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LICHTENFELS: Gauner, Gangster, Galgenvögel machten Franken unsicher

LICHTENFELS

Gauner, Gangster, Galgenvögel machten Franken unsicher

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    Die Adelgundeliskapelle und die Klause auf dem Staffelberg waren aufgrund ihrer Abgelegenheit ein verlockendes Ziel für Räuber.
    Die Adelgundeliskapelle und die Klause auf dem Staffelberg waren aufgrund ihrer Abgelegenheit ein verlockendes Ziel für Räuber. Foto: M. Drossel

    Selbst die größeren Gebiete in Franken, die Fürstbistümer Würzburg und Bamberg, die Markgrafschaft Ansbach-Bayreuth oder die Freie Reichsstadt Nürnberg waren in der frühen Neuzeit nur sehr bedingt imstande, ihre Grenzen zu sichern oder im Innern tatsächlich überall den ständigen Zugriff der Staatsmacht zu garantieren.

    So hatte die bambergische Landesregierung in Friedenszeiten lediglich 900 Fußsoldaten zur Verfügung zuzüglich zwei Eskadrons Dragoner und Husaren. Verteilt waren diese Truppen auf drei Garnisonen in Bamberg, Forchheim und Kronach. Auch die als Polizei agierenden Kräfte konnten kaum in genügendem Maße ihre Ordnungs- und Kontrollfunktion wahrnehmen. In Landstädten wie Lichtenfels verkörperten Vogt und Forstmeister und deren Knechte die ordnende Staatsgewalt. Eine flächendeckende Sicherung war damit natürlich nicht möglich.

    Die Wälder als Tatorte

    So kann es auch nicht verwundern, dass die gelegentlichen Streifgänge der Sicherheitskräfte durch den Wald für Verbrecher und Gaunerbanden keine wirkliche Gefahr darstellten. Die Verhältnisse und sozialen Missstände ließen die Zahl der Diebesbanden immer weiter steigen, für die Mitte des 18. Jahrhunderts wurden im Hochstift Bamberg sage und schreibe 238 solcher verbrecherischer Organisationen verzeichnet. Kein Wunder also, wenn sogar gelegentlich die Obrigkeit herausgefordert wurde wie mit folgendem Maueranschlag in Bamberg: „Wer das Köpfen, das Rädern, das Henken nicht scheut, der komme zu uns, wir brauchen noch Leut! In der Gregelmark kommen wir zsam.“

    Die Gregelmark ist das Waldreieck zwischen Eggolsheim, Höchstadt und Erlangen. Dort war einer der Schwerpunkte der bandenmäßigen Kriminalität, ein zweiter war der Hauptmoorwald bei Bamberg.

    Auch die Obrigkeit kann irren

    Doch auch in den Wäldern um Lichtenfels herum trieb so manche Räuberbande ihrer Unwesen. Eine besonders berüchtigte Bande stand unter der Führung einer Frau, der „Schwarzen Agnes“. Als diese schließlich gefangen wurde, verriet sie im Gefängnis ihre Helfer und Hehler. Vor allem einen Mann aus Herreth belastete sie schwer.

    Zuständig für den Fall war der Lichtenfelser Vogt, der sofort daran ging, den von Agnes genannten Helfer dingfest zu machen. Leider aber verwechselte er Herreth mit dem coburgischen Heirath, zog in diesen Ort und nahm auch jemanden gefangen, auf den die Beschreibung passte.

    Kaum aber hatte er den Delinquenten in die Lichtenfelser Fronveste eingeliefert, erreichte ihn ein Schreiben aus Bamberg, er sei rechtswidrig mit bewaffneter Macht ins coburgische Herrschaftsgebiet eingedrungen und habe einen der dortigen Untertanen verschleppt. Der Bischof sei darüber sehr befremdet und fürchte nun, das gute Verhältnis zum Nachbarn könne leiden. Deshalb sei schnellstens dafür zu sorgen, dass der Inhaftierte wieder frei und gesund nach Hause zurückkomme.

    Schmuggler, Räuber und Mörder

    Der Lichtenfelser Forst nördlich des Mains war auch ein äußerst interessantes Revier für Schmuggler. Ihre Banden, bestehend aus „Schwärzern“, die mit Ruß geschwärzten Gesichtern den Transport der Schmuggelware erledigten, und den „Lockern“, die die Zollbeamten und Wächter ablenkten, hatten ideale Bedingungen, verlief hier doch auf weiter Linie und in unübersichtlichem Gelände die Grenze zwischen Bamberg und Coburg.

    Auch die Wälder auf der anderen Mainseite am Krappenberg boten Raum genug für räuberische Aktivitäten. 1557 wurden dort zwei Fuhrleute aus Wurzbach von vier berittenen Räubern überfallen, ihre Wägen umgeworfen, ihre Kisten und Fässer zerschlagen und ausgeplündert. Die Täter entkamen unerkannt. 1536 war ein reisender Fuhrmann zwischen Lichtenfels und Bamberg beraubt und misshandelt worden. Von Lichtenfels aus aktivierte man durch Boten auch die Obrigkeit in Weismain, Scheßlitz und Bamberg und konnte schließlich die sogenannte Tantz-Bande als Schuldige eruieren und festnehmen.

    Fünf Jahre zuvor waren in Stübig zwei Menschen getötet worden. Als Täter hatte man die Brüder Dill und ihre Helfer ermittelt. Um sie zu erwischen, wurde sehr großer Aufwand getrieben. Der Lichtenfelser Forstmeister rückte mit 70 Mann aus und arretierte die Verbrecher in Frauendorf und Kaider. Als Entlohnung erhielten die Männer der Wache einen Umtrunk im Wert von insgesamt drei Gulden.

    Die Hüter der Staffelbergkapelle wurden Opfer von Verbrechern

    Auch der Staffelsteiner Vogt hatte es immer wieder mit Verbrechern zu tun. Am 3. Juli 1721 war in die Staffelbergkapelle eingebrochen und sie ausgeraubt worden. Ihr Hüter, der Eremit Daniel Plenklein, und sein Bruder hatten wohl die Räuber überrascht und wurden ermordet. Innerhalb kurzer Zeit wurde die Staffelbergkapelle noch zwei Mal geplündert, am 24. Oktober 1721 und ein Jahr später am 25. Juni 1722. Eine offensichtlich geplante Bandstiftung war aber erfolglos. Alle drei Fälle blieben ungelöst, kein Täter konnte festgenommen werden.

    Um an Verbrechen und Untaten zu erinnern oder auch um für sie zu büßen, findet man an manchen Straßenrändern noch Steinkreuze. Das Beispiel im Bild stammt aus dem Jahr 1616 und befindet sich bei Buch.
    Um an Verbrechen und Untaten zu erinnern oder auch um für sie zu büßen, findet man an manchen Straßenrändern noch Steinkreuze. Das Beispiel im Bild stammt aus dem Jahr 1616 und befindet sich bei Buch. Foto: Karlheinz Hößel–

    Die Ermittlungsmethoden des 16. Jahrhunderts erscheinen bisweilen etwas seltsam. 1542 hatte Veit Petz aus Weismain Einkäufe in Lichtenfels gemacht. Kaum hatte er die Stadt verlassen, wurde er von mehreren Männern überfallen und niedergeschlagen. Dabei wurden ihm 120 Gulden und die gesamte Kleidung gestohlen.

    Der Ausgeraubte musste vor dem Lichtenfelser Vogt Claus Reuß erscheinen und ihm schwören, er selbst werde sich um die Ausfindigmachung der Täter bemühen und nach sechs Monaten wieder erscheinen und darüber Bericht erstatten. Andernfalls drohe ihm eine nicht geringe Strafe

    Ein besonders beliebter Ort für manchen Strauchdieb war die Herberge zu Vierzehnheiligen, wo die Wallfahrer reiche Beute versprachen. Und nicht selten blieb es nicht beim Diebstahl, sondern es kam noch schlimmer. Ein besonders schlimmer Bube scheint der „Vierether Henslein“ gewesen zu sein, der im Sommer 1604 bei einer Wirtshausrauferei den Burgberger Hans Schemm erschlagen hatte und geflohen war. Er versteckte sich viele Tage in der Herberge, bis er dann doch gefangen wurde.

    Der Coburger Herzog machte ordentlich Druck

    Die Sache hatte aber für den Wirt ein schlimmes Nachspiel. Da Herzog Johann Casimir von Coburg im Falle des Vierether Hensleins besonderen Druck gemacht hatte, wurde dem Wirt nun vorgehalten, über eine längere Zeit einen schweren Verbrecher beherbergt zu haben. Seine Entschuldigung, er sei ja alleine und habe weder Schutz noch Hilfe, verfing nicht, und ihm wurde angedroht, falls so etwas noch einmal passiere, mit Leib und Gut dafür geradezustehen.

    Wer heute in und um Lichtenfels unterwegs ist, muss nicht gleich um sein Leben fürchten. Auch Raubüberfälle und andere schwere Verbrechen sind nicht an der Tagesordnung. Ganz ausgestorben ist das Gewerbe der Diebe und Gauner aber auch heute nicht. Allerdings hört man eher von Taschen- und Ladendiebstählen und von den Möglichkeiten, die die Digitalisierung den Ganoven bietet.

    Der Hauch von Freiheit, Abenteuer und Romantik, den man noch oft mit den früheren Banden in Zusammenhang bringt (Das „Wirtshaus im Spessart“ lässt grüßen), wenn auch wohl eher zu Unrecht, der ist in unseren modernen Zeiten endgültig verflogen.

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