Wer hat sich nicht schon mal gefragt, woher sein Familienname stammt, was er bedeutet? Wir wollen in dieser neuen Reihe einige Beispiele des Obermaingebietes vorstellen und erklären. Das letzte mal hatten wir uns mit dem Familiennamen Seubold beschäftigt, heute widmen wir uns dem Familiennamen Meißner und seiner Variante Meixner.
Der Familienname Meißner ist heute in Deutschland weit verbreitet, wobei sich allerdings Schwerpunkte in Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und der Oberpfalz ausmachen lassen (insgesamt 10 356 Telefonanschlüsse, Stand 2004).
Aber auch in den Landkreisen Lichtenfels (zehn) Kronach (sechs), Kulmbach (sechs), Coburg (19), Forchheim (21) und Haßberge (30) ist er zu finden, ebenso in den Stadt- und Landkreisen Bamberg (23) und Bayreuth (15). Vermutlich leben in diesem so beschriebenen Raum rund 370 Namensträger. Er ist damit in der Region eher selten anzutreffen, landesweit jedoch ausgesprochen häufig. Als graphische Namensvariante begegnet dann im Landkreis auch noch Meisner (zweimal).
Im Staatsarchiv Bamberg fündig geworden
Schauen wir uns nun die frühe Überlieferung des Familiennamens im Staatsarchiv Bamberg und Würzburg näher an. Hier ist deutlich ein Schwerpunkt zum Ort Döringstadt zu erkennen, die sich seit dem 15. Jahrhundert bis in die gegenwärtige Zeit fortsetzt: um 1450 Fritzen Meysner, 1462 Fritzen Meysner, Popp Meysner, um 1470 Popp Meysner ein Selden.

Weitere frühe Namensvertreter finden sich zu Lettenreuth: 1513 Heintz Meißner, Seubelsdorf: 1525/30 die Meysner , Reundorf: 1555 Hans Meyßner, Burgebrach: 1555 Contz Meißner hat ein Erbschenckstat und Ebern: 1574 Kungundt Meisnerin.
Als Variante dazu existiert noch Meixner, auffälliger Weise zumeist in denselben Orten, nämlich in Döringstadt, Reundorf und Seubelsdorf. Dies ist aus dem Untertanenbuch des Hochstifts Bamberg aus dem Jahre 1555 zu ersehen. Dort werden nur noch in Wachenroth und Buttenheim Meixner erwähnt. Der Familienname Meixner ist auch heute noch im Landkreis weit verbreitet. Aufschlussreich sind auch hier wieder zwei frühe Nachweise aus Döringstadt und Seubelsdorf: 1461 Hanns Meichsner zu Duringstat, 1494 „Meichßnerin tochter zu Sewelsdorf, darumb sie den Frietzman ein Ereabschneider geheisen hat, Frevel“ (StABa: A.231/IV, Nr.37000, f.3?).
Einen weiteren sehr frühen Beleg finden wir auch zu Staffelstein und Unterzettlitz, wo der Name noch heute begegnet: „1504 Elizabeth Meichsner han Ich gelihen ein achtteyl an einer Hub und ein lehen Ist Ir von Irem Hawßwirt Hannsen Meichsner anerstorben“ (StABa: Stb.3239, f.17).
Man kann also die beiden Namensvarianten nicht voneinander trennen. Meixner verhält sich so wie Dressel zu Drechsel oder Sassendorf zu älterem Sachsendorf oder Scheßlitz zu älterem Schechslitz. Lautlich fiel dieser -chs-Laut zu -ss/-ß- zusammen. Wahrscheinlich existierte neben einem mhd. Wort meizen (sprich meißen) ein mundartlich verbreitetes Wort *meihzen (wie mhd. maejen und maihen - mähen -) und damit sind wir auch schon bei der Deutung und der Ursache für die beiden Namensvarianten.
In der namenkundlichen Literatur wird er als Herkunftsname behandelt, wonach der erste Namensträger aus Meißen in Sachsen hier in die Obermainregion eingewandert wäre. Da Herkunftsnamen zumeist in einem Umkreis von rund 40 Quadratkilometern verharren, ist diese Deutung für die fränkischen und deutschlandweiten Vertreter wenig glaubhaft. Allenfalls für manche sächsische Namensträger scheint dies plausibel. Ein anderes Erklärungsmodell geht davon aus, dass der Ortsname Meißen aufgrund seines im Mittelalter bedeutenden Tuchhandels zu einer motivierenden appellativischen Benennung für den Tuchhändler geworden wäre.
Ein Meißner wäre dann also ein Tuchhändler gewesen. Das mag durchaus für die Verbreitung in den Städten zutreffen, da die Handelsverbindungen untereinander auch damals schon sehr enge waren.
Gerade auch für Nürnberg mag das stimmen, wo der Name bereits 1304 mit Johannis Meichsener nachgewiesen ist (der Ortsname Meißen weist in seiner Überlieferung ebenfalls die Schreibung Mihsna, Meihsen auf, was im fränkischen Raum zu Meißner und Meixner führen konnte).
Doch erklärt das noch lange nicht die kleinregional auftretenden oberfränkischen Beispiele, ebenso lässt die Verbreitung des Familiennamens eine wichtige Beobachtung zu. So kann das starke Vorkommen im ländlichen Raum etwa in Thüringen, dem Harz, Franken oder der Oberpfalz auch mit der Verbreitung von Waldwirtschaft und Bergbau in Zusammenhang stehen. Noch deutlicher wird dies, wenn wir uns die Verbreitung des Familiennamens Meißner nach den Daten des Reichstelefonbuches (Stand 1942) anschauen (Karte 2), denn hier sind zusätzlich etwa schlesische Berg- und Waldbaugebiete und ein rheinisches Zentrum zu erkennen.
Daher ist auch von einer anderen Deutung auszugehen, die hier erstmals vorgestellt werden soll.
Der Familienname Meißner kann von seiner Wortbildung her mit dem Suffix -ner auch klar als Berufsname identifiziert werden. Vergleichbar sind Berufsnamen wie etwa Müll(n)er (Betreiber einer Mühle), Dill(n)er (Bearbeiter von Holzbrettern), Büttner (Hersteller von Bütten) oder Fläschner [süddeutsche Bezeichnung für den Installateur).
Das zugrundeliegende Wort ist dann mhd. meizen „hauen, schlagen, schneiden“, das auch dem fränkischen Familiennamen Meisel/Maisel (vornehmlich im Landkreis Bayreuth verbreitet) zugrunde liegt (so etwa zu Jöslein: 1418 Otte Meysel von Gosler [StABa: Markgraftum Brandburg Bt Lehenhof Nr.1, f.144]). Es handelt sich bei diesem um eine Nomen agentis-Form, das heißt es beschreibt den Menschen mit der Tätigkeit des Schlagens/Klopfens/Hauens, weniger liegt hier ein Berufsübername zum Werkzeug des Maisels vor. Man könnte also durchaus einen Berufsnamen etwa des Baumfällers oder Urbarmachers erkennen. Vieles spricht aber dafür, dass die Beispiele des Landkreises Lichtenfels mit frühem Bergbau in Zusammenhang stehen; gleiches gilt übrigens auch für Meisel.
Hinweise auf den Bergbau
Da sind zum einen die vielen Beispiele von primäranzeigenden Flurnamen, die unmittelbar auf Bergbau hinweisen: Needensdorf/Landkreis Lichtenfels: 1382 Acker im Eysnsteudech (Bayer HStA Geheimes Archiv: Archiv der Herzöge in Bayern: Kloster Banz Urkunden Nr. 41); 1512 Ausbeutung eines Bergwerks am Berg Trimewssel bei Nedenßdorff mitsamt dem gegen den Mayn gelegenen Schacht (Bayer HStA Geheimes Archiv: Archiv der Herzöge in Bayern: Kloster Banz Urkunden Nr.108); Kaspauer/Landkreis Lichtenfels: 1434 ein acker an der Slaggruben (StABa: Stb.4, f.67), Gleußen/Lk. Lichtenfels: 1685 im Streidtgraben ufm Gockes (StABa: Stb.3706, f.3?); Bad Staffelstein: 1592 ein Acker ober der Silbersgraberleiten (StABa: Stb.3246, f.63?); Neuensee/Landkreis Lichtenfels: 1619 ein Reuth am Eysenberg (StABa: A.231/IV, Nr.37559, f.216?).
Schon hier wird deutlich, dass eine Verbreitung des Familiennamens Meißner mit diesen Bergbauörtlichkeiten sich im Einklang befindet. Ebenso verhält es sich bei den Namensträgern im Raum Ebern, denn in Losbergsgreuth finden sich historische Nachweise zu Bergbau aus dem 14. Jahrhundert.
Da der früheste Beleg des Namens aus Döringstadt stammt, ist hier die Anmerkung zu einer 1057 erwähnten Wüstung Beierzeha erhellend. Diese Siedlung ist als Gewerbesiedlung anzusprechen und enthält das Grundwort Zeche. Das Bestimmungswort Baier- beruht auf dem Stammesnamen der Baiern. Um 1000 hatten die Schweinfurter Markgrafen hier bayerische Bergleute angesetzt, um dort die Erzlagerstätten ausbeuten zu lassen. Bei dem ersten Namensträger könnte es sich also durchaus um einen Bergmann gehandelt haben. Da Berufsnamen in unserer fränkischen Heimat im späten 12. und 13. Jahrhundert entstanden sind, dürfte der Bergbau über die frühe hochmittelalterliche Phase hinaus noch betrieben worden sein. Der Familienname Meißner/Meixner reihte sich zusammen mit dem Familiennamen Maisel damit in die Gruppe der bergbaulichen Berufsnamen ein. Und zu guter Letzt sei hier auf die Bergnamen Meisner und Meichsner hingewiesen, die auf frühen Bergbau hinweisen. In Franken ist hier die Gemarkung von Prüllsbirkig bei Pottenstein zu nennen, wo im Jahre 1607 die Flur im Meichsner und in der Artzgruben (StABa: Stb.2412, f.21, f.22?) erwähnt werden. Wie würde hier jetzt wohl der Franke zu einem Zweifler sagen: „Ja freili, deudlicher gehd?s doch nimmer. Ja!, aus Meißen, Babberlabab, ich glaab Du hosd a Meisn!“
Zur Person Dr. Joachim Andraschke (Mittlerer Kaulberg 51, 96049 Bamberg) ist freiberuflicher Namenforscher, Historiker und Genealoge. Jüngst ist eine Festschrift „950 Jahre Ersterwähnung Marktgraitz“ aus seiner Feder erschienen. Vergangenes Jahr veröffentlichte er ein Buch zur Geschichte der Slawen in Oberfranken und 2016 seine Dissertation zu den germanisch-frühdeutschen Ortsnamen des Regnitz- und Obermaingebietes. Die Bücher sind bei ihm privat erhältlich (https://andraschke.de). Darüber hinaus erstellt er private Stammbäume und Familiennamengutachten. Für sein Engagement für die fränkische Landeskunde (Vortragswesen, Veröffentlichungen, Ehrenamt), die er einem breiten Publikum bekannt macht, ist er 2019 mit dem Preis des Frankenbundes geehrt worden. Seine derzeitigen Forschungsschwerpunkte liegen bei den Themen „Burgunder in Franken“ und „sakrale Namen in Franken unter anderem mit Bezug zu heidnischen Götternamen und Kultplätzen“. Wem ein Sponsoring dieser Forschungsvorhaben vorstellbar ist, darf gerne Kontakt aufnehmen, zumal außerhalb der universitären und staatlichen Einrichtungen solche Forschungen finanziell kaum gefördert werden.