Markus Häggberg und Klaus Fugmann hatten mit dem Kulturring wieder eingeladen. Nach „Spiel mir das Lied vom Tod“ stand dieses Mal „Die Reifeprüfung“ aus dem Jahr 1967 auf dem Programm. Dieser Film, so Häggberg, läutete den Beginn des sogenannten „New Hollywood“ ein.
Waren bis 1948 die meisten Lichtspieltheater im Besitz der großen Studios, so endete dies mit einem Prozess vor dem höchsten amerikanischen Gericht, dem Supreme Court. Man warf den Studios eine Verletzung des Kartellrechtes vor, da die Studios nicht nur die Schauspieler, Drehbuchautoren usw. unter Vertrag hatten, sondern auch die Vermarktung in den eigenen Kinos betrieben.
Alle großen Studios waren betroffen: Paramount, MGM, United Artists und Columbia, um nur einige zu nennen. Ab da waren die Kinos von den Studios gelöst. So nahmen ab da die Zahl der Kinos, aber auch die der unabhängigen Produzenten und Regisseure zu. Dazu kam der gesellschaftliche Umbruch und auch die Regisseure der Vergangenheit sowie die Schauspieler hatten ihren Zenit überschritten.
Die Zeiten änderten sich. Das Fernsehen wurde populär. Die Bürgerrechtsbewegung formierte sich, der Wettlauf ins All begann. Und in diese Zeit der Unsicherheit und Wirren hinein entstand ein Buch des Autoren Charles Webb. Titel: „The Graduate“. Ein Buch über einen Anti-Helden Namens Benjamin Braddock, der gerade mal 20 Jahre alt ist. Desillusioniert, gelangweilt weiß er nichts mit sich und seinem Leben anzufangen. Das Buch wird ein Erfolg und wird 1967 schließlich verfilmt.
Dustin Hoffmann brilliert
In den Hautrollen: Dustin Hoffman, damals noch ein junger, aufstrebender Schauspieler und Anne Bancroft, die als „Femme Fatale“, eben jene Mrs Robinson, eine Affäre mit dem Studenten beginnt. Als dieser sich jedoch in ihre Tochter verliebt, eskaliert die Situation. Denn eben jene Tochter erfährt, dass Benjamin mit ihrer Mutter ein Verhältnis hat. Und die Mutter ist nicht gerade erbaut, dass sich ihr jugendlicher Liebhaber in die Tochter verliebt. Als die Tochter einen Medizinstudenten heiratet, steht Benjamin vor der Kirchentür, die beiden fliehen. In der Schlussszene wird deutlich, dass sie eigentlich nicht wissen, was sie nun anfangen sollen.
Häggberg und Fugmann wussten allerlei rund um den Film, seine Entstehung, seine Wirkung und auch die Musik dazu zu erzählen. Der Regisseur, Mike Nichols, erhielt für diesen Film unter anderem den Oskar für die beste Regie. Mike Nichols, mit bürgerlichem Namen Michail Igor Peschkowsky, war gebürtiger Russe, der mit seinem Bruder 1939 im Alter von sieben Jahren mit einem Schiff aus Nazi-Deutschland emigrieren konnte. Über Umwege kam er zum Film.

Häggberg zeigte immer wieder Parallelen zu anderen Werken auf, gewürzt mit dem für ihn typischen Humor führte er launig durch das umfangreiche Programm im so gut wie vollbesetzten Kinosaal.
Immer wieder zeigte er Ausschnitte aus Filmen, die Motive und auch Handwerkliches aus „Die Reifeprüfung“ aufgriffen. Und dieser Film, so Häggberg, war der Startschuss für eine neue Ära des Kinos. Jetzt lag der Schwerpunkt auf Charaktere, auf Wunden, die man offenlegte. Die Gesellschaft war kritischer geworden. Und dem passten sich die Filme an.
Doch was wäre „Die Reifeprüfung“ ohne den weltbekannten Soundtrack von Simon & Garfunkel? Ein Duo, das sich damals schon lange kannte und miteinander arbeitete. Paul Simon und Art Garfunkel kannten sich, seit sie zwölf waren.
Doch fühlte sich Art Garfunkel sich immer unterlegen, weil Paul Simon der kreative Kopf war, der die Musik schrieb, die Arrangements, die Texte. Art Garfunkel fühlte sich nur als „der Sänger“.
Das Ende eines Duos
Nach Beendigung des Films begannen die Arbeiten am wohl größten Album des Duos. „Bridge over troubled water.“ Doch durch die Zusammenarbeit mit Mike Nichols war ein Nagel in den Sarg des Duos getrieben worden. Nichols fand, dass Art Garfunkel genau in eine Rolle für seinen nächsten Film passte, nämlich die Kriegssatire „Catch 22“. Art nahm das Angebot an, doch brachte das erhebliche Probleme mit sich, denn die Aufnahmeräume, die Musiker und alles andere waren für das neue Album bereits gebucht.
Doch nun war es Paul Simon, der sich schlecht fühlte. Sollte er, nur, um seine und die Karriere des Duos voranzutreiben, seinem Jugendfreund Steine in den Weg legen? Paul Simon entschied sich dagegen und wünschte Art Garfunkel dazu in einem Lied, das auf „Bridge over troubled Water“ veröffentlich wurde, alles Gute und viel Erfolg. Dies war das letzte gemeinsame Album der beiden.
Interessante und vor allem informative zwei Stunden gingen irgendwie viel zu schnell vorbei. Beeindruckend war vor allem, wie sehr sich Fugmann und Häggberg sehr tief in die Materie eingearbeitet hatten, Videoausschnitte mit Interviews besorgt, Parallelen zogen und auch die Gegenwart mit einbezogen hatten.
Doch was hat all das mit einem Bein zu tun? Anne Bancroft war mit Sicherheit eine der schönsten Frauen ihrer Zeit, doch als die Aufnahmen für das Plakat gemacht werden sollte, hatte sie, seltsamerweise, keine Zeit. Und so musste ein „Bein-Double“ genommen werden. Und dies war: Linda Gray, die später als Sue-Ellen Ewing in der Serie „Dallas“ Karriere machte.
Viel Applaus zum Dank
Die Zuschauenden spendeten reichlich Applaus und man darf gespannt sein, was sich Häggberg und Fugmann als Nächstes vornehmen werden. Vielleicht die Bond-Filme? Oder ein weiteres Meisterwerk? Da werden sie sicher fündig. Das Publikum wird wohl wieder das Kino stürmen.