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LICHTENFELS: Corona-Tagebuch: Wenn der See verschwunden ist

LICHTENFELS

Corona-Tagebuch: Wenn der See verschwunden ist

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    Markus Häggberg.
    Markus Häggberg. Foto: T. Mayer

    Markus Häggberg schreibt augenzwinkernd ein Corona-Tagebuch. Heute geht es um einen verschwundenen See.

    „Liebes Corona-Tagebuch, es gibt Begegnungen, die hallen in einem nach. Man kriegt sie einfach nicht aus dem Kopf, weil sie wirken, als entstammen sie einem Film von Woody Allen, zu dem Franz Kafka das Drehbuch schrieb. Gestern beispielsweise saß ich mal wieder im Café und geriet mit einer Dame vom Nebentisch ins Gespräch. Ihr gegenüber saß ihr Mann, aber der war mehr so ein Schweiger.

    Das Paar kommt eigentlich aus dem Norden, arbeitet dort in einer Kartoffelchipsfabrik und verbringt ein paar Tage Urlaub im Landkreis. Bisher ging soweit alles glatt, denn das Wetter passt und das Geld ist auch noch nicht ausgegangen. Nur eben gestern geschah ein Missgeschick, und die Dame erzählte mir davon.

    Eigentlich wollten sie einen See aufsuchen, irgendwo bei Kloster Banz. Und so tippten sie ihr Ziel in ihr Navigationsgerät ein. Ich habe ja nie verstanden, warum Menschen selbst Ziele schon in ihre Navis eingaben, die sie auf Sicht fahrend ansteuern konnten. Mittlerweile weiß man auch, dass sich das ewige Verlassen auf ein Navi den Verlust des räumlichen Orientierungsvermögens nach sich zieht. Irgendwer sagte ja mal, dass Navigationsgeräte der erste Schritt zum betreuten Wohnen seien, und da könnte was dran sein.

    Denn das Paar erzählte mir davon, dass es ,den See ins Navigationsgerät eingegeben' hatte. Aber als man dann zum See fuhr, ,da war der See leider nicht mehr da und also sind wir wieder zurück in die Pension gefahren.' Die Art und Weise, wie die Frau das erzählte und wie der Mann das unwidersprochen stehen ließ, legte nahe, dass sich Seen in ihrer Heimat eben so verhalten können. Sie kommen und gehen, heute hier, morgen dort.

    Ich habe dem netten Paar versichert, dass der See ganz bestimmt noch da ist. Jedenfalls war er es noch, als ich an ihm spazieren ging, und das lag erst drei Tage zurück. Aber irgendwie überzeugte das die Urlauber nicht so recht. Man versicherte mir, dass man nicht ,auf bloßen Verdacht nochmal dorthin fahren' wolle.

    Liebes Corona-Tagebuch, ich weiß nicht, wo das noch alles hinführt. Aber ich weiß, dass ich dann nicht mehr dabei sein möchte.“

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