Er hörte eine Vision. Eine unglaubliche Vision. 1972 erzählte ihm, dem frischgebackenen erst 30-jährigen Bürgermeister von Staffelstein, ein gewisser Heiner Kohles von heißem Wasser. Tief unter der Stadt solle sich Thermalwasser befinden, so der städtische Angestellte und Heimatforscher Kohles damals. Um es nutzbar zu machen, müsse man aber in Gesteinsschichten von mehreren hundert Metern Tiefe vordringen.
Landrat Christian Meißner steht vor der Obermain Therme, als er kurz ihre außergewöhnliche Entstehungsgeschichte umreißt. Anlässlich des 80. Geburtstags seines Vorgängers wird hier eine Ehrentafel enthüllt.
Nach anfänglichem Zögern viel Hartnäckigkeit bewiesen
„Reinhard Leutner hätte ja sagen können: ,Das interessiert mich nicht‘ oder ,Das ist zu teuer‘.“ Doch er hat die Idee des Heiner Kohles nach anfänglichem Zögern aufgenommen, recherchiert und sich bei Geologen und im Oberbergamt in München informiert. Auch über die Kosten einer möglichen Bohrung: „Eine Million D-Mark“, hat man ihm gesagt.
Nun wurde Leutner hartnäckig. Er hat den damaligen Kreistag bearbeitet, die Oberfrankenstiftung und zuletzt auch seinen Staffelsteiner Stadtrat von dem Projekt Thermalwasser überzeugt.
Eine „nach Schwefel stinkende, schmutzige Brühe“

Endlich waren die Zusagen waren da, die Bohrungen konnten beginnen. Am 7. August 1975 schoss eine „nach Schwefel stinkende, schmutzige Brühe“ aus dem 1600 Meter tiefen Bohrloch. So beschreibt es die Chronik, die zum 25-jährigen Bestehen der Therme erschien. 1975 war die Geburtsstunde der Obermain Therme. Eine zweite Bohrung im Jahr 1993 förderte sogar Wasser mit einer noch besseren Qualität zu Tage.
Mittlerweile besuchen rund 700.000 Gäste pro Jahr die Obermain Therme und das Saunaland. „Das ist einer von den hunderttausend Badegästen“, unterbrach Landrat Christian Meißner schmunzelnd seine Laudatio auf den 80-jährigen Reinhard Leutner wegen des lauten Rollkoffers eines vorbeieilenden Gastes. Neben den Ehrengästen waren auch Reinhard Leutners Gattin Renate und die beiden Töchter Birgit und Petra zur Enthüllung der Ehrentafel gekommen. Kurz zuvor war die schon vorhandene bronzene Ehrentafel des Heinrich Kohles um wenige Meter versetzt worden. Heinrich Kohles (1913 bis 1986) wird hier als „der geistige Vater“ benannt. Ihm zur Seite steht jetzt „Reinhard Josef Leutner“, in der Ehrentafel beschrieben als „Erster Bürgermeister von 1972 bis 1993 und Landrat von 1993 bis 2011“.
Die bronzenen Ehrentafel war noch mit einem roten Samttuch mit weißer Schleife verhüllt, als Bürgermeister Mario Schönwald und Landrat Christian Meißner die Verdienste des beliebten Kommunalpolitikers würdigten. „Vielen, vielen herzlichen Dank“, sprach Renate Leutner gerührt, als sie die Glückwünsche und ein Präsent entgegennahm. „Aus gesundheitlichen Gründen ist es ihm nicht möglich, das Pflegeheim zu verlassen“, bedauerte sie.

Nach kurzer Pause griff sie zur weißen Schleife. Zusammen mit dem Landrat enthüllte sie die „Leutner-Ehrentafel“. Eine bronzene Würdigung mit einer besonderen Inschrift für einen ganz besonderen Mann.
Reinhard Leutners Werdegang als Beamter und Politiker
Reinhard Josef Leutner wurde am 15. September 1942 in Marktgraitz geboren. Leutner schlug nach seiner Schulausbildung eine Karriere als Verwaltungsbeamter ein. Von 1963 bis 1966 durchlief er im Landratsamt Lichtenfels eine Ausbildung zum Regierungsinspektor und trat im Oktober 1966 eine Stelle bei der Regierung von Oberfranken an. Im Frühjahr 1968 wechselte er in das Landratsamt des Landkreises Staffelstein und wurde dort zum Regierungsoberinspektor befördert.
Parallel zu seiner beruflichen Tätigkeit studierte er im Abendstudium an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Nürnberg und schloss sie mit dem Verwaltungsdiplom ab. 1972 wurde er als jüngster hauptamtlicher Bürgermeister Bayerns zum Ersten Bürgermeister der Stadt Staffelstein gewählt. Zudem übernahm er ein Mandat im Kreistag des Landkreises Lichtenfels, wo er später zum Vorsitzenden der CSU-Fraktion gewählt wurde.
Im November 1993 wurde Leutner als Nachfolger von Ludwig Schaller zum Landrat des Landkreises Lichtenfels gewählt: dieses Amt bekleidete er 18 Jahre lang. Vom 1998 bis 2008 war er Mitglied des Bezirkstages von Oberfranken. Vom 16. Oktober 2003 bis zu seinem Ausscheiden war er dort Vorsitzender der CSU-Fraktion. Ab Mai 2008 war Reinhard Leutner Vorsitzender des Bezirksverbandes Oberfranken im Bayerischen Landkreistag. „Reinhard wäre auch gerne Priester geworden“, verriet Ehefrau Renate ein kleines Geheimnis beim anschließenden gemütlichen Essen in der Therme.
„Lieber Reinhard, (...) gerne hätten wir Dir zu Deinem Ehrentag einen würdigen Geburtstagsempfang bereitet. Leider bleibt mir aber nur die Schriftform (....).“
Christian Meißner, Landrat
Im Mai 2011 stürzte Leutner nach der Teilnahme an einem Veterinärkongress vor seinem Haus in Bad Staffelstein. Infolge des Sturzes wurde er dienstunfähig. Aus der Öffentlichkeit zog er sich weitgehend zurück. In einem langen, sehr emotionalen Brief gratulierte Landrat Christian Meißner: „Lieber Reinhard, (...) gerne hätten wir Dir zu Deinem Ehrentag einen würdigen Geburtstagsempfang bereitet. Leider bleibt mir aber nur die Schriftform, die ich nutzen möchte, um Dir zu Deinem 80. Geburtstag alles Gute, viel Glück und vor allen Dingen Gottes Schutz und Segen zu wünschen!“
Eine kleine Fotoausstellung mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus den Anfangszeiten der Therme ist im Panoramasaal zu sehen.
Ehrungen Ehrenmedaille des Bezirks Oberfranken in Silber (1982), Kommunale Verdienstmedaille in Bronze (1991), Bundesverdienstkreuz am Bande (1995), Ehrenbürger der Stadt Bad Staffelstein (1996), Kommunale Verdienstmedaille in Silber (1998), Ehrenbürger von Marktgraitz und „Reinhard-Leutner-Straße“ (2002), Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (2003), Bayerischer Verdienstorden (2007), 45-jähriges Dienstjubiläum im Öffentlichen Dienst (2008) und 2011 die Stadtmedaille in Gold der Stadt Bad Staffelstein.