Auf den ersten Blick ein Aufreger, auf den zweiten nicht mehr, auf den dritten vielleicht schon: Auf Instagram veröffentlicht Leib Immobilien ein Mietangebot vor dem Bild des GE Colibrium Additive, bis Anfang Mai noch GE Additive. Schnell wird klar, das Unternehmen will nicht seinen gesamten Gebäude-Komplex vermieten. Nicht zuletzt durch Desksharing seien Flächen frei geworden, so der Sprecher. Das wolle man nutzen. Doch laut Angaben von Gewerkschaften könnte die Teilvermietung auch andere Gründe habe: Das Unternehmen habe scheinbar einige Herausforderungen zu stemmen.
Doch zuerst zur Vermietung: „Bei dem von Leib Immobilien erstellten Inserat handelt es sich um ein Vermietungs-Angebot von Teilflächen, die wir in unserem Gewerbekomplex zur Untermiete anbieten“, sagt ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage dieser Redaktion.
„Aufgrund der Lage unseres modernen Campus wurden wir oft gebeten, Büroflächen unterzuvermieten. Inzwischen sind wir offen dafür, die Untervermietung von Büroflächen in unserem Verwaltungsgebäude ebenso wie Produktionsflächen an geeignete Organisationen in Betracht zu ziehen und Innovation und Wachstum in Oberfranken zu fördern.“
Höhere Auslastung
„Hintergrund ist, dass wir auf unserem Campus das Prinzip des Desk-Sharing haben: Somit planen wir durch die Untervermietung eine höhere Auslastung der Gebäudekapazitäten und fördern zusätzlich eine noch engere Zusammenarbeit unserer Kolleginnen und Kollegen in unserem Verwaltungsgebäude“, erklärt der Pressesprecher von Colibrium Additive auf Anfrage.

Jüngst gab es eine Änderung. GE Additve hat einen neuen Namen: „Durch ein strategisch geplantes Rebranding (neu: Colibrium Additive, a GE Aerospace company, vormals GE Additive) integriert sich das Unternehmen seit Anfang Mai in die ebenfalls neu geschaffene Markenarchitektur des Mutterkonzerns GE Aerospace“, so der Pressesprecher. Colibrium Additive verspricht sich hierdurch neue Marketingchancen für bereits bestehende sowie neue Geschäftsfelder. Etwas prägnanter fallen die Antworten zu anderen Fragen aus: „Unsere Muttergesellschaft veröffentlicht oder erörtert keine spezifischen Geschäftsergebnisse ihrer einzelnen Unternehmenseinheiten.“
Heinz Gärtner, der Vorsitzende des Kreisverbands des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), blickt seinerseits mit Sorge auf die Entwicklungen bei GE Colibrium Additive, einst Concept Laser. Das, was er aus gut informierten Kreisen hört, lässt ihn aufhorchen und nichts Gutes vermuten. „Vor allem die gravierend gesunkenen Umsätze, die millionenschweren Verluste, die hohe Fluktuation bei den Mitarbeitern und die hohe Unzufriedenheit“ bereiten ihm Kopfzerbrechen.

Bei dem eingangs erwähnten Immobilienportal werden dieser Tage Flächen im Gebäude von GE Colibrium Additive angeboten, das zwischen Autobahn 73 und Bundesstraße 173 in Lichtenfels-Seubelsdorf errichtet wurde. „3000 bis 4000 Quadratmeter sollen nach unseren Informationen vermietet werden“, sagt Heinz Gärtner. Eigentlich kein Wunder, arbeiten doch im Betrieb, der für bis zu 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgelegt wurde, laut Gewerkschaftsinformationen derzeit an die 400 Arbeitnehmer. Die Unternehmensführung selbst gibt dazu keine Zahlen preis.
Unternehmenszahlen, die unter die „Pflichtveröffentlichung“ fallen, sind unter anderem auf der Plattform „North Data“ nachzulesen sind. Hatte der Betrieb von 2015 (68,4 Millionen Euro) bis 2017 (120 Millionen Euro) seinen Umsatz satt steigern können, ging dieser seither kontinuierlich zurück, auf 52,6 Millionen im Jahr 2022. „Obwohl schon Juli ist, wurden bislang keine Zahlen für 2023 veröffentlicht“, wunderte sich der DGB-Kreisvorsitzende schon vor Wochen. Stand im Jahresabschluss nach Handelsgesetzbuch im Jahr 2015 ein Gewinn von 7,55 Millionen Euro, so gibt GE den Verlust der Lichtenfelser Teilfirma für 2022 mit stolzen 26 Millionen an. Doch auch zu den Herausforderungen gibt es keine Antwort von Unternehmensseite.
„Die Konkurrenz ist stark und GE Additive längst voraus“, weiß Heinz Gärtner aus gut informierten Kreisen. „Am Standort Lichtenfels wird leider auch nicht mehr geforscht und weiterentwickelt, was unter dem Gründer Frank Herzog noch ganz anders war.“ Im Firmengebäude hängt über mehrere Stockwerke ein Patente-Mobile, das von der einstigen Innovationskraft zeuge. Davon scheine nicht mehr viel übrig zu sein, folgert der Gewerkschaftsfunktionär.

Der Sprecher von GE Colibrium Additive entgegnet: „Der Standort Lichtenfels dient unserem Unternehmen als einer unser Hauptstandorte und ist zugleich die zentrale Produktionsstätte sowie ein globales Kompetenzzentrum für die Technologie des Metall-3D-Drucks. In diesem Zentrum widmet sich unser Team kontinuierlich der Entwicklung innovativer Materialien sowie der Verbesserung der eingesetzten Lasertechnologien für den 3D-Druck.“
Heinz Gärtner legt nach: „In der Belegschaft ist die Unzufriedenheit groß, dementsprechend hoch ist die Fluktuation.“ Und: „Mitarbeiter, die von andere Unternehmen zu GE Colibrium Additive wechselten, sind schon wieder abgesprungen.“ Der DGB-Kreisvorsitzende bedauert, dass es nur einen „ohnmächtigen Betriebsrat“ gebe und nur einen „Pseudo-Tarifvertrag“: „Es ist nicht die IG Metall, deren Tarif mit dem Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie hier Anwendung findet, sondern der der christlichen Gewerkschaft.“

Mit der Folge, dass die Belegschaft ein Drittel weniger verdiene als nach IG-Metall-Tarif. Einher gehe weniger Urlaub. „Leider orientieren sich einige Firmen der Region am Tarif dieser pseudochristlichen Schein-Gewerkschaft.“ Sowieso: „Wer sich gewerkschaftlich engagiert, muss bei GE Colibrium Additive – einstmals Concept Laser – damit rechnen, bald auf der Kündigungsliste zu stehen.“
Auf Anfrage nach Mitarbeiterzahlen, Tariflöhne oder Herausforderungen schreibt der Sprecher Colibrium Additive: „Trotz der Möglichkeit, unser Gebäude mit bis zu 700 Mitarbeitenden zu besetzen, haben wir bislang keine Pläne verkündet, diese Kapazität vollständig auszunutzen. Unsere Personal-Programme und insbesondere die angebotenen Lohnnebenleistungen für die Belegschaft zeichnen sich durch eine breite Vielfalt aus und stehen im Einklang mit dem aktuellen Marktstandard.“
Gärtner warnt: „Wenn GE allzu lange schlechte Zahlen schreibt, werden schnell große Teile der Belegschaft entlassen.“ Das sei beispielsweise in Mannheim und München passiert. „Deshalb wäre es eine gute Sache, würde sich ein Mieter für die angebotenen Verwaltungsbereiche oder Produktionsflächen finden. Doch das ist in Zeiten wie diesen durchaus schwer.“