„Wegen Personalmangel geschlossen“ – anders als in Nachbarlandkreisen müssen im Landkreis Lichtenfels keine Bäckereien ein solches Schild an ihre Ladentür hängen. Doch Diana Tischer, Inhaberin der gleichnamigen Bäckerei und Konditorei in Bad Staffelstein, berichtet: „Wir waren auch am Überlegen.“
Zwei Mitarbeitende sind aus dem Betrieb ausgeschieden, gleichzeitig lassen die derzeitigen Corona-Bestimmungen das Liefergeschäft der Bäckerei in den vergangenen eineinhalb Wochen wieder stark einbrechen. Viele der Kunden der Bäckerei und Konditorei sind Gastronomiebetriebe und Bildungseinrichtungen. „Aber wenn es normaler Monat wäre, müsste ich wohl einen Tag schließen.“

Nachwuchs für das Bäckerhandwerk und den Verkauf zu bekommen, gestalte sich schwer: Viele Bäckereien bilden selbst keine Auszubildende mehr aus, auch Diana Tischer in der Regel nicht. In diesem Jahr begleitet sie jedoch einen Lehrling. „Es ist schwierig, motivierte und zuverlässige junge Menschen für den Beruf zu begeistern“, erklärt sie und verweist auf die unbequemen Arbeitszeiten.
Personalmangel habe es auch schon vor der Pandemie gegeben, aber das Ausmaß sei nicht so stark aufgefallen. Durch Aushilfen habe man das Problem teilweise kompensieren können, doch nun treffe es mit voller Wucht. Nun benötige die Branche zum einen Anreize als auch eine höhere Wertschätzung des Berufsbildes Bäcker.

„Wie ein Ferrari in der Tempo-30-Zone“
„Das Bäckersterben bekommt Rückenwind“, befindet auch Mathias Söllner, Kreishandwerksmeister für Lichtenfels und Obermeister der Bäcker-Innung. Er berichtet von Umsatzeinbußen einiger Kollegen von bis zu 90 Prozent, insbesondere im Cafébetrieb. „Neueröffnungen haben in den Startlöchern gestanden, die Investitionen waren getätigt und nun herrscht Stillstand“, berichtet er. „Das ist, wie wenn man einen Ferrari hat und nur in der Tempo-30-Zone fahren darf.“ Bäckereien mit Fahrverkauf hätten dagegen von der Pandemie und der Immobilität der Bevölkerung profitiert.
Anders als in andere Branchen seien zwar genug Rohstoffe für die Produktion in den Bäckereien vorhanden, doch könnten noch mehr Kolleginnen und Kollegen Getreide aus der Region verarbeiten. So bleiben die Lieferwege klein und verlässlich.

Rohstoffpreise steigen immer noch
Was dagegen Kopfzerbrechen bereitet, sind die immer noch steigenden Rohstoffpreise: Diana Tischer berichtet etwa von Preisen für Sesam, die von August bis heute um 70 Cent pro Kilogramm gestiegen seien. „Die Preise für Butter haben ein Höchstniveau erreicht.“ Bemerkbar macht sich das an den gestiegenen Preisen der Bäckerprodukte.

Auch Jochen Schäfer, Geschäftsführer von Schäfers Feine Backwelt, muss diesen Schritt nun gehen. „Nun geht es nicht mehr anders.“ Auch er verzeichnet Umsatzeinbußen von bis zu 30 Prozent während der gesamten Pandemie. Besonders schmerzlich macht sich der zeitweilig ausgefallene, nun reduzierte Cafébetrieb bemerkbar.
„Bei Ausfällen sind durchweg Mitarbeitende für andere eingesprungen, sowohl in der Backstube als auch im Verkauf. “
Jochen Schäfer, Schäfers Feine Backwelt
Die steigenden Rohstoffpreise belasten auch Schäfers Feine Backwelt – auch, wenn das Unternehmen etwa einige Mischungen selbst herstellt. Personelle Sorgen habe er dagegen wenig gehabt. „Bei Ausfällen sind durchweg Mitarbeitende für andere eingesprungen, sowohl in der Backstube als auch im Verkauf. Auf der anderen Seite mussten wir während der Pandemie niemanden entlassen, auch keine Spülkräfte oder ähnliche.“ Sorge bereite ihm dagegen die Zukunft: Sollte ein erneuter Lockdown kommen, „werden wir wieder alle den Gürtel enger schnallen müssen“. Mit Blick auf die vergangenen Monate kann er heute auf seinen alten, zuverlässigen Mitarbeitenden-Stamm zurückblicken, doch die Corona-Vorschriften, inklusive die Abfrage des Impfstatus‘, belasten das Team. Darunter auch ein Auszubildender in der Backstube, eine Auszubildende im Verkauf. „Wir hatten immer genügend Bewerbungen und haben immer unsere Leute gekriegt.“
Könnte ein kleiner Gesellenbrief die Wende bringen?
Erfreulich, jedoch wohl eine Ausnahme: Mathias Söllner berichtet von derzeit insgesamt 16 Neueinsteigern aus vier Innungen im ersten Lehrjahr. Erfahrungsgemäß werden wohl rund zwölf von ihnen die Ausbildung beenden. In den 2. und 3. Klassen seien die Zahlen ähnlich. „Früher hatten wir drei oder vier Klassen.“

Doch auch nach der Ausbildung suchen sich viele von ihnen andere Betätigungsfelder. Die Pandemie habe für diesen Trend keine vorherrschende Rolle gespielt, vielmehr gelte es kreative Wege zu gehen, um den „Beruf zu retten“. Eine Idee hat Mathias Söllner schon: „Ein kleiner Gesellenbrief würde vielen hervorragenden Handwerkern zu Gute kommen, die die Theorieinhalte und -prüfungen nicht schaffen. Diese könnten später nachgeholt werden.“
Gleichzeitig müsste das Bewusstsein für die regionalen Produkte in der Bevölkerung noch gesteigert werden: Kleine Bäckereien müssten sich eine Nische suchen und ihren Vorteil aus der ausgezeichneten Qualität ihrer Produkte ziehen.
Schon Ende des Jahres 2020 verzeichnete der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks einen Rückgang der Bäcker-Betriebe von rund 300 im Vergleich zum Vorjahr. Die Anzahl der Beschäftigten ging dabei um rund 10 000 Mitarbeitende zurück, die der Auszubildenden gar um 1300.