elf Jahren dort und erlebt die Pandemie selbst hautnah mit, verfolgt aber auch regelmäßig die Entwicklungen in Deutschland. Die Stadt Narvik, in der er heute lebt, liegt nördlich des Polarkreises und hat rund 22 000 Einwohner. Die deutlich geringe Bevölkerungsdichte des Landes sei wohl einer der Gründe für die weniger strengen Restriktionen in Norwegen. Doch auch diese können sich täglich mit einem neuen Beschluss ändern.

    Auf der anderen Seite bemerkt Andreas Reim aber auch eine deutliche Vorsicht vieler Menschen: „Wenn man zum Beispiel früh zwischen 10 und 12 Uhr einkaufen geht, ist ganz wenig los. Auch die Lieferdienste hier haben viel zu tun.“ Der 35-Jährige bekommt das mit: Als selbstständiger Schreiner und Zimmermann kann er sich seine Arbeitszeit zwar freier einteilen, doch er hat viel zu tun. „Aber es ist ganz anders als in Deutschland. Die kaputte Handwerksbranche war ja auch einer der Gründe dafür, zusammen mit meinem Fernweh, dass ich ausgewandert bin.“

    Deutsche Maßnahmen verständlich

    Auch eine ganz andere Wertschätzung erfährt Andreas Reim, der in Ebensfeld eine Ausbildung zum Möbelschreiner absolviert hatte, heute in seinem Beruf – die durch die Corona-Krise wohl noch verstärkt wird. Er erzählt von einem älteren Ehepaar, für die er auf einer Baustelle tätig war, und einem langen Gespräch über „Gott und die Welt“. „Aus einem Kaffee sind drei geworden. Ich habe ihnen Aufmerksamkeit gegeben und mich fast ein wenig als Seelsorger gefühlt, positiv natürlich. Durch die Einschränkungen haben sie ihre Enkel lange nicht sehen können und auch sonst wenig Kontakte gehabt.“

    Könnte sich das auch in Deutschland so zugetragen haben? Wahrscheinlich. Hauptsächlich durch seine Schwester in Lichtenfels, die als Pflegekraft in einem privaten Pflegeheim in Kutzenberg tätig ist, und seine Freunde erfährt er nicht nur in der Theorie, sondern auch aus der Praxis von den Regeln und Kontrollen zur Corona-Pandemie in der Heimat.

    Andreas Reim hält, trotz oder gerade wegen des Vergleichs zu Norwegen, die Maßnahmen für nicht übertrieben. Sicher hätte man im Vorfeld einiges besser organisieren können, überlegt er, besinnt sich dann aber: Wer sei schon auf so eine Krise vorbereitet gewesen? Was ihn dagegen mit Wut erfülle, sind die zahlreichen Demonstrationen der Corona-Gegner – auch in seiner Heimatstadt Lichtenfels. „So etwas verstehe ich nicht! Es geht doch um jeden einzelnen!“

    Sorge um Familie, Freunde und die Mistelfelder

    Derzeit vermisst er seine Familie und so manch alten Freund aus Deutschland durch die Krise noch ein Stück mehr. Von Corona-Infektionen in deren Umfeld höre er zwar wenig, doch das könne sich ja schnell ändern. Auch an so manchen älteren Nachbar aus Mistelfeld denkt er dann: „Ich bin ja da ausgewachsen und kenne noch viele Menschen. Wenn sie an einer Corona-Infektion sterben würde, wäre ich sehr traurig.“ Gerade jetzt würde er seine Familie noch öfter als normalerweise im Zwei-Jahres-Turnus besuchen. Auch seine alten Kumpels, mit denen er so oft durch den Wald zur Brauerei nach Vierzehnheiligen und zurück gestapft ist, liegen ihm am Herzen. „Das vermisse ich auch.“ Doch ist er zum Abwarten gezwungen. Zwar gebe es noch eine Flugverbindung zwischen Oslo und Frankfurt, doch die langen Quarantänezeiten in beiden Ländern wären für seinen Besuch derzeit unverhältnismäßig.

    Auch Impfen ist ein Thema

    Neben seiner Familie und seinen Freunden vermisse er nach all der Zeit wenig aus der Heimat: „Mir geht es viel besser als in Deutschland.“ Angst vor einer Corona-Infektion habe er nicht, doch Respekt. Auch in Norwegen sind die Impfungen gegen Covid-19 angelaufen, jedoch ebenso erst für die älteren Menschen, bestimmte Berufsgruppen und im bevölkerungsdichteren südlichen Raum. Andreas Reim selbst habe noch keinen Termin erhalten. „Das ist auch gut so, dass diejenigen, die wahrscheinlich gefährdeter sind als ich, Vorrang haben“, bekennt er und bemerkt aber, dass er seit der Krise viel mehr Wert auf kleine Details im Alltag lege und nachhaltiger leben möchte. Dieses Bewusstsein für die schützenswerte Gesundheit und Natur wünsche er auch anderen Menschen.

    Andreas Reim, der mit jungen 24 Jahren ausgewandert ist, hat seinen Platz in Norwegen gefunden. Doch er ist seiner Heimat nach wie vor sehr verbunden. So hat er zum Beispiel voller Begeisterung die Sendungen zum 50. Geburtstag der „Sendung mit der Maus“ angesehen.

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