Es gibt Dinge, die haben Menschen schon zu vielen Zeiten fasziniert. Bei einem Online-Vortrag zum Thema „Hexenverfolgung“ von Prof. Dr. Günter Dippold wurde dies sehr deutlich. 285 Teilnehmer hatten sich dabei zugeschaltet. Da die meisten zu zweit vor dem Bildschirm sitzen, kann man durchaus von über 400 Interessenten ausgehen.
Eigentlich handelt es sich um ein Thema, das sicherlich zu den schwärzeren und düsteren Kapiteln in unserem Land zählt. Die Betrachtungen sind aus heutiger Sicht sind in drei verschiedene Kategorien zu unterteilen:
Hochkonjunktur nicht im finsteren Mittelalter
1. So hatten Hexenprozesse nicht, wie vielfach geglaubt, im finsteren Mittelalter Hochkonjunktur, sondern in der Neuzeit, vor allem zwischen 1590 und 1760 nach Christus.
2. Was auch nicht stimmt, ist die weitverbreitete Meinung, dass Prozessverfahren besonders den Kirchen, egal ob evangelisch oder katholisch zuzuschreiben sind oder im Bereich der römischen Inquisition lagen. Kein Glaubensfürst hätte sich bei dem Thema in sein Handeln hineinreden lassen, so der Referent. Dennoch habe es durchaus in Fürstentümern beider Religionen Verfolgungen gegeben, die aber meist durch weltliche Einflussnahme ausgelöst worden seien.
3. Was ebenfalls aus heutiger Sicht zu Verfolgungen und Prozessen führte, waren Verstrickungen und Ereignisse im ganz normalen Lebensbereich. So war dies zum Beispiel bei heilkundigen Frauen so, die oft der Hexerei angeklagt wurden. Unglücke wie regionale Missernten, Wetterkatastrophen und Krisen wurden diesen Frauen oft zugeschrieben. Das konnte nach damaliger Meinung nur auf Magie, Zauberei und eben Hexerei zurückzuführen sein.
Frauen wurden viel öfters als Männer angeklagt
In Zeil am Main war man 1628 der Auffassung das Hexen sogar die Früchte an Bäumen, Sträuchern und im Feld verderben könnten, erzählte Dr. Dippold. So kam es auch, dass viel öfters Frauen als Männer der Hexerei angeklagt wurden. Aber selbst Kinder waren davor nicht sicher. Die einhellige Meinung: Der Teufel habe es am leichtesten, das Weib zu verführen. Das tat sicherlich sein Übriges dazu. Deshalb waren Prozesse von großer Frauenfeindlichkeit geprägt.
Wenn man in der Beweisfindung nicht weiterkam, seien gerne Verschwörungstheorien aufgeworfen, berichtete der Bezirksheimatpfleger. Dem sexuellen Tun wurde etwas Magisches angehaftet, durch das anderen Schaden zugefügt werde. Das wurde von der Obrigkeit als unsittliches Verhalten angeprangert. Im allgemeinen Volk galt dann eine Frau schnell als Hexe und damit als das Böse schlechthin. Den angeblichen Pakt mit dem Teufel sah man als eine Abkehr von Gott, wodurch natürlich wieder die Kirchen angesprochen wurden.
Geschichte der Hexenlehre ausführlich beleuchtet
Ausführlich beleuchtete Günter Dippold die Geschichte der Hexenlehre, die in dem Buch „Malleus maleficarum“ (zu Deutsch: „Hexenhammer“) des Dominikaners Heinrich Kramer verfestigt wurde. Dieser verfolgte seit den 1470-er Jahren angebliche Hexensekten in Deutschland. Er verfasste diese Schriften um seine Position bei der Hexenverfolgung zu stärken und vor deren Gegnern zu rechtfertigen.
Gegner der Hexenverfolgungen gab es aber auch. Ein solcher war der Theologe Johann Matthäus Meyfart (1590-1640), der ebenso wie der Jesuit Friedrich Spee (1591-1637) die Hexenverfolgung verurteilte. Meyfart selbst hatte einen Hexenprozess erlebt. Er wandte sich wie auch Spee in Schriften gegen die Hexenprozesse seiner Zeit sowie gegen die Folterung und Hinrichtung von unschuldigen Menschen. Er richtet sich unmittelbar an die verantwortlichen Obrigkeiten für eine Mäßigung.
Auch damalige Juristen sahen den Begriff Hexerei mit viel Bedenken. Fragen wie „Könnten nicht auch Richter vom Bösen geführt werden?“ unterstrichen das.
1594/95 erste Prozesse im Hochstift Bamberg
Im Hochstift Bamberg gab es 1594/95 die ersten Hexenprozesse. Die größte Prozesswelle begann Mitte des Jahres 1626. Bis 1629 waren 600 Opfer zu verzeichnen. Im Markgrafen-Fürstentum Brandenburg, zu dem auch Bayreuth-Kulmbach gehörte, waren die Zahlen noch höher.
In Franken gab es größere Unterschiede. In Nürnberg kam es selbst in der Hochphase der Verfolgung zwischen 1580 und 1635 nur zu elf Prozessen. Drei davon endeten mit einer Hinrichtung.
Eingerichtet wurden Malefizhäuser. Dies waren Gefängnisse für Angeklagte, auf dem Höhepunkt der Verfolgungswelle im Hochstift Bamberg für rund 30 Gefangene erbaut. Der Sinn war, nicht geständige Angeklagte über mehrere Tage zu foltern, um Geständnisse zu erreichen. Daumen- und Beinschrauben sowie Dehn- und Streckbänke waren die am meisten angewandten gruseligen Folterwerkzeuge. Je nach den skurrilen Einfällen von Henkern und Wärtern wurden immer neue Torturen erfunden.
Gestanden Angeklagte nach der Folter, waren sie schuldig. Ertrugen sie die Schmerzen und Qualen, mussten sie mit dem Teufel im Bund sein und wurden auch verurteilt. Auch aus Lichtenfels, Altenkunstadt, Horb am Main und Weismain waren Angeklagte zur Folter nach Bamberg gebracht worden.
Zu Ende ging die Zeit der Prozesse wieder, weil die Kosten das Ganzen einfach zu hoch waren. So wurden die Kosten eines Prozesses in Staffelstein mit 144 Gulden beziffert, was etwa den Wert eines Anwesens ausmachte.
„Die Hexenprozesse der frühen Neuzeit zeigen, was geschieht, wenn eine Ideologie über den Menschen gestellt wird. Das aber geschah seither immer wieder. Und es geschieht leider heute noch.“
Prof. Dr. Günter Dippold, Referent
Finanziell Wohlhabende und Obrigkeiten konnten keineswegs vor der Verfolgung nicht sicher sein. Deren Vermögen konnte doch dann konfisziert werden. Bei den vielen Ärmeren war da nichts zu holen. Letzte Hinrichtungen wegen „Hexerei“ Angeklagten gab es um 1750.
„Die Hexenprozesse der frühen Neuzeit zeigen, was geschieht, wenn eine Ideologie über den Menschen gestellt wird. Das aber geschah seither immer wieder. Und es geschieht leider heute noch, “ sagte Prof. Dr. Günter Dippold am Ende seiner Ausführungen.