Markus Häggberg schreibt augenzwinkernd ein Corona-Tagebuch. Heute geht es schlicht um eine Autofahrt.
„Liebes Corona-Tagebuch, ich weiß nicht, ob ich dem Walter mit dieser Geschichte einen Gefallen tue. Deshalb nenne ich ihn vorsorglich mal lieber Walter. Walter dürfte er von seiner Frau bislang noch nie gerufen worden sein, von dieser Seite her droht ihm also keine Gefahr. Aber jetzt bin ich am Kern der Geschichte angelangt, an dem sich aber nicht vorbeischreiben lässt. Gut möglich, dass Walters Frau spätestens hier Verdacht schöpft, sofern sie die richtige Zeitung liest. Ich habe Walter noch selbst gefragt, ob es seiner Frau womöglich unangenehm sein könnte, wenn sie hier von ihrem Lenkrad liest.
Vor allem aber habe ich ihn gefragt, wie es um seine Ehe bestellt ist und ob er womöglich Ärger bekommt, wenn er mir das Schreiben dieser Geschichte ohne Absprache mit seiner Frau gestattet. Walter meinte (wir waren so auf Höhe des Kreisels in Michelau, da wo es nach Schwürbitz geht), dass er schon groß sei und keine Angst vor seiner Frau habe.
Also gut, denke ich mir, wenn das so ist, dann erzähle ich's halt. Der Walter fuhr nämlich zum Auswärtsmannschaftskampf und hatte ein paar Mannschaftskollegen im Auto sitzen. Auf der Hinfahrt war die Sache selbst überhaupt kein Thema, aber auf der Rückfahrt fiel den Jungs dann doch auf, dass Walters Lenkrad einen rosafarbenen Stoffbezug hat. „Das Auto gehört meiner Frau“, erklärte Walter dazu. „Ja klar, natürlich“, bemerkte dazu Alfred gekonnt süffisant. Dann kam Schlager aus den Lautsprechern. Wieder bekam Walter amüsierte Blick und wieder sagte er, dass das ja das Auto seiner Frau sei, und die auf Schlager steht. Doch dann kam auch Heavy Metal aus den Lautsprechern und ein Lied, dass auf deutsch übersetzt „Töte jeden!“ heißt. Darauf erzählte uns Walter, dass seine Frau eben über einen sehr breit gefächerten Musikgeschmack verfüge. Die Jungs, der Alfred und ich sahen uns an und wir alle dachten dasselbe: „Ja klar, natürlich.“ Noch besser wurde es, als plötzlich jemandem auffiel, dass auf dem rosafarbenen Lenkradstoffbezug auch noch zwei Wörter standen. Auf der linken Seite, dort wo die linke Hand aufliegt, stand „links“ und auf der rechten Seite, dort, wo die rechte Hand aufliegt, stand „rechts“. „Ich sag' doch, dass es meiner Frau gehört“, sagte nun Walter wiederum süffisant. Und dann fragte ich ihn, ob er wirklich keine Angst habe und ob ihm ehrlich, ehrlich daheim nichts blühe. „Nein“, versicherte Walter. Okay, liebes Corona-Tagebuch, ich habe mein Bestes gegeben und kann es ja jetzt zugeben: Der Walter heiß in Wirklichkeit Gert und hat keine Angst vor seiner Frau. Ich bin jedenfalls gespannt, ob sie ihm noch mal ihr Auto leiht.