Deutschland braucht Strom, viel Strom. Elektroautos sollen geladen, Häuser mit Wärmepumpen geheizt und Industrieanlagen sicher betrieben werden. Um dies so klimafreundlich wie möglich zu gestalten, muss die Erzeugung größtenteils aus erneuerbaren Energien stammen. Neben Wind, Sonnenkraft und Geothermie ist Biomasse eine wichtige Säule des Energiesystems. Derzeit liefern etwa 9600 Biogasanlagen in Deutschland Strom für mehr als neun Millionen Haushalte und decken über fünf Prozent des deutschen Stromverbrauchs ab. Auch im Landkreis Lichtenfels wird Biogas durch die Vergärung von Gülle, organischen Abfällen und Energiepflanzen produziert und zur Gewinnung von Strom und Wärme genutzt.
Nahwärme aus Hainzendorf
Eine der ersten Anlagen in der Region hat Rudolf Steuer im Jahr 2004 auf seinem Hof in Hainzendorf bei Burgkunstadt installiert und hier in den Folgejahren nicht nur kontinuierlich in neue Technik investiert, sondern auch rund einen Kilometer an Wärmeleitungen verlegt. So werden auch Einwohner von Hainzendorf, Kirchlein und das Sportheim in Kirchlein mit Nahwärme für Heizung und Brauchwasser versorgt.
„Mein Schwiegervater war schon immer offen für Neues und hat deshalb auch vor 20 Jahren den Schritt in Richtung Biogas gewagt“, berichtet Johannes Steuer. „Der große Vorteil von Biogasanlagen besteht in der Speicherfähigkeit des Energieträgers. Das heißt, die Anlagen können als Speicherkraftwerke vor allem dann einspringen, wenn keine Sonne scheint oder kein Wind weht.“ Hier gelte es jedoch, den Spagat zwischen größtmöglicher Flexibilität und Grundlast zu meistern. Deshalb wurde die Anlage immer wieder erweitert, unter anderem mit einer bedarfsgerechten Regelung der Motoren, die sogar per Fernzugriff überwacht und gesteuert werden können.
Kontinuierliche Investitionen nötig
Wie Johannes Steuer erklärt, bestehe die größte Herausforderung aktuell darin, die Anlage fit für die Zukunft zu machen, ohne dabei die Wirtschaftlichkeit aus den Augen zu verlieren: „Es muss immer wieder Geld in die Hand genommen werden, doch gleichzeitig hat sich der bürokratische Aufwand in den vergangenen Jahren massiv erhöht. Unsere Anlage wird wie eine große Industrieanlage kontrolliert und reglementiert, doch dabei darf man nicht vergessen, dass wir ein landwirtschaftlicher Familienbetrieb und kein börsennotierter Konzern sind. Unser Anliegen ist es, die nächsten Generationen zu versorgen und zu erhalten, aber das wird uns tatsächlicher immer schwerer gemacht.“
Ähnlich ergeht es Harald Schilling aus Obristfeld, der ebenfalls seit fast 20 Jahren eine Biogasanlage zusammen mit seinem Sohn Markus betreibt. Die beiden haben die Anlage im Laufe der Zeit immer wieder aufgerüstet, einen zweiten Motor angeschafft und Leitungen verlegt, die acht Häuser in der unmittelbaren Umgebung mit Nahwärme versorgen.

„Die Auflagen und bürokratischen Restriktionen sind das eine, die politischen und finanziellen Unwägbarkeiten das andere, was uns umtreibt. In einigen Jahren fällt unsere Anlage aus der EEG-Förderung heraus, das heißt wir können uns nicht mehr auf eine feste Einspeisevergütung verlassen.“
Wirtschaftliche Unsicherheit
Vielen Betreibern, die ihre Anlagen Anfang der 2000-er Jahre installiert haben, fehlt zurzeit schlichtweg die Investitionssicherheit. Denn: Nach 20 Jahren fallen Betriebe aus der EEG-Förderung heraus und müssen ein neues Angebot an die Bundesnetzagentur abgeben. Wer den Zuschlag erhält, sichert sich immerhin für zehn weitere Jahre einen festen Preis für den produzierten Strom. Bei der ersten Ausschreibung hat es für Harald Schilling nicht geklappt, doch er will es im Herbst erneut versuchen. „Wenn es wieder nichts wird, dann lohnt sich der Betrieb der Anlage wirtschaftlich im Grunde nicht mehr“, so der Landwirt.
Wie zermürbend die bürokratischen Hürden und EU-Auflagen sind, weiß auch Jörg Leikeim. Er betreibt auf seinem Bauernhof an der Seewiese zwischen Zettlitz und Hochstadt eine Biogasanlage und berichtet, dass im Grunde für jeden Handgriff ein Gutachten gebraucht werde und man laufend Meldungen geben und Dokumentationen führen müsse.

Der Anschluss von Häusern an ein Nahwärmenetz stand ebenfalls vor rund zehn Jahren im Raum, habe sich aber zerschlagen, da dies nur für wenige Haushalte in Frage gekommen wäre. „Man darf nicht vergessen, dass es schon ein gewisser Aufwand ist, die Leitungen zu verlegen. Zudem hat man auch eine große Verantwortung und es muss eine Versorgungssicherheit gegeben sein“, so der Landwirt.
Voller Tatendrang und Zuversicht wiederum zeigt sich Michael Schmitt aus Thelitz. Der Junglandwirt lässt sich weder von bürokratischen Hürden noch von wirtschaftlichen Unwägbarkeiten abschrecken, ganz im Gegenteil: Er und seine Familie planen auf ihrem landwirtschaftlichen Anwesen die Installation einer 75-Kilowatt-Biogasanlage, die vor allem mit Gülle und Mist der Milchkühe betrieben werden soll.
„Natürlich ist so ein Projekt mit viel Planungsaufwand, Bürokratie und hohen Kosten verbunden, aber ich ... bin zu dem Entschluss gekommen, dass die Chancen überwiegen und sich die Investition lohnt.“
Den aus Biogas gewonnenen Strom wollen sie für die familiengeführte Hofkäserei nutzen, so dass das „Thelitzer Käsehüttla“, möglichst CO2-neutral betrieben werden kann. Für die Einspeisung der Überschüsse denkt Michael Schmitt über eine Direktvermarktung als wirtschaftlich lohnende Variante nach. „Natürlich ist so ein Projekt mit viel Planungsaufwand, Bürokratie und hohen Kosten verbunden, aber ich beschäftige mich einfach intensiv mit der Thematik und bin zu dem Entschluss gekommen, dass die Chancen überwiegen und sich die Investition lohnt.“