„Ein Bauprojekt von Justus Heinrich Dientzenhofer war das Lichtenfelser Rathaus“, erklärt Kunsthistoriker Robert Schäfer, während die nächste Folie seiner Präsentation auf dem Bildschirm erscheint. Schätzungsweise 200 Geschichtsinteressierte lauschen an diesem kalten Januar-Mittwoch dem Vortrag über die fränkische Baumeisterfamilie Dientzenhofer.
Großveranstaltung in Zeiten von Corona ist im virtuellen Raum möglich
Eine Großveranstaltung in Zeiten von Corona - das ist möglich, durch die Verlagerung in den virtuellen Raum. Teilnehmen können Mitglieder wie Nicht-Mitglieder gleichermaßen - ohne vorherige Anmeldung. Lediglich ein Computer oder ein Smartphone und ein Internetzugang müssen vorhanden sein. Wie bei einem analogen Vortrag auch können im Anschluss per Chat oder Wortmeldung Fragen gestellt werden.
Die Präsentation von Robert Schäfer per Zoom-Videokonferenz ist bereits die siebte dieser Art, die vom Colloquium Historicum Wirsbergense (CHW) angeboten wird. „Der erste Vortrag fand am 4. Dezember 2020 statt. Dieser hätte eigentlich in der evangelischen Kirche von Weismain stattfinden sollen. Weil das nicht ging, haben wir es einfach mal auf diesem Weg versucht“, berichtet Professor Dr. Günter Dippold, 1. Vorsitzende des CHW.
Dass dieser Versuch sich mittlerweile als regelrechtes Erfolgsmodell entpuppt hat, begeistert ihn: „Die Resonanz ist überwältigend. Schon bei den ersten Vorträgen waren zwischen 40 und 50 Geräte zugeschaltet. Und vor etlichen PCs saßen zwei oder sogar mehr Personen, wie man in einigen Fällen sehen konnte. Beim letzten Vortrag übers Bier waren 105 Zuschaltungen zu verzeichnen, also ein voller Saal.“
Überwältigende Resonanz: von Rekord zu Rekord
Diesen Rekord konnte der 2. Vorsitzende Robert Schäfer, der als Hirschaider auch die CHW-Bezirksgruppe Regnitztal leitet, am 6. Januar noch einmal brechen: Es wurden mehr als 150 Zuschaltungen verzeichnet.
Das Online-Angebot des fränkischen Geschichtsvereins zieht nicht nur ein größeres sondern auch ein jüngeres Publikum an, mit mehr Menschen im Alter zwischen 30 und Mitte 40. Außerdem locken die Zoom-Vorträge vermehrt neue Interessenten. So erfolgten während des einstündigen Vortrags mit anschließender Diskussion 21 Anmeldungen für den Vereins-Newsletter.
„Weit entfernt wohnende Mitglieder, zum Beispiel aus Oberbayern ... oder sogar aus dem Ausland, kommen jetzt auch in den Genuss von Vorträgen und nehmen diese Gelegenheit eifrig wahr.“
Prof: Dr. Günter Dippold, 1. Vorsitzender
„Auch ältere Mitglieder, die nachts nicht mehr so gern mit dem Auto zu einer Veranstaltung fahren, finden sich ein. Weit entfernt wohnende Mitglieder, zum Beispiel aus Oberbayern, Bremen, Frankfurt oder sogar aus dem Ausland, kommen jetzt auch in den Genuss von Vorträgen und nehmen diese Gelegenheit eifrig wahr“, ergänzt Professor Dippold.
Diese Ortsunabhängigkeit schätzt auch Robert Schäfer: „Ich denke, dass die Hemmschwelle zur Teilnahme bei vielen niedriger ist. Wir haben die meisten Veranstaltungen beim CHW gerade in der kalten Jahreszeit. Und wir haben Gruppen wie Münchberg oder Kronach. Im Januar, Februar oder März kann es vom Wetter her abschreckend sein, dorthin zu fahren.“
Bereits seit längerem spielte der Verein mit dem Gedanken, verstärkt auf ein digitales Angebot zu setzen. „Das bleibt dann häufig im Konjunktiv hängen. Und jetzt sind wir in der Realität, die funktioniert. Und ich bin ganz begeistert“, freut sich Professor Dippold. „Corona hat es letztendlich beschleunigt. Es war vielleicht der Tritt in den Hintern, den wir gebraucht haben, um den Konjunktiv zu den Akten zu legen und in die Pötte zu kommen“, ergänzt Robert Schäfer.

Digitale Angebote soll es künftig parallel zu analogen Vorträgen geben
So will das CHW das Online-Angebot weiterführen, auch wenn analoge Vorträge nach der Pandemie wieder möglich sind. Dann soll es primär eine zusätzliche Option für die dunkle Jahreszeit sein, denn Exkursionen oder Führungen zu digitalisieren, sehen die beiden Vorsitzenden kritisch.
„Einen Vortrag kann ich mehr oder weniger eins zu eins digital halten. Aber wenn es dann raus geht, wenn es an die Exkursionen geht, ich denke, da stoßen wir mit dem digitalen Format an Grenzen“, so Robert Schäfer. Trotz des durchschlagenden Erfolgs seiner Online-Vorträge, vermisst er die analogen Veranstaltungen mit persönlichen Begegnungen und direkter Interaktion mit dem Publikum: „Unsere Veranstaltungen leben nicht zuletzt von der persönlichen Begegnung. Viele Mitglieder kennen sich untereinander, und man freut sich jedes Mal wieder, bei einem Vortrag bekannte Gesichter zu treffen. Diese Möglichkeit bietet mir das Internet natürlich nicht.“