Markus Häggberg schreibt augenzwinkernd ein Corona-Tagebuch für OTverbindet. Heute geht es um eine Riesendose Bohnen. Und ein belauschtes Gespräch.
„Liebes Corona-Tagebuch, Gespräche sind das A und O. Wir sollten alle mehr miteinander reden. Dann hätten wir auch mehr zu lachen. Vermutlich ist das der tiefere Sinn hinter dieser Binsenweisheit.
Ich sage das darum, weil ich neulich in einem Supermarkt war, der eigentlich ein Baumarkt war und dann zum Gartencenter wurde. Oder umgekehrt. Jedenfalls fand man dort eine unglaublich große Dose Bohnen der Marke ,Heinz‘. In diese Dose passten sechs übliche Dosen vom selben Heinz rein. Aber diese Dose bekam man preislich nicht für den sechsfachen Heinz, sondern schon für den zweieinhalbfachen Heinz.
Das versetzte einen Kunden geradezu in Euphorie, weil er entweder raue Massen futtert oder ein sparsames Naturell besitzt. ,Schau her, Fraa! Da, Bohna, zwarerhalb Kilo für grod mol zwafuffzich. Des kaaf mer!‘ Seine Frau rümpfte etwas die Nase, offenbar mochte sie keine Bohnen oder hatte keinen Hunger. ,Naa, kumm, hör auf. Des ess mer doch im Leben net.‘ Der Mann wiederum betrachtete sich die Dose von allen Seiten und las der Frau nun vor: ,Mit reichlich Tomatensauce, seit 1869 und reich an Proteinen‘ (er übersetzte vom Englischen ins Fränkische, ich übersetze es hiermit vom Fränkischen ins Hochdeutsche). Man kann nicht sagen, dass die Frau für die Bohnen von Heinz entflammt wäre, nach wie vor hielt sie sich etwas bedeckt.
,Waaahnsinn, Boooohna, über zwa Kilo!‘, sagte wiederum der Mann, jetzt nicht mehr ganz so euphorisch, dafür mehr so frenetisch. Jedenfalls hatte er ein Leuchten in den Augen. Dieses Leuchten fand sich in den Augen der Frau weniger. Ich habe überhaupt oft den Eindruck, dass es eher die Männer sind, die an so Dingen wie Märklin-Eisenbahnen, Fußball-Weltmeisterschaften oder Bohnen in rauen Mengen Gefallen finden.
,Willst du die einfrieren?‘, erkundigte sich nun die Frau bei ihrem Mann. ,Naa, essen!‘, gab er wider, wobei sein Blick auf die Dose geheftet blieb. ,Vielleicht, dass mer sie einfrieren?‘, gab die Frau neuerlich zu bedenken. ,Die Booohna?‘, fragte nun ihr Mann, gerade so, als habe man in der Zwischenzeit über Atomphysik, den Libanon-Konflikt oder die Neutralität der Schweiz gesprochen.
Da schien der Frau in diesem Moment der rettende Gedanke gekommen zu sein, der Gedanke, der sie den Bohnen gegenüber öffnete. Sie sagte: .Vielleicht, dass mer a weng a Chili con Carne nei die Bohna tun? Oder zwaa?‘ Der Mann sah seine Frau an, sah die Bohnen an, sah wieder seine Frau an und sagte: ,Ja, ja – super, dann schmecken die Booohna niä su arch nach Booohna.‘
Liebes Corona-Tagebuch, ich höre Menschen wahnsinnig gerne zu. Aber man zahlt manchmal einen Preis dafür. Ich jedenfalls habe glatt meine Kaugummi verschluckt.“