„Ich wurde aus Überzeugung Berufskraftfahrer, weil ich den Beruf geil finde“, zeigte Raphael Gahn, ein junger Berufskraftfahrer, beim Fernfahrerstammtisch der katholischen Betriebsseelsorge seine Freude trotz vieler Probleme in seinem Beruf. Erst kürzlich erlebte er am Steuer einen wunderbaren Sonnenuntergang: Ein kleines Gefühl von Freiheit, auch wenn es viel Stress im Job gibt.
Raphael Jahn stellte diese Begeisterung gegen die vielen schlimmen Dinge, die beim Fernfahrer-Treffen der Katholischen Betriebsseelsorge für Fahrer insbesondere aus den Kreisen Lichtenfels, Coburg, Kronach und Kulmbach angeprangert wurden.
„Es ist einfach ein tolles Gefühl: Am Montag bist du in Hamburg, am Dienstag in den Alpen, am Mittwoch fährst du nach Holland.“
Sein Opa sei 45 Jahre mit dem Lastwagen unterwegs gewesen, habe ihn manchmal auch mitgenommen, erinnert sich Raphael Gahn. Zwei Onkel würden auch fahren. Von klein auf sei die Begeisterung für diesen Beruf gewachsen. „Es ist einfach ein tolles Gefühl: Am Montag bist du in Hamburg, am Dienstag in den Alpen, am Mittwoch fährst du nach Holland.“ Wenn er so etwas als ganz Junger am Wochenende erzählt habe, hätten die anderen immer ganz schön geschaut.

Nach der Schule absolvierte er zunächst eine Ausbildung als Lastwagen-Mechaniker. Schließlich war er von seinem Traum „Berufskraftfahrer“ nicht abzubringen. „Wenn ich noch mal meinen Beruf wählen müsste, würde ich mich genauso entscheiden.“
Viele haben „die Schnauze voll“
Dabei gibt es vieles in diesem Bereich, was nicht gut ist. Viele ergriffen diesen Job einst mit Begeisterung. „Ich erlebte, wie Jahr für Jahr so vieles schlechter wurde“, erklärte ein anderer. Er musste dann mit Herzinfarkt aussteigen. „Ich machte den Beruf mit Idealismus. Ich schätzte meine Freiheit, die Möglichkeit freier Entscheidungen. Ich fuhr 40 Jahre und habe jedes Jahr genossen. Ich verstehe aber auch die Leute, welche die Schnauze voll haben.“
Heute bekommen viele gerade jüngere Fahrer ein Problem mit den Bedingungen des Berufs, wenn sie eine Familie gründen wollen. Die drei Jungs von Martina Pitius wurden Berufskraftfahrer. Alle begannen die Ausbildung mit drei Berufsschulklassen im Jahrgang, im dritten Jahr war es noch eine Klasse. Viele waren da schon ausgestiegen, hat sie eine Erklärung für den zunehmenden Fahrermangel.
„Hinter diesen Lenkrädern sitzen Menschen“, unterstrich Betriebsseelsorger Norbert Jungkunz. Die Betriebsseelsorge werbe insgesamt mit einer Aktion „Achtung! Hier arbeitet ein Mensch“ für mehr Menschlichkeit in der Arbeitswelt und insbesondere gegenüber den Berufskraftfahrern. „Ohne Lkw-Fahrer wärst du obdachlos hungrig und nackt“, lautet ein Slogan.
Nur Gemeinsamkeit führt zum Ziel
Seit dem vorigen Treffen vor einem Jahr in Mitwitz sei viel passiert, erklärte Norbert Jungkunz. Der Krieg sei schon da gewesen, aber er dauere an. Die Inflationsentwicklung sei noch im vergangenen August nicht zu sehen gewesen. Inzwischen sei der Mindestlohn eingeführt. Viele hätten zuvor für weniger als zwölf Euro fahren müssen. „Zusammen heißt auch Gewerkschaft“, plädierte der Betriebsseelsorger. Die Beschäftigten hielten den Laden am Laufen. Aber sie könnten für ihre Anliegen nur eine Wirkung erzielen, wenn sie gemeinsam Einfluss nehmen würden.
„Es passieren rundum Dinge, die sich auf unser Leben stark auswirken.“ Das Leben sei teuer geworden auf der Straße. „Jetzt haben wir etwas mehr, aber die Preise sind explodiert, so dass wir wieder weniger haben“, bedauerte eine Berufskraftfahrerin. Die Reaktion auf das teure Leben sei: Immer mehr Fahrer versorgten sich selber.
Steuerfreie 3000 Euro als Entlohnung mit nutzen
„Stress und Hektik sind brutal geworden“, erklärte Matthias Kühnet, Chef einer Transportfirma in Michelau. An die Gewerkschaften richtete er den Appell, die Schwierigkeiten gerade der kleineren Spediteure zu sehen. „Bitte nicht nur sagen, der Arbeitgeber zahlt zu wenig, sondern viel stärker die Politik fordern. Der kann oft nicht mehr bezahlen, weil ihm die notwendigen Preise nicht gezahlt werden. Wir gehen harten Zeiten entgegen.“ Als Unterstützung seiner Fahrer nutzt er die Möglichkeit der steuerfreien 3000 Euro: „Ich zahle alle Monate hundert Euro mehr und am Jahresende etwas zusätzlich, dann komme ich bis Dezember 2024 auf die steuerfreien 3000 Euro.“
Die Polizei wisse natürlich, dass es manchmal schwer sei, einen Parkplatz zu finden, zeigte der Leiter der Schwerlast-Kontrollgruppe der Verkehrpolizei-Inspektion (VPI) Coburg Stefan Heinrichs Verständnis. Viele hielten sich an ihre Lenk- und Ruhezeiten, andere schlügen über die Stränge. Polizist Ulf Kalb bedauert, dass die Polizei meist nur an die Fahrer komme, wenig an die für Missstände Verantwortlichen dahinter. Während die Polizei draußen die Fahrer kontrolliere, sei die Gewerbeaufsicht für die Kontrolle der Unternehmen zuständig, verdeutlichte Alexander Fritsch.
Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) bietetseinen Mitgliedern kostenlos WC-Nutzung und Duschen bei Tank und Rast, verwies Norbert Jungkunz. Wenn der Chef Mitglied sei, könnten die Fahrer die Card beantragen.
An vielen Orten, wo Berufskraftfahrer zusammenkommen, sorgten Handy und Tablet für Vereinzelung, bedauerte ein Fahrer. Ein Busfahrer findet die Digitalisierung allerdings großartig: „Wir als Busfahrer merken: Die Kinder steigen ein. Und Ruh' ist.“ Fast alle Schülerinnen und Schüler seien mit dem Handy beschäftigt.
Busfahrer lieben Handy: Grund macht nachdenklich
Die Kirche engagiere sich über die Betriebsseelsorge, „weil wir eure Arbeit schätzen“, unterstrich Norbert Jungkunz. „Ich bin einer von acht Betriebsseelsorgern im süddeutschen Raum, die im Bereich der Fernfahrerseelsorge unterwegs sind.“ Jeder wolle die transportierten Sachen, aber niemand wolle die Lastwagen, beklagte er zu wenig Verständnis für die Menschen hinter dem Steuer.