Zwei Jahre haben sie die Füße still halten müssen, jetzt dürfen sie endlich wieder loslegen: die Artisten, Jongleure, Clowns und Dresseure des Circus Henry. Sonntagabend hat die Zirkusfamilie das blau-gelbe Zelt auf dem Schützenplatz aufgebaut, seither fanden die letzten Proben statt, nun wird es ernst. Am Mittwoch, 9. März, 17 Uhr, heißt es: „Manege frei!“
Der Circus ist aus Dörfles-Esbach angereist, wo er diese zwei Corona-Jahre verbracht hat. Direktor Georg Frank ist unendlich froh, dass diese Zeit vorbei ist, aber auch unendlich dankbar für die große Unterstützung, die seine Familie von der Bevölkerung erfahren hat. Schon die Sommersaison 2019 sei nicht gerade gut gewesen, vorsichtig ausgedrückt. Von den wenigen Einnahmen musste die Miete fürs Winterquartier in Fachdorf bei Meiningen bezahlt werden, plus Kaution für Strom und Wasser, plus Tierfutter. „Wir waren fast am Ende“, sagt Frank offen.
Ohne finanzielle Reserven in die Corona-Krise
Die neue Saison startete der Circus Henry in Bad Rodach. Aber er konnte nur eine Vorstellung geben, bevor Corona alles lahm legte.

Die Wagen rollten erst mal weiter, nach Dörfles-Esbach. Das Familienunternehmen hoffte noch auf Auftritte; es wurden Plakate geklebt und Flyer verteilt. Aber der Bürgermeister bat gleich darum, alles wieder einzusammeln. Und er warnte, dass diese Pandemie nicht in zwei, drei Monaten vorbei sein würde. „Er hat uns gesagt, das könne zwei, drei Jahre dauern“, erinnert sich der Zirkusdirektor. „Das war ein Schock für uns, denn wir hatten keine Reserven mehr.“
Der Circus Henry stand vor dem Ende. Und damit auch eine über 200 Jahre lange Geschichte, wurde das Unternehmen doch 1812 in Breslau gegründet. „Wir sind eine der ältesten Zirkusfamilien Europas“, betont Frank stolz. Er selbst sei die siebte Generation – und Vater von neun Kindern, Großvater von 21 Enkeln und Urgroßvater von sieben Urenkeln. Ein fehlender Nachfolger wäre also nicht – wie in anderen Familienbetrieben – das Problem gewesen.
Dankbar für die große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung
Aber halt das Geld. Wovon leben, wenn zwei Jahre lang so gut wie kein Auftritt möglich ist? Wovon die Tiere ernähren?

Es ist den Einwohnern und Einwohnerinnen von Dörfles-Esbach, Coburg und Umgebung zu verdanken, dass der Zirkus noch existiert: Mit Hilfe von Spenden konnte sich die Familie über Wasser halten. Und einen Unterschlupf fand sie auch. Die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises Coburg mit Geschäftsführer Dr. Rainer Mayerbacher stellte zwei Hallen, die eigentlich abgerissen werden sollten, für die Tiere zur Verfügung.
Unterstützung gab es außerdem vom Ersten und Zweiten Bürgermeister der Gemeinde Dörfles-Esbach, Udo Döhler und Stephan Valtin, die der Zirkusdirektor als „Pfundskerle“ bezeichnet. Und Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Brose Unternehmensgruppe, half bis zuletzt mit Futter für die Tiere.
„Wir haben immer mit Tieren gearbeitet, wir haben ein Händchen dafür.“
Georg Frank, Zirkusdirektor
Die Tiere: Das sind Kamele, Alpakas und Lamas, edle Friesenhengste, aber auch Zwergponys und Hunde. „Wir haben immer mit Tieren gearbeitet, wir haben ein Händchen dafür“, betont Georg Frank. „Sie sind für uns das Wichtigste.“ Deswegen sei es für die Familie auch selbstverständlich, auf eine gute und artgerechte Haltung zu achten.
Früher habe der Zirkus auch Elefanten, Affen und Löwen gehabt, erzählt der Direktor. Aber das sei immer schwieriger geworden. Heute werde ausschließlich mit Haustieren gearbeitet. Dass das Unternehmen sich gut um seine Vierbeiner kümmert, hätten schon zahlreiche Veterinärämter bestätigt, sagt Frank. Die schauten bei einem Zirkus immer besonders genau hin.
Von der klassischen Pferdedressur bis zur chinesischen Kautschuk-Akrobatik
Wer mag, kann sich selbst anschauen, wie die Kamele, Lamas, Alpakas und Pferde gehalten werden: Die Tierschau ist täglich ab 10 Uhr geöffnet. In den Vorstellungspausen werden sie gefüttert. Dann dürfen sie auch gestreichelt werden. In der Manege kann das Publikum klassische Pferdedressuren bewundern, aber auch die Nummer mit Lucky Luke und Jolly Jumper. Der Direktor ist sichtlich stolz darauf, dass diese in einem Zeitungsbericht als einzigartig gelobt wird. Außerdem die Karawane der mongolischen Kamele und die Minipferde ... Ob das Baby-Kamel und das Baby-Lama auch schon ins Zirkuszelt dürfen?

Dazu wartet die Familie Frank mit allem auf, was man in der Manege erwartet: Luftakrobatik in der Zeltkuppel, Handstandakrobatik auf einer wackeligen Stuhlpyramide, Kautschuk-Akrobatik in chinesischer Tradition, Tellerjonglage und lustige Clowns. Lange genug hatten die Künstlerinnen und Künstler ja Zeit, an ihrem Programm zu feilen. Darin steckt auch die ein oder andere Überraschung, die im Vorfeld nicht verraten wird. Zirkusdirektor Frank sagt auf jeden Fall selbstbewusst: „Unser Programm ist für die Großstadt gemacht. Das war schon immer so. Konkurrenz kenne ich nicht.“
Hunger auf gute Unterhaltung unter der Zeltkuppel
500 Leute dürfen ins Zelt, sagt er. „Es wird nicht einfacher. Aber ich habe die große Hoffnung, dass die Leute nach zwei Jahren doch ausgehungert sind.“ Gelegenheit, den Hunger zu stillen, gibt's insgesamt fünf Mal: von Mittwoch, 9. März, bis Samstag, 12. März, jeweils um 17 Uhr und am Sonntag, 13. März, um 15 Uhr. Dann geht's weiter nach Sonneberg und Rödental.
So nah wie möglich wollen sie auftreten, erklärt Georg Frank: „Die Spritkosten fressen uns auf.“ Bis die Familie alles nach Sonneberg transportiert hat, werden 2000 Euro aufgelaufen sein. Vorstellungen darf der Circus Henry wieder geben, aber einfacher – nein, einfacher wird's auch in diesem Jahr nicht.
Tickethotline: Tel. 0152-53222806.