Eigentlich heißt er ja Anton, aber alle nennen ihn Toni. Toni Senger also sitzt zusammen mit seiner Frau Brigitte in ihrer Küche in Ebensfeld und schüttelt den Kopf. „Das ist das Ärgerliche, dass wir jetzt aufhören müssen, wo der Laden so gut läuft.“ Er sagt das im Laufe des Gesprächs nicht nur einmal. Der Laden, das ist die Metzgerei Senger samt Partyservice in Hochstadt. Und sein Leben. „Ich bin leidenschaftlich gern Metzger“, betont Toni Senger. Aber Ende des Jahres sperrt er zu. Das ist beschlossene Sache.
Auch bei ihm ist der Personalmangel schuld daran. Sieben Angestellte hat er noch. Fürs Catering stockt er mit Aushilfen auf zehn auf. Das geht dank der großen Familie, die immer zusammenhilft. Auch die Ehefrau arbeitet im Betrieb mit. Aber schon seit vergangenem Jahr hat der Metzger keine Reinigungskraft mehr, auch keine Küchenhilfe. „Du kriegst kein Personal. Die Arbeit wird immer mehr. Und es bleibt dann halt alles am Chef hängen.“
Das Aufhören fällt schwer
Gesundheitliche Gründe kommen dazu, und das Alter: 62 Jahre. Es reicht. Das Ehepaar Senger wird künftig nicht mehr jedes Wochenende das Catering für eine Party übernehmen. Wird nicht mehr jeden Tag erst um 20 Uhr nach Hause kommen. Wird endlich auch mal drei Wochen am Stück Urlaub machen können. Und zwar einen Urlaub, in dem die beiden nicht mit den Gedanken immer im Betrieb sind.
Trotzdem fällt das Aufhören schwer. Vor knapp 26 Jahren hat der Ebensfelder sich in Hochstadt selbstständig gemacht. Damals hat er bei Null angefangen: Im Ort gab es zuvor keine Metzgerei. Die ersten zehn Jahre waren nicht leicht, die Hochstadter waren es gewohnt, woanders einzukaufen. Umso wichtiger ist es dem Ehepaar Senger deshalb, ihren Stammkunden und den vielen Vereinen zu danken, die ihnen über die Jahre die Treue gehalten haben.
„Wir haben alles frisch gemacht, und zwar so, wie‘s uns schmeckt.“
Brigitte Senger
Ohne den Partyservice würde es aber auch heute noch nicht funktionieren, meint Toni Senger. Beides zusammen laufe super. Was auch am Selbstverständnis liegt. „Wir haben nicht nur Zeug aufgetaut und dann gebraten. Wir haben alles frisch gemacht, und zwar so, wie‘s uns schmeckt“, betont Brigitte Senger.
Besonders beliebt ist die Schnitzelpfanne Stroganoff mit Spätzle, Spanferkel und Schäuferla gehen ebenfalls gut. Wer will, bekommt aber auch ein italienisches Buffet, vegetarische oder vegane Gerichte. Laktoseintoleranz, Glutenunverträglichkeit, Allergien: Auf alles haben die Sengers bei Bedarf Rücksicht genommen. „Das geht“, versichert Brigitte Senger.
Das Ehepaar sammelt immer fleißig Anregungen, ist dafür auch gern auf Messen gefahren. Um dann Gäste mit so ausgefallenen Dekorationen wie essbaren Blüten zum Staunen zu bringen. So etwas wird beim Partyservice eines Landmetzgers nicht erwartet. Toni Senger schmunzelt. „Wir haben schon viele Extra-Mäus‘ gemacht für die Leut‘.“
Bis zu 800 Gäste
Und auch viel erlebt. Er denkt zurück an den 50. Geburtstag, an dem der Gastgeber 25 verschiedene Gerichte anbieten wollte. „Da gehst nei a Wirtschaft“, habe er dem gesagt. Oder daran, wie ihn einmal Kunden fragten, wie kurzfristig sie absagen könnten. Es handele sich um einen 100. Geburtstag, und sie wüssten nicht, ob die Jubilarin ihn noch erleben würde. Er lacht. „Denen hab‘ ich gesagt: ,Dann heben wir's halt für den Leichenschmaus auf.‘“
Feste mit bis zu 800 Gästen haben die Sengers gestemmt. Was sich da alles angesammelt hat: Suppenteller, große und kleine Teller, dazu Besteck und alle möglichen Gläser, Töpfe, Schöpflöffel, außerdem Deko für Weihnachten, Ostern, Fasching, Oktoberfest ...
„Aus meiner Klasse haben vier Jungen Metzger gelernt. Heute kriegt man aus vier Landkreisen keine zehn zusammen.“
Toni Senger
Dem Unternehmer wäre es am liebsten, wenn jemand alles übernehmen würde. Aber er glaubt nicht daran, dass sich ein Interessent findet. Ganz im Gegenteil: „Aus meiner Klasse haben vier Jungen Metzger gelernt. Heute kriegt man aus vier Landkreisen keine zehn zusammen.“ Bei ihm selbst hat in den vergangenen zehn Jahren keiner wegen einer Ausbildung angefragt.
Toni Senger wollte eigentlich Landmaschinenmechaniker werden. Aber er gehört zu den geburtenstarken Jahrgängen, damals waren die Lehrstellen rar. Als er sich bei der „Schmied's-Moni“ in Ebensfeld bewarb, war die gleich fertig: „Dei Großvater war Metzger, dei Vater war Metzger, da wirst du auch Metzger“, sagte sie zu ihm.
Heute kommt seine Kundschaft bis aus Bamberg, Kronach, Kulmbach und Bayreuth. Bekannt sind vor allem seine Grillspezialitäten, sagt seine Ehefrau. Besonders stolz ist er aber auf seinen Kochschinken nach altem Rezept aus einem Stück. Was er selbst am liebsten mag? „Ich esse von der einfachen Sülze bis zum Rinderfiletsteak alles.“

Jetzt noch Gutscheine einlösen
Bis Jahresende werden die Sengers also noch hinter der Theke stehen, Steaks und Presssack verkaufen und sicher auch noch das Catering für viele Weihnachtsfeiern übernehmen. So lange ist auch noch Zeit, Gutscheine einzulösen. Toni Senger hofft, dass ihm bis dahin seine Angestellten erhalten bleiben, für die er nur lobende Worte findet. Und er hofft, dass alle schnell wieder einen guten Arbeitgeber finden.
Der 62-Jährige ist zuversichtlich, dass er selbst nicht in ein Loch fallen wird. Er will all das tun, wofür jahrelang keine Zeit war: endlich wieder radeln gehen oder ins Baggerloch hüpfen zum Beispiel. Die Sengers haben Wald und einen Garten, da ist immer was zu tun. „Und ich kenn' halt auch Gott und die Welt. Da wird mir bestimmt nicht langweilig.“