Markus Häggberg schreibt augenzwinkernd ein Corona-Tagebuch. Heute geht es um den Bi-Ba-Butzemann und eine böse Überraschung.
„Liebes Corona-Tagebuch, wenn man wegen Corona in Quarantäne ist, dann hat man Zeit. Zeit, sich mit dem zu befassen, was im Leben wirklich zählt und was man schon längst hätte suchen sollen.
Permanenter Singsang
So ging es auch einer Oma aus Seubelsdorf. Sie hatte zum Wochenende ihre kleine Enkelin von auswärts bei sich, und das Kind sang gerne. Es sang vor allem und permanent.
,Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann in unserm Haus herum'. Das Lied hatte das Kind im Kindergarten gelernt und mochte es sehr. Vor allem, weil man sich beim Singen im Kreis drehen und mittels der beiden Händchen eine Art Dach über dem Kopf formen kann.
Es wollte seiner Oma eine Freude machen, und die Seubelsdorfer Oma tanzte mit. Doch dann fiel ein Bild von der Wand, und so sagte die Oma, dass man jetzt wohl zu sehr getobt habe und es Zeit für das Mittagsschläfchen sei. Später dann, am Nachmittag, weckte das Kind die Oma und bald sang und tanzte man auch wieder gemeinsam den Bi-Ba-Butzemann. Dabei fiel ein Glas vom Tisch. Oma wurde jetzt stutzig, weil das Glas in einem völlig anderen Zimmer auf einem Tisch stand.
Oma wurde nachdenklich und später, als das Kind wieder im Bett lag, kam Oma irgendwie darauf, sich zu fragen, was ein Bi-Ba-Butzemann eigentlich sein soll.
Sie schaltete ihren Computer ein und stieß bald darauf, dass ein Bi-Ba-Butzemann eine im Grunde stark gefürchtete Figur war, nämlich ein Dämon, Gespenst und Kobold, der Unruhe stiftet. Da tut es überhaupt nichts zur Sache, dass er in modernen Kinderliedfassungen zum lustigen Zwerg mutiert ist, der gute Kinder mit Äpfeln aus seinem Säckchen beschenkt.
,Was wissen moderne Kinderlieder schon von Kobolden?', führte die Seubelsdorfer Oma mir gegenüber auf der Bamberger Straße vor der Braumanufaktur aus. Mit einem Anflug von leiser Entrüstung. ,Da brauche man sich ja nicht zu wundern, dass beim gemeinsamen Singen ein Bild zu Bruch und ein Glas zu Boden ging.'
Liebes Corona-Tagebuch, wie mir diese nette Oma von all diesen Zusammenhängen und Recherchen berichtete, da fiel auch mir die Kinnlade runter. Erst gestern habe ich sie wieder gefunden.“