„Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Unternehmen, mittels einer Beurteilung mit einer Arbeitsstelle verbundene psychische Gefährdungen zu ermitteln und erforderliche Arbeitsschutzmaßnahmen zu treffen“, erläuterte DGB-Organisationssekretär Bastian Sauer im Rahmen einer Information mit Mitgliedern des Lichtenfelser DGB-Kreisvorstands. Um die Gründung von Mitarbeitervertretungen zu verhindern oder einfach unliebsame Mitarbeiter loszuwerden, tendiere auch in der Region das Bossing in Unternehmen und Verwaltun-gen nach oben.
Bossing, so zitiert Bastian Sauer eine Pressemitteilung des DGB, sei letztlich Mobbing, das von Vorgesetzten ausgehe sowie gefördert werde. Inzwischen mache Bossing laut Erhebungen 37 Prozent der Mobbingfälle aus, bei weiteren zwölf Prozent mobbten Vorgesetzte gemeinsam mit Kollegen die Betroffenen.
Systematische Schikane
Arbeitsgerichte umschrieben Mobbing als systematisches, also vorsätzliches, Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren untereinander oder durch Vorgesetzte. Das Opfer werde ausgegrenzt, bewusst gedemütigt und aus dem sozialen Umfeld entfernt.
Ein Beschäftigungsverhältnis werde methodisch für einen Arbeitnehmer nach und nach immer unerträglicher gemacht, ergänzte DGB-Kreisvorsitzender Heinz Gärtner. Er wies darauf hin, dass Mobbingverhalten von Vorgesetzten diametral ihrer Fürsorgepflicht gegenüber Mitarbeitern widerspricht. Es zeige, dass sie eigentlich in ihrer Aufgabe überfordert, also ungeeignet sind.
Opfer werden zermürbt
Bossing, unterstrich Bastian Sauer, komme meist dann zum Zuge, wenn sich Unternehmen oder Verwaltungen Mitarbeiter nicht auf ordentlichen Wegen entledigen wollen. Die Opfer würden nach und nach eingeschüchtert und zermürbt, quasi psychisch gehäutet, was die Brutalität und kriminelle Energie solchen Vorgehens zeige.
Vorgesetzte wiesen ihnen entweder unterwertige oder kaum zu bewältigende Aufgaben zu, erschütterten das Selbstvertrauen bewusst stetig mit abwertenden Bemerkungen, Arbeitsergebnisse würden herabwürdigt.
Was Betriebsräte tun können
In der Diskussion wurde angesprochen, wie sich Betroffene wehren und Mitarbeitervertretungen reagieren können. Falsch wäre es, hieß es, Gründe bei sich selbst zu suchen. Bossing deute vielmehr auf fehlende Führungskompetenz hin. Häufig fühlten sich so agierende Vorgesetzte dem Gemobbten gegenüber in der Kompetenz unterlegen.
Mitarbeitervertretungen, darin waren sich die Anwesenden einig, hätten zu überwachen, dass alle Beschäftigten ordentlich behandelt werden. Gefährdungsbeurteilungen würden entworfen, um Missstände, die Mobbing begünstigen, zu dokumentieren und diese dann zu beheben. Hierzu hätten Betriebs- sowie Personalräte das Recht, eigene Vorschläge einzubringen. Gehe das Mobbing von einer Leitung aus, so merkte Heinz Gärtner an, sollte dies auch beanstandet werden. Bei groben Verstößen des Arbeitgebers könne der Betriebsrat sich an das zuständige Arbeitsgericht wenden. Das Mitbestimmungsrecht räume die Möglichkeit ein, präventiv eine freiwillige Betriebsvereinbarung abzuschließen.
Fortbildungen nutzen
Oft fehlen, führte Bastian Sauer aus, Betriebsräten zum Thema Mobbing notwendige Fachkenntnisse. Deshalb sei es gerechtfertigt, wenn sich Betriebsräte im Rahmen von Fortbildungen nötiges Wissen aneignen, um im Konfliktfall angemessen vorgehen zu können. Mobbing sowie Bossing können gravierende gesundheitliche Folgen für die Opfer bis hin zu Suiziden verursachen, warnte Gärtner. Deshalb sollten Mitarbeitervertreter die Kompetenz haben, hier einzuschreiten.
Sauer rät Betroffenen, ein Mobbingtagebuch zu führen. Darin sollten sie Geschehnisse sowie deren Wirkungen möglichst detailliert schriftlich dokumentieren. Gewerkschaftsmitglieder könnten sich an ihre Gewerkschaft wenden.
Perfide Praxis
Erwähnt wurde weiter, dass auch in der Region Rechtsanwaltskanzleien sowie Unternehmensberatungen damit kokettieren, gezielt unliebsame und schwer kündbare Mitarbeiter dazu zu bewegen, Unternehmen oder Verwaltungen zu verlassen. Nicht selten gehe es darum, Gründungen von Mitarbeitervertretungen zu verhindern. Es werden teure Seminare sowie im Einzelfall Beratungen angeboten. Skrupellosigkeit kenne hier keine Grenzen. (red)