So manch Einheimischer wird sich womöglich fragen, warum ihm die Anlage im Wald bei Klosterlangheim noch nicht groß aufgefallen ist. Tatsächlich liegt sie an einem kleineren Weg, jedoch durch Zäune und Schilder deutlich sichtbar abgegrenzt.

Nun erhält die Schliefenanlage, die seit den 1980er Jahren betrieben wird, mehr Aufmerksamkeit. Die Lichtenfelser Tierschutzgruppe „tierisch aktiv“ um Eva Apel fordert in einer Petition die Schließung. Sie hat eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Coburg eingereicht. Die Argumentation: klare Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. Der Betreiber der Anlage, Klaus Ach, der die Arbeitsgruppe Lichtenfels im Deutschen Terrier Club seit sieben Jahren leitet, weist die Vorwürfe zurück.
Wie funktioniert sie?
In einer so genannten Schliefenanlage findet die Ausbildung von Jagdhunden an lebenden Füchsen statt. Die Anlage besteht aus einem künstlich angelegten Röhrensystem, das einen Fuchsbau simulieren soll. Ziel ist es, Jagdhunde auf die Witterung des Fuchses zu konditionieren. Zu keiner Zeit berühren sich die beiden Tiere, denn in Deutschland wird der körperliche Kontakt mit dem Jagdhund durch Gitter ausgeschlossen.
„Der Fuchs ist extremem Stress ausgesetzt und erleidet häufig aufgrund der Todesangst einen Herzinfarkt oder stirbt am Schock“, so begründet auch Susanne Schilling, ehemalige Tierheimleiterin und Beiratsmitglied des Tierschutzvereins Kulmbach u. U. e.V., die Petition.
„Unser Fuchs ist auch von klein an an Hunde gewöhnt. Da steigt kein Stresspegel.“
Klaus Ach verweist jedoch auf den Umstand, dass der Fuchs der Schliefenanlage als wenige Wochen altes Tier aufgelesen worden sei: „Er lief in einem Wohngebiet herum, war von Parasiten befallen und halb verhungert. Er hätte niemals in der Wildnis überlebt.“ Füchse, die von klein auf an den Menschen gewöhnt sind, zeigten andere Verhaltensweisen als frei lebende Artgenossen: „Und die Füchse, die das Prozedere kennen, wissen, dass ihnen beim Training nichts passiert. Unser Fuchs ist auch von klein an an Hunde gewöhnt. Da steigt kein Stresspegel.“
Das sieht die Tierschutzgruppe anders: „Man gewöhnt sich nicht an psychische Folter. Der Fuchs weiß ja nicht, dass der Hund nicht an ihn herankommt. Es kann sein, dass der Mensch nicht das Problem des Fuchses ist, aber der Mensch bringt ihn jedes Mal in Todsangst“, erklärt Susanne Schilling.
Neue Richtlinien für Gehegegröße
„Jedes Mal“ beinhaltet dabei vor allem die intensiven Trainingsphasen in der Schliefenanlage, die in der Regel zwei Mal im Jahr an sechs Wochenenden stattfinden. An den anderen Tagen befindet sich der Fuchs in einem 40 Quadratmeter großen Gehege.
Das sei zu klein, kritisiert die Tierschutzgruppe, und beruft sich dabei auf neue, seit November 2022 in Kraft getretene Tierschutz-Mindestanforderungen des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Demnach werde unter anderem eine Mindest-Gehegegröße von 80 Quadratmetern gefordert.
Der Betreiber und sein Team, die als Schliefenwarte zum Fuchs-Gehegebetreuer geschult sind, sind gerade dabei, zu überprüfen, ob sie die Anlage umbauen müssen. Erst kürzlich habe das Veterinäramt die Anlage als beanstandungsfrei eingestuft. „Wenn es so sein sollte, dann werden wir sie vergrößern.“
Keine Alternative?
Ein anderer Punkt betreffe die Richtlinie, Füchse möglichst nicht Einzelhaltung zu belassen, so die Tierschützer. Klaus Ach liegt die Genehmigung für zwei Füchse vor, doch die Suche gestalte sich schwierig. „Wir wollen ja eben keine frei laufenden Füchse. Das braucht Zeit.“ Der letzte Fuchs der Schliefenanlage sei 17 Jahre alt geworden. In freier Wildbahn erwartet man ein durchschnittliches Alter von rund acht Jahren.
Eine Alternative zu Schliefenanlage gibt es für Klaus Ach nicht. Susanne Schilling verweist etwa auf die jahrzehntelange Fuchsübungsjagd in England mit künstlichen Schleppen, die als Fuchsersatz dienten. Doch der Betreiber betont: „Wir brauchen frische Fuchswitterung, deswegen geht das nicht nicht mit einer Duftspur.“
Wie sieht es anderswo aus?
In anderen europäischen Ländern sind Schliefenanlagen in den vergangenen Jahren verboten worden, doch das sieht Klaus Ach kritisch: „Wenn mehr Anlagen geschlossen werden, dann haben wir wieder Zustände wie in der Steinzeit. Wenn ich jetzt im Internet Videos aus Osteuropa sehe, wo Füchse in Scheunenverhauen gehalten und dann zu Tode gejagt werden, kriege ich Gänsehaut.“

Die Diskussion um die Schliefenanlagen ist nicht neu. Bereits im vergangenen Jahr wurde eine solche Anlage in Kasendorf bei Kulmbach stillgelegt. Nach Protesten der Tierschutz.organisation Peta wurde der Fuchs dort aus der Schliefenanlage befreit und in eine Auffangstation gebracht.
Lichtenfelser Petition
Die Petition aus Lichtenfels hat derzeit rund 2.000 Unterstützer (Stand: 30. April 2023). Sollten noch weitere Menschen aus der Region „unterschreiben“ kann die Tierschutzgruppe vom Landratsamt Lichtenfels zunächst eine Stellungnahme erreichen – oder mehr.

Denn das Thema „Pro und Contra“ von Schliefenanlagen ist wohl im größeren Zusammenhang der Fuchsjagd an sich zu sehen: Der Betreiber der Schliefenanlage verweist auf die Notwendigkeit für das ökologische Gleichgewicht. Würde die Fuchspopulation zu stark werden, wären andere Tierarten, vor allem Niederwild wie Feldhase, Rebhuhn oder Fasan gefährdet. „Wir sind draußen im Wald unterwegs und wir sehen: Wo der Fuchs bejagt wird, da erholt sich das Niederwild.“ Auch ie Ausrottung des Regulativs Tollwut in Deutschland spiele hier eine Rolle.
Konträre Positionen
Susanne Schilling gibt jedoch an: „Der Fuchs frisst zu 90 Prozent Mäuse und erwischt, wenn überhaupt, nur mal einen kranken Hasen. Die Natur reguliert sich außerdem selbst: Je mehr Füchse im Revier sind, desto weniger Füchse kriegt die Fähe und umgekehrt. “
Darauf wiederum reagiert Klaus Ach: „Ein Fuchs frisst alles. Ich habe selbst schon gesehen, wie ein Fuchs ein Rehkitz vor den Augen seiner Mutter mitgenommen hat. Und auch in verregneten Jahren, in denen es zum Beispiel wenig Mäuse gibt, muss er ja irgendwas fressen.“
Ein Aspekt ist jedoch auch der Sachverhalt, dass die Fuchsjagd in Luxemburg bereits seit April 2015 verboten ist. Dort aber gibt es, laut der dortigen Umweltministerin, keine Überpopulation. Welche Faktoren hierbei eine Rolle spielen, kann an dieser Stelle nicht ausgeführt werden.
Vom Bayerischen Jagdschutz- und Jägerverein Lichtenfels e.V. erhielt die Redaktion kein Statement zu dieser Thematik.