Die Zahl der Infektion steigt bundesweit rasant und besorgniserregend an. Die Politik hat mit dem „Lockdown light“ für den Monat November reagiert. Dazu gehört auch die Schließung der Theater und Konzertsäle. Mit Unverständnis reagieren viele Schauspieler auf die Schließung der Theater. Sie weisen auf die aufwendigen Hygienekonzepte hin, die in den Häusern umgesetzt wurden. Ein offner Brief zahlreicher Ensembles, unter anderem auch vom ETA Hoffman-Theater ging an die Politik.
„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Söder, sehr geehrter Herr Staatsminister Sibler, sehr geehrte Bürgermeister:innen, Kulturdezernent:innen und Referent:innen, wir, die künstlerischen Ensembles der Städte Augsburg, Bamberg, Nürnberg, Regensburg, Fürth, Würzburg, Memmingen, Hof schließen uns dem dringlichen Appell der Münchner Kolleg:innen vom 28. Oktober 2020 von ganzem Herzen an.
Penibel an das Hygienekonzept gehalten
Wir verstehen Ihre Besorgnis um die steigenden Infektionszahlen, und wir teilen sie in vollem Umfang. Deshalb haben sich sämtliche bayerische Theater in den letzten Monaten ein äußerst strenges Hygienekonzept auferlegt und es penibel eingehalten. Die Sicherheit unserer Zuschauer:innen ist uns äußerst wichtig. Die Belüftungsanlagen sind während des gesamten Spielbetriebs in Betrieb und gewährleisten einen durchgehenden Frischluftaustausch. Der Abstand zwischen den Zuschauer:innen in den Zuschauer:innen-Räumen und Foyers übertrifft weit den geforderten Mindestabstand von 1,50 Meter. Während der Vorstellung tragen alle Zuschauer:innen einen Mund- Nasen-Schutz. Die Zuschauerzahlen sind durch die stark verkleinerten Kartenkontingente zu den Vorstellungen so reduziert, dass zu keinem Zeitpunkt eine Infektionsgefahr durch Nähe entstehen kann: Sämtliches Personal im Vorderhaus, im Kartenverkauf und an der Garderobe ist sowohl durch Mund-Nasen-Schutz als auch zusätzliche Plastikvisiere abgeschirmt.
„Durch diese pauschale Schließung wird eine kostbare Möglichkeit vertan, einer zunehmend verunsicherten Gesellschaft einen Ort der Besinnung und des Ausgleichs anzubieten.“
Schauspieler in ihrem Offenen Brief
Kolleg:innen haben sich zusätzliche private Beschränkungen auferlegt, und auch Reisen zum Zwecke künstlerischen Austausches wurden nicht angetreten, um unter allen Umständen einen Spielbetrieb im eigenen Theater zu gewährleisten. Auch die freischaffenden Künstler:innen, die an den Theatern eine Wirkungsstätte haben, sind davon betroffen.
Seit Beginn der Maßnahmen gibt es keinen Hinweis darauf, dass Theater zu Orten von Spreader-Ereignissen geworden sind. An dieser Stelle können wir nur den Brief der Münchner Kolleg:innen zitieren und dazu auffordern, durch Expert:innen die jeweiligen Theater zu prüfen, um der Regierung die Möglichkeit einer realistischen Einschätzung an die Hand zu geben.
Sämtliche Theater in Bausch und Bogen zu schließen, hat im Hinblick auf den Infektionsschutz keinen Nutzen. Und es ist schädlich! Kultur ist kein Luxus, sondern eine zwingende Notwendigkeit jeder zivilisierten Gesellschaft!
Wenn Sie, Herr Ministerpräsident, von einem „fehlenden Run auf die Theater“ sprechen, so liegt das schlicht an dem sehr beschränkten Kartenkontingent. Die wenigen Karten wurden sofort von den Zuschauer:innen in Anspruch genommen.
Gemeinsames Leben wertvoller Narrative
Die Theater sind ein Ort, wo ein wichtiger gesellschaftlicher Diskurs ermöglicht wird, ein gemeinsamer gedanklicher und emotionaler Austausch in diesen schwierigen Zeiten. Wir wirken durch gemeinsames Erleben wertvoller Narrative einer drohenden zunehmenden Vereinsamung entgegen. Durch diese pauschale Schließung wird eine kostbare Möglichkeit vertan, einer zunehmend verunsicherten Gesellschaft einen Ort der Besinnung und des Ausgleichs anzubieten.
Kein Verständnis für pauschale Schließung
Und diese pauschale Schließung ist unverständlich für die, die sich um die Ausarbeitung und Umsetzung der von der Politik vorgegebenen Hygienemaßnahmen bemüht haben.
In Konsequenz ist die Aussage Ihres Schließungsbeschlusses das Eingeständnis, dass alle Vorgaben, alle Hygienekonzepte wertlos sind. Es fühlt sich wie eine Kapitulation vor der Pandemie an. Lassen Sie uns die Chance, dem gemeinsam entgegenzuwirken, indem wir die kreativen Orte in unserer Mitte offen halten!“
Zahlreiche Ensemble unterschreiben
Unterschrieben haben Ensemblemitglieder des Staatstheaters Augsburg, des ETA Hoffmann Theaters Bamberg, des Mainfrankentheaters Würzburg, des Stadttheaters Fürth, des Staatstheaters Nürnberg, des Theaters Regensburg, des Theaters Pfütze (Nürnberg), des Theaters im Gärtnerviertel (Bamberg), des Nana Theaters im Club Kaulberg (Bamberg), des Landestheaters Schwaben, des Theaters Mummpitz (Nürnberg), des Gostner Hoftheaters (Nürnberg), des Theaters Hof (Schauspielensemble und Musiktheaterensemble). (red)