Zwischen dem Leuchsenbach im Westen und der sanft zum Main im Norden hin abfallenden Fläche im Osten erhebt sich inmitten des Lichtenfelser Stadtgebietes der Burgberg. Aber die dortige Siedlung war nicht immer Bestandteil der Stadt, sie hat eine lange Geschichte relativer Selbstständigkeit, die vor 450 Jahren im Jahre 1572 mit einer eigenen Dorfordnung ihren Höhepunkt erreichte.
Als Ort, der zu der um 1000 entstandenen Burg der damaligen Markgrafen von Schweinfurt und den späteren Stadtgründern, den Andechs-Meraniern, gehörte, ist der Burgberg einer der ältesten Siedlungskerne von Lichtenfels. Dass schon sehr früh in der Nähe zur Burg auch zivile Behausungen ihren Platz fanden, darf angenommen werden. 1448 lässt Fürstbischof Anton von Rotenhan die Grenzen zwischen der Stadt Lichtenfels und dem Kastendorf Burgberg neu festlegen. Dabei fallen wichtige Teile, die bisher zum Burgberg gehörten, etwa der kleine See hinter der Spitalkirche und der „Anger am Steg“ (der Mühlbachsteg, also das jetzige Bahnhofsgelände) an die Stadtgemarkung.
Genauere schriftliche Hinweise auf einen eigenen Ort Burgberg finden sich im Urbarbuch von 1513, in dem die Besitzungen des Bamberger Bischofs verzeichnet sind und das zwei Güterkomplexe nennt, die unmittelbar dem fürstbischöflichen Amtsschloss zugeordnet waren. Der Komplex „Unter dem Schloss“ lag wohl der Leuchse entlang und die hierzu gehörenden Grundstücke waren der Schlosskapelle Maria Magdalena zinspflichtig, bis diese im Laufe der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts verschwand. Diese 15 Anwesen waren wohl ausnahmslos in der Hand von Bauern. In direkter Nachbarschaft zur Burg befanden sich weitere vier Anwesen. Zum Burgberg gehörte wohl auch eine Ziegelhütte des Bischofs, die 1384 erwähnt wird und erst 1906 endgültig stillgelegt wird.
Sie mussten das Heu des Kastners überwachen und den Acker pflegen
Alle Bewohner des Burgbergs hatten ihre persönlichen Angelegenheiten vor das Stadtgericht in Lichtenfels zu bringen. In Lehens- und Besitzsachen war das Lichtenfelser Kastengericht zuständig.
Die Pflichten der Burgberger gegenüber dem Amtmann, der bis zum Ende des 15. Jahrhunderts seinen Sitz in der Burg hatte, waren umfangreich. Sie mussten seinen Krautacker betreuen, doch auch die Naturalien, die er aus Schönbrunn bekam, ernten und transportieren. Ebenso hatten sie die Lagerung seines Heus zu überwachen, es im Stadel flachzutreten und die Scheune zu fegen. Damit nicht genug oblag es ihnen auch, den Flachs zu behandeln, ihn zu rüffeln, zu waschen und zu trocknen und schließlich zu bleuen. Außerdem gehörte es zu ihren Aufgaben, die ständige Nachtwache auf dem Schloss zu organisieren und die direkt zum Schloss gehörigen Grundstücke zu kontrollieren.
Diese weitgehende Abhängigkeit vom Amtmann wurde erst etwas weniger intensiv, als dieser seinen Sitz in der Stadt, im alten Kastenhof am ehemaligen Coburger Tor nahm, und als im Bauernkrieg 1525 das Ende des Schlosses eingeleitet wurde. In den Jahrzehnten danach scheinen die Burgberger mehr Selbstbewusstsein entwickelt haben und dadurch auch ihr Gemeinwesen eigenständiger gestaltet zu haben, so dass es schließlich den Charakter einer eigenen Dorfgemeinschaft annahm. Krönender Abschluss dieser Entwicklung ist die Aufstellung einer Dorfordnung unter dem Lichtenfelser Forstmeister und Kastner Hans Rab. Im Prolog zu den Artikeln der Ordnung heißt es: „Ich Hans Rab bekenne und tue kund öffentlich mit diesem Brief, daß ich uf vielfältiges Ansuchen Ihrer fürstlichen Gnaden Untertanen am Burgberg bei Lichtenfels gesessen, aus wohlwägenden Ursachen nachfolgende Ordnung aufgericht und gegeben.“
Was wird nun beschlossen für die Burgberggemeinde?
Zunächst wird festgelegt, dass die ernannten (nicht gewählten) Dorfmeister das Recht haben, kurzfristig eine Gemeindeversammlung einzuberufen, der jeder binnen einer Stunde beizuwohnen hat. Wer unentschuldigt fern bleibt, hat zwei Pfund Strafe zu zahlen. Strafe, nämlich 15 Pfennig, zahlt auch der, der andere fälschlich der Lüge bezichtigt. Sollte einer während der Versammlung Streit beginnen, hatte er die Zeche für alle zu zahlen.
Will einer nach Burgberg zuziehen, so hat er dafür zwei Gulden zu entrichten und er braucht die Erlaubnis des Forstmeisters und der Gemeinde. Kehrt das Kind eines Einwohners zurück, das in der Abwesenheit nicht einer fremden Herrschaft unterstellt war, wird es sofort wieder aufgenommen, war es einer anderen Herrschaft untertänig, gilt es als Fremder. Kommt jemand wegen eines Erbes zurück, so braucht er einen Bürgen.
Die zwei Dorfmeister werden jährlich zu Petri Cathedra (22. Februar) neu bestimmt, die alten müssen an diesem Tag der Gemeinde Rechenschaft ablegen.
In den drei Brunnen durfte keine Wäsche gewaschen werden
Eine weitere Bestimmung betrifft die Wasserversorgung des Dorfes, das drei Brunnen hatte, zwei an der Leuchse gelegen und den sogenannten Einbrunnen, zu finden vielleicht an der Nordseite des Berges in der heutigen Langen Straße. Bei und in diesen Brunnen war es verboten, Wäsche zu waschen und ungebührliche Dinge zu tun, Zuwiderhandeln kostete ein Pfund. Die gleiche Buße galt für Jemanden, der an Äckern, Wiesen oder Obstgärten Schaden anrichtet. Wer sich gar an Zäunen zu schaffen macht, wird mit vier Pfund Strafe belegt.
Will man zusammenfassen, so dient die Ordnung der Regelung des Zusammenlebens und der wirtschaftlichen Sicherung des Dorfes.
Die Burgbergbewohner hatten aber nicht lange Freude an ihrer Dorfordnung. Als 1632 die Schweden unter dem Obristen Claus Hastver zu Johanni einfielen, wurde der Burgberg nahezu völlig verwüstet. Dabei verbrannte auch die Dorfordnung. Schon am 15. Februar 1636 baten die Burgberger darum, wieder eine Gemeindeordnung in Kraft zu setzen, doch die Kriegsgeschehnisse verhinderten dies und später scheint es wohl in Vergessenheit geraten zu sein.
Ein Hang zur Eigenständigkeit haben sich die Berger bewahrt
Die letzten Reste der Eigenständigkeit gehen verloren, als am 1. Oktober 1927 die Landgemeinde Burgberg, die damals etwa 18 Hektar groß war und einige hundert Menschen beherbergte, mit der Stadt Lichtenfels zusammengeschlossen wird.
Und dennoch scheint der Hang zu einer gewissen Selbstständigkeit die Menschen vom Burgberg nie ganz verlassen zu haben. Die vielfältigen Aktionen des ASC Burgberg legen davon ebenso Zeugnis ab wie die Feuerwehr Burgberg mit ihrem traditionellen „Todaustragen“.