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LICHTENFELS/COBURG: Eklat am Ende des Innovationszentrums Lichtenfels

LICHTENFELS/COBURG

Eklat am Ende des Innovationszentrums Lichtenfels

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    Professor Auwi Stübbe – hier ein Archivfoto – vor dem Innovationszentrum in Lichtenfels (IZL), das er jahrelang leitete.
    Professor Auwi Stübbe – hier ein Archivfoto – vor dem Innovationszentrum in Lichtenfels (IZL), das er jahrelang leitete. Foto: Roger Martin

    Mit einem Eklat endet die Zusammenarbeit der Stadt Lichtenfels und des jetzigen Vorstands des Innovationszentrums für Marketing, Design und Technologie (IZL) mit dem früheren Leiter der Einrichtung, Professor Auwi Stübbe. Unter anderem haben sic beide Seiten wegen finanzieller Forderungen bereits vor Gericht gesehen.

    Stübbe, jetziger Vorsitzender des Coburger Designforums, prangert die Art und Weise an, wie von den jetzigen Verantwortlichen mit ihm und seinem Vermächtnis und seinen Verdiensten um das IZL umgegangen wird. Er kann zudem nicht nachvollziehen, dass das Gebäude der Einrichtung am Schneidmühlweg in Lichtenfels zum Verkauf angeboten worden ist.

    IZL-Gebäude offenbar an Unternehmen „Logic Glas“ verkauft

    Laut zuverlässiger Informationsquelle soll die Einrichtung kürzlich zu einem Preis von 650.000 Euro an das 2009 gegründete Marktrodacher Unternehmen „Logic Glas“ verkauft worden sein. Schriftliche Anfragen an das IZL und an die Firma dazu brachten dazu weder Bestätigungen noch Dementis. Die endgültige notarielle Verkaufsabwicklung steht indessen noch aus.

    Auwi Stübbe ist seit einiger Zeit nicht mehr Vorstandsmitglied des IZL. Die Art und Weise seines Ausscheidens aus dem IZL bezeichnet er als juristisch unsauber und sieht im Zusammenhang mit dem Scheitern bereits weit gediehener Plänen für das IZL als „Zentrum der Flechtkultur“ einen unwiederbringbaren Verlust für die „Deutsche Korbstadt“.

    In einem ausführlichen Gespräch mit dieser Redaktion legte der 81-jährige, frühere Dekan und Design-Professor an der Hochschule Coburg, seine Sicht der Dinge dar. „Ich bin über den gesamten Ablauf sehr enttäuscht,“ betont Stübbe. Er und sein Team hätten sehr viel für das noch existierende IZL geleistet. Es sei eine gemeinnützige Einrichtung, die für ihren Steuervorteil zum beträchtlichen Teil von Spenden, Zuschüssen oder Forschungsgeldern abhängig sei.

    Unter den Zuschüssen sei lange Zeit eine regelmäßige jährliche Zahlung der Hochschule Coburg in Höhe von 15.000 Euro gewesen. Dafür habe das IZL Kurse und Fortbildungen mit Studenten der FH veranstaltet. Vor etlichen Jahren sei dieser Zuschuss leider gekappt worden.

    „Mit den restlichen bisherigen und auch neuen Zuschüssen konnten wir diesen Verlust nicht auffangen“, so Stübbe. Die daraus entstehende Finanzierungslücke sei größer geworden. Er habe der Stadt Lichtenfels damals angeboten, im Rahmen eines Werkhof-Projekts einzusteigen, was die Kommune trotz anfänglicher Sympathie schließlich abgelehnt habe.

    Damals sei auch der von weiteren Akteuren begrüßte Plan gereift, das „Zentrum für europäische Flechtkultur“ dort zu integrieren. Dort hätten unter besten technischen Voraussetzungen dann zum Beispiel alle Flechtkurse vereint werden können, die seit längerem „umständlich“ im Stadtschloss veranstaltet werden. Später habe er dem Lichtenfelser Unternehmer Frank Herzog die Möglichkeit nahegebracht, das IZL als Standort für additive Fertigung zu nutzen. In diesem Zusammenhang seien dann einige Jahre mit Herzog und Bürgermeister Hügerich – regelmäßig „intensive“ Gespräche geführt worden, bei denen - teils sehr erfolgversprechende – Projekte herausgekommen seien, so zum Beispiel ein Gründerzentrum. Frank Herzog habe alle diese Überlegungen stets sehr positiv und befürwortend begleitet. Warum daraus nichts geworden sei, verstehe er bis heute nicht.

    Den Kontakt abgebrochen und keine Einladungen mehr erhalten

    In jüngster Zeit habe er im Zusammenhang mit der finanziellen Situation des IZL auch offiziell im Rathaus vorgesprochen. Umso unverständlicher sei für ihn das, was vor etwa drei Jahren passiert sei. „Eines Tages war alles wie abgerissen“, so Stübbe. Er sei nicht mehr eingeladen worden.

    Der Bürgermeister habe – seinem Empfinden nach – bei Treffen das Gespräch mit ihm gemieden und „vorbeigeschaut“. Damit sei dieser Kontakt „erledigt“ gewesen, so Stübbe. Aus einer anderen Quelle habe er dann von den - inzwischen beschlossenen - Plänen für das Forschungs- und Anwendungszentrum für digitale Zukunftstechnologien (Fadz) im Wasserkraftwerk Kirschbaummühle erfahren, bei dem Frank Herzog eine führende Rolle spielt. Diese Einrichtung begrüße er sehr. Er sei dabei aber nicht eingebunden worden. Dies sei für ihn das Ende aller Pläne für das IZL gewesen.

    Zwischenzeitlich sei er schwer erkrankt und erst jetzt auf dem Weg der Besserung. Vor kurzem habe er im Auftrag der Stadt Lichtenfels einen Brief von einem Lichtenfelser Rechtsanwalt erhalten, worin ihm Verstöße gegen die Vereinssatzung des IZL – so zum Beispiel fehlende Ladungen zu Mitgliederversammlungen – gemacht worden seien. Stübbe räumt diese Versäumnisse zum Teil ein, kann sie aber begründen.

    Es verwundere ihn sehr, dass der Vorstand des Trägervereins des IZL – unter anderem Bürgermeister Hügerich und Landrat Christian Meißner – ihn auf dieses Manko nicht hingewiesen hätten, sondern gleich mit dem Rechtsanwalt gekommen seien. „Das ist lächerlich“, so Stübbe. Er habe zwischenzeitlich sogar mit einem ansehnlichen privaten Darlehen wegen eines finanziellen Engpasses beim IZL ausgeholfen. Sehr enttäuscht sei er in diesem Zusammenhang von Landrat Christian Meißner, der seinem Kollegen und früheren IZL-Vorstandsmitglied Professor Rainer Kober, im Zuge des Führungswechsels der Einrichtung zugesichert habe, dass die anstehenden finanziellen Angelegenheiten des IZL „geräuschlos“ geklärt werden. „Dieses Versprechen hat Herr Meißner nicht gehalten,“ so Stübbe.

    Vom Vorsitz des IZL sei er bei einer Mitgliederversammlung - zu der er eingeladen war, aber krankheitsbedingt nicht kommen konnte - im Rahmen einer Neuwahl „abgewählt“ worden, allerdings „juristisch unsauber“.

    Trotz einiger Widrigkeiten habe es die vorherige Führung des IZL geschafft, die Einrichtung durch zuschussgebundene Forschungsaufträge oder Produktentwicklungen wirtschaftlich am Leben zu erhalten. Hinderlich sei dabei gewesen, dass das Finanzamt einige Male die Gemeinnützigkeit des IZL in Frage gestellt habe. Die Behörde habe damals das IZL „genau beobachtet“ und behauptet, es sei unzulässig wirtschaftlich tätig gewesen. Kontakte zu Firmen, die im IZL geforscht haben, seien offenbar der Anlass dazu gewesen. „Wir kamen damals schwer unter Beschuss. Das hat mich sehr getroffen“, so Stübbe. Nur durch die gute Arbeit des Steuerberaters habe das IZL seine Gemeinnützigkeit halten können.

    Der Verkauf des IZL-Gebäudes steht in zeitlichem Zusammenhang mit dem Wegfall der staatlichen und zum Beispiel mit Ausbildungs-Auflagen verbundenen Förderung durch das Wirtschaftsministerium, die 25 Jahre gewährt wurde. „Hätten wir vorher mit dem IZL aufgehört, dann hätten wir – je nach Zeitpunkt – eine mehr oder weniger große Summe – Fördergelder zurückzahlen müssen,“ so Stübbe.

    „Als Dank wird mir der Rechtsanwalt auf den Hals gehetzt. Das ist eine Unverschämtheit.“

    Auwi Stübbe, ehemaliger Leiter des IZL

    Er habe alles getan, um das IZL sinnvoll mit Leben zu erfüllen. Hier seien unter anderem moderne Flechtverfahren zur Reife gebracht worden, die heute deutschlandweit erfolgreich seien. Alle Aktivitäten in Bezug auf das IZL habe er ehrenamtlich ausgeführt. Die Fahrten zwischen Coburg und Lichtenfels habe er aus eigener Tasche finanziert.

    Es habe dies alles getan, weil er von dem „Flechten als Urtechnik der Menschheit begeistert“ sei und diese Begeisterung an jungen Menschen weiter gegeben habe. „Als Dank wird mir der Rechtsanwalt auf den Hals gehetzt. Das ist eine Unverschämtheit.“

    Den Verkauf des IZL-Gebäudes beurteilt Stübbe indessen als unwiederbringbaren Verlust für das Flechthandwerk und Lichtenfels. „Das war eigentlich die geborene Heimat für die Flechtkultur“. Offenbar sei aber die Einrichtung mit der Zeit als reiner Kostenfaktor gesehen worden und sollte abgestoßen werden, meint Stübbe. „Das verstehe ich nicht.“ Die Stadt werde nie wieder die Chance für ein solch großzügig gefördertes Innovationszentrum bekommen.

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