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WEINGARTEN: Der Theodoriweg in Weingarten

WEINGARTEN

Der Theodoriweg in Weingarten

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    Porträtbüste von Carl Theodori im Museum Kloster Banz, geschaffen 1838.
    Porträtbüste von Carl Theodori im Museum Kloster Banz, geschaffen 1838. Foto: Günter Dippold

    Der Theodoriweg in Weingarten erinnert an den Juristen und Naturforscher Carl Theodori. Als Gründer der Petrefaktensammlung Banz ist er bis heute bekannt. Zu Weingarten hatte er eine ganz besondere Beziehung.

    Carl Theodori kam im November 1788 in Landshut zur Welt. Sein Vater, der Jurist Adam Philipp Ignaz Theodori (1755–1819), stammte aus Geisenheim am Rhein. Er stand im Dienst des Pfalzgrafen Wilhelm von Zweibrücken-Birkenfeld-Gelnhausen aus einer wenig bedeutenden wittelsbachischen Nebenlinie. Dieser hatte 1780 eine Schwester des späteren bayerischen Königs Maximilian I. Joseph geheiratet.

    Seit seiner Eheschließung residierte Pfalzgraf Wilhelm in Landshut. 1799 verlieh ihm sein Schwager den Titel eines Herzogs in Bayern. 1803 übertrug er ihm das Herzogtum Berg, das zwar Teil des kurpfalz-bayerischen Staates blieb, über das im Innern Herzog Wilhelm weitgehend autonom regierte. Vater Theodori folgte mit Familie seinem Herrn nach Düsseldorf.

    Als das Herzogtum Berg 1806 an Napoleons Schwager Joachim Murat abgetreten werden musste, da wies Maximilian Joseph von Bayern seinem Schwager die ehemalige fürstbischöfliche Residenz in Bamberg als Wohnsitz zu. So wurde Bamberg auch zur neuen Heimat der Familie Theodori.

    Carl Theodori besuchte Schulen in München, Düsseldorf und Bamberg und studierte ab 1809 Rechtswissenschaft an der bayerischen Landesuniversität Landshut. Danach trat er, wie sein Vater, in den Dienst des Herzogs Wilhelm in Bayern. Als Kabinettssekretär bekleidete er eine Vertrauensstellung, er arbeitete seinem fürstlichen Herrn unmittelbar zu.

    Schnelle Kaufentscheidung

    Herzog Wilhelm sah Banz auf einer Reise nach Erfurt im Jahr 1808 und entschloss sich, begeistert vom Anblick der Anlage, sie zu erwerben. Es gelang nach gehörigem Hin und Her. Zum Jahreswechsel 1813/14 ging das einstige Kloster in seinen Besitz über. „Schloss Banz“, wie man nun sagte, wurde der Mittelpunkt eines herzoglichen Herrschaftsgerichts. Dem Herzog diente die barocke Anlage als Sommerschloss, wo er mit seinem gesamten Hofstaat die schöne Jahreszeit verlebte. 1814 wird wohl der erste Sommer gewesen sein, den der Herzog hier zubrachte und mit ihm Carl Theodori. Auf dreierlei Weise verliebte er sich in diese Gegend.

    Herausragende Fundstätte

    Ihn faszinierte die Erde, genauer: die Schätze, die sie barg. Die Bedeutung des Banzer Umlandes als einer herausragenden Fundstätte für Fossilien war schon bekannt, als noch das Benediktinerkloster bestand. Die Geologie und ihre Schwesterwissenschaft, die Paläontologie, waren noch junge Disziplinen. Immerhin war das Bewusstsein bereits gewachsen, dass die Gestalt der Erde in langen historischen Prozessen entstanden sei und dass die Stein gewordenen Tierüberreste probate Mittel seien, Abfolge und Charakter dieser Prozesse zu verstehen.

    Zwei Schulen standen sich im frühen 19. Jahrhundert kämpferisch gegenüber: die Neptunisten, die in alle Gesteinen Sedimente früherer Ozeane sahen – was sich gut mit dem Mythos der Sintflut in Übereinstimmung bringen ließ –, und andererseits die Plutonisten, die das Wirken von Vulkanen als maßgeblich für die Entstehung von Gesteinsschichten ansah.

    Im Winter wurde präpariert

    1815 kam Augustin Andreas Geyer als Pfarrer nach Banz, bis 1803 Mönch des hiesigen Benediktinerklosters, wo er im Naturalienkabinett mitgearbeitet hatte. Pfarrer Geyer trug Fossilien zusammen. In einem Nachruf auf ihn heißt es, er habe „die Umgegend genau durchsucht [...], um das offen Daliegende zu sammeln“. Er ließ aber auch „öfters große Felsen“ spalten, „wenn sich von außen Spuren von solchen Versteinerungen zeigten, und was auf diese Weise theils in größeren, theils in kleineren Stücken im Sommer gesammelt war, wurde während des Winters durch den Meisel aus der harten Felsenmasse ausgearbeitet und zuletzt so fein und zart mit der Nadel ausgestochen, daß man selbst die kleinsten Zähne der fossilen Thiere genau betrachten konnte“.

    Theodori stand mit seiner Begeisterung für die Spuren der Erd- und Naturgeschichte, die im Boden um Banz lagen, nicht allein. Aber er häufte nicht nur Stücke an, er zeichnete und er bestimmte sie. Er nutzte dazu Fachliteratur, auch französische und englische Schriften, und er korrespondierte eifrig mit Gelehrten des In- und Auslands.

    Auf Grundlage tiefschürfender, vergleichender Forschung publizierte Theodori schließlich auch wissenschaftliche Studien, oft sogar mit Lithografien bebildert, über verschiedene Gruppen von Funden. Eine geologische Arbeit über die Erde um Banz brachte ihm 1840 die philosophische Ehrendoktorwürde der Universität Würzburg ein.

    Nach Banz, nirgends sonst

    Nach Banz gehörte aus Theodoris Sicht seine Sammlung, nirgendwohin sonst. 1828 stiftete er seine „Lokal-Petrefakten-Sammlung [...] als ein unveräusserliches Ganzes in den Fideicommiss-Verband der Herrschaft Banz“; sie ging damit in herzogliches Eigentum über und war zugleich an den Standort Banz gebunden. Im folgenden Jahr folgte Pfarrer Geyer dem Beispiel Theodoris.

    Herzog Wilhelm stellte bereitwillig zwei Räume im „Domestikenbau“ der Klosteranlage zur Verfügung. Hier konnte die Sammlung angemessen präsentiert werden. Im einen Zimmer sollten die Funde ein abgeschlossenes Bild der Naturgeschichte des Banzer Umlandes bieten; der andere Raum nahm Dubletten und Großfunde auf.

    Carl Theodori liebte Banz und sein Umland – nicht nur als Forscher, sondern auch als Künstler. Kunstsinnig wie schon sein Vater, gehörte er 1823 zu den Mitbegründern des Bamberger Kunstvereins. Theodori war selbst ein begabter Maler und Zeichner. Der Münchner Schriftsteller Georg Kaspar Nagler (1801–1866) bescheinigte ihm, er stehe „auf einer Stufe der Kunstentwicklung [...], welche Männer vom Fache auszeichnet“. Dies gelte besonders für seine Landschaftsdarstellungen im Öl und Aquarell. Mehrere Genreszenen und Landschaften von seiner Hand sind erhalten.

    Begeistert von der Landschaft

    Auch in seinen Schriften, etwa in der eingangs zitierten Geschichte von Banz, nimmt das Landschaftserleben eine bedeutende Rolle ein. „Mit Recht berühmt ist die Terrasse von Banz. Durchwallt man zur Frühlings-Zeit die langen Gänge des Schlosses, so findet man schon sie erfüllt vom Blüthenduft der Obstbäume im Park unterhalb der Terrasse. Imposant ist nun der Anblick, wenn man heraustritt auf die Treppe. Man weilt hier gefesselt durch den Eindruck, den das Ueberschauen eines reichen und anmuthigen Thales von fast zwölf Stunden Länge gewähret.“ Über Seiten schildert er, welche Besonderheiten man erkennen könne – bis hin zur soeben eröffneten Eisenbahn von Bamberg nach Lichtenfels, die durch den Talgrund dampfte.

    Nahe Banz fand Carl Theodori auch seine Frau. Der Jurist lernte Johanna Mann aus Weingarten kennen, elf Jahre jünger als er, geboren 1799 als uneheliche Tochter einer Taglöhnerin. 1818 kam ein gemeinsamer Sohn zur Welt. Erst an Silvester 1834 heiratete Theodori seine Johanna. Es folgten zwei Töchter, 1835 und 1836 geboren.

    Es ist vorstellbar, dass Herzog Wilhelm der Mesalliance – hier der Jurist mit adliger Mutter, da das uneheliche Kind armer Leute – die erforderliche Zustimmung versagt hatte. Ein Beamter konnte ja nicht gegen den Willen seines Dienstherrn heiraten. Erst sein Enkel, Herzog Maximilian in Bayern (1808–1888), scheint endlich die Erlaubnis zur Heirat gegeben zu haben.

    Johanna Theodori starb 1852, während eines Aufenthalts in Banz. Der Witwer war, wie er ein halbes Jahr später schrieb, „schrecklich psychisch und physisch gebrochen von dem Schlage, der mich durch den mir unsäglich nahegehenden Verlust meiner guten Frau zu Banz betroffen hat“.

    Auch die Trennung von seinem geliebten Banz dürfte Carl Theodori schmerzlich berührt haben. Herzog Maximilian in Bayern, in Bamberg geboren, fasste nicht dieselbe Zuneigung zu Banz wie sein Großvater. Herzog Max lebte in München und in Possenhofen am Starnberger See. Nach Banz kam er nur sporadisch, etwa zur Jagd.

    Nur noch im Urlaub nach Banz

    Wo Herzog Max war, musste Theodori sein, der unter dem neuen Herrn zum Geheimen Sekretär und Kanzleirat aufstieg. Jetzt musste Theodori Urlaub nehmen, um seine alte Wirkungsstätte zu besuchen. Als im Sommer 1845 die Historischen Vereine aus Bamberg und Bayreuth gemeinsam Banz besuchen, konnte Theodori nicht zugegen sein; sein Vortrag über die Erdgeschichte des Banzer Umlandes musste von einem anderen verlesen werden.

    Trotz der räumlichen Distanz blieb er wissenschaftlicher Leiter der Banzer Sammlung. In seinen Münchner Jahren verfasste er, mehr noch als zuvor, Aufsätze darüber in renommierten Fachzeitschriften.

    Herzog Max scheint der Leidenschaft seines Beamten mit herzlich wenig Interesse begegnet zu sein. 1845/46 hatte Theodori in einem ungeheuren Kraftakt den wenige Jahre zuvor aufgefundenen Ichthyosaurus-Schädel von beiden Seiten in Lebensgröße gezeichnet. Die Blätter, in München ausgestellt, erregten Aufsehen. Gerne hätte Theodori gesehen, wenn sie als Lithographien der Wissenschaft zur Verfügung gestellt worden wären. Professoren der Universität München verwandten sich bei Herzog Max, dass er die Zeichnungen lithographisch vervielfältigen lasse. Obwohl die Kosten mit 300 Gulden für Theodoris Herrn unschwer zu tragen gewesen wären, lehnte der Herzog ab. Erst 1854 wurden die beiden riesigen Ansichten des Schädels gedruckt, zusammen mit zwei kleineren Tafeln und einem großformatigen Begleitband.

    Immerhin stellte Herzog Max – nicht zuletzt wegen seines geringen Interesses an Banz – 1856 Räume zur Verfügung, um die stark angewachsene und in jeder Hinsicht immer schwerer wiegende Sammlung in Banz neu aufzustellen. Die Petrefaktensammlung fand für rund ein Dreivierteljahrhundert ihren Platz in einer Zimmerflucht im Erdgeschoss des Hauptgebäudes, unter Kaisersaal und Fürstenzimmer. Theodori betreute persönlich „die nicht gefahrlose, mit bedenklichen Schwierigkeiten verbundene Uebersiedlung“ innerhalb der Klosteranlage und die systematische Neuaufstellung.

    Carl Theodori starb am 2. November 1857 in München, kurz vor seinem 69. Geburtstag, auf den Tag fünf Jahre nach seiner Frau. Kurz vor seinem Tod arbeitete er noch an einer Studie über die fossilen Schnecken in seiner Sammlung in „seinem“ Banz.

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