Im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben“ fand am Dienstag im Jungenzentrum Lichtenfels die diesjährige Demokratiekonferenz als Mittmachwerkstatt statt. Gemeinsam wollte man herausfinden, was für Lichtenfels und allgemein für die Zukunft besonders wichtig ist sowie mögliche Ziele und Projekte definieren.
Vor der eigentlichen Mitmachwerkstatt referierte Pascal Hanisch von „Profil Zeigen“ über mögliche Gefahren der Demokratie und wie man ihnen begegnen könne, wollte aber gleichzeitig auch ein Zeichen der Hoffnung setzen.
Als angehender Lehrer habe er feststellen müssen, dass gerade die Kinder und Jugendlichen mit dem Begriff „Demokratie“ nicht viel anfangen können. Erschreckt habe ihn allerdings, dass er feststellen musste, dass die von den Parteien, die zur Europawahl stünden, die meisten der Kinder die AfD kannten, die anderen eher nicht. „Doch warum ist das so?“, fragte er in die Runde.
„Man kann nur versuchen, zu recherchieren, aber bei der Schnelligkeit, mit der wir mit diesen Fake-News überschwemmt werden, ist das kaum zu schaffen.“
„Es liegt nicht nur am Elternhaus, sondern auch in der Wahrnehmung der Kinder begründet.“ Gerade auf den Social-Media-Kanälen wäre diese Partei sehr gut aufgestellt, und vor allem bei Tik-Tok. „Kurze prägnante Schlagzeilen, mehr braucht man da nicht.“
Und damit war er schnell beim Thema Populismus angelangt. „Mit Populismus ist im Grunde die Kritik an den Eliten gemeint, aber es wird auch der Anspruch erhoben, für das gesamte Volk zu sprechen. Und gerade das wird bei Tik-Tok praktiziert.“ Er stellte die These auf, dass in jedem von uns ein Populist schlummert. „Populismus vereinfacht das Leben, strukturiert die komplizierte politische Welt, vermittelt das gute Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen und klärt die Schuldfrage auf angenehme Art und Weise.“ Er gab auch Tipps, um in hitzigen Diskussionen einen kühlen Kopf zu bewahren. „Aber“, so Hanisch, „es gibt eine rote Linie. Die ist bei jedem anders, doch wenn die von der Gegenseite überschritten wird, ist jede weitere Diskussion hinfällig.“
Bei ihm persönlich wäre diese rote Linie, wenn jemand beispielsweise den Holocaust leugnet. Im Weiteren ging er auf Fakes ein, vor allem den neuesten Trend der „Deep-Fakes“, also Videos, die man mittels Software leicht verändern kann, erschreckte ihn. „Und das ist gerade bei Tik-Tok ein Problem.“ Ein Allheilmittel könne er nicht anbieten. „Man kann nur versuchen, zu recherchieren, aber bei der Schnelligkeit, mit der wir mit diesen Fake-News überschwemmt werden, ist das kaum zu schaffen.“
Es gibt Hoffnung
Aus den Reihen der Teilnehmer kam daraufhin die Feststellung, dass Lügen mittlerweile kein Problem mehr zu sein scheine. „Die Politiker leben das zum Teil vor, siehe Donald Trump, der seine Fake-News weit verbreitet.“ Doch es gäbe auch Hoffnung, und die liegt, so Hanisch, im Grundgesetz.
Dort seien unsere Werte definiert und es wäre seiner Ansicht nach notwendig, gerade den Kindern und Jugendlichen diese Werte aus dem Grundgesetz zu vermitteln. „Und geht wählen“, forderte er am Ende auf. „Bei der Europawahl sind schon die Jugendlichen ab 16 wahlberechtigt“, ergänzte er. „Wahlen sind die Basis der Demokratie.“
Im Anschluss folgte die Mitmachwerkstatt. An mehreren Tafeln waren die Punkte aufgelistet, über die in kleinen Gruppen beraten werden sollte, die Probleme identifiziert, Lösungsvorschläge erarbeitet und in mögliche Projekte umgesetzt werden sollten. Schnell entspannen sich lebhafte Diskussionen, die Tafeln füllten sich mit den bereitliegenden Karten.
Wie kann man demokratische Selbstwirksamkeit ermöglichen und stärken? Wie demokratische Bündnisse erweitern? Auf welche Weise kann man Kompetenzen im Umgang mit Konflikten stärken? Das waren einige der Themen, über die diskutiert wurde und man versuchte, die Herausforderungen zu identifizieren, Lösungsvorschläge sowie Projekt-Ideen zu erarbeiten.
Das Ergebnis war durchaus sehenswert. Vor allem die Gewichtung der Themen am Ende war eine kleine Überraschung, doch darin waren sich alle Teilnehmer einig: Ohne die nötigen Kompetenzen sind alle anderen Schritte nicht durchführbar. Das bezog sich nicht nur auf den Umgang mit Konflikten. „Bevor ich zu einem Marathon antreten kann, muss ich doch erst einmal überhaupt laufen lernen“, war die Schlussfolgerung.
Wie Kompetenzen vermitteln?
Hier müsse man an der Basis ansetzen, dann könne man nach und nach auch die anderen Punkte mit einbeziehen. „Wie vermittelt man Kompetenzen?“, war die Kernfrage. Das ginge nur in kleinen Schritten, darüber herrschte Einigkeit. Mikro-Prozesse war das Schlagwort. In die Schulen gehen, politische Bildung altersgerecht vermitteln, die Jugendlichen mitnehmen und ihnen beweisen, dass man sie ernst nimmt. „Ein Problem ist, sie fühlen sich nicht wahrgenommen.“
Doch es gab auch bereits positive Beispiele wie der Neubau der Bücherei, wo man die Jugendlichen mit einbezog. „Ein Mikro-Prozess kann sein, dass man auch auf Wunsch das ein oder andere Buch in den Bestand aufnimmt.“ Kleine Schritte eben. Wichtig sei auch, die Medienkompetenz zu fördern. Ein Beispiel sei der „Medienführerschein“, den es schon gäbe. „Wie recherchiere ich? Wo finde ich seriöse Quellen?“ Man brauche Mutmacher und Vorbilder. Diese könne man bei Workshops oder Veranstaltungen in Schulen oder Jugendzentren vorstellen, sie über ihre Arbeit berichten lassen.
Ideen gab es reichlich, auch wurde die Presse in die Pflicht genommen. „Jugendliche lesen heute kaum noch Zeitung. Doch warum? Weil die Zeitungen für sie uninteressant sind, man geht dort wenig auf sie ein. Früher gab es immer extra Seiten für sie“, hieß es.
Mit all den gesammelten Informationen werden neue Projekte identifiziert und auf den Weg gebracht. Man war sich einige, dass der Austausch sehr fruchtbar gewesen sei.