Auch im vergangenen Jahr 2022 standen gewaltsame Übergriffe auf Polizistinnen und Polizisten im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Dienstes an der Tagesordnung, heißt es in einer Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Oberfranken. Solche Taten werden seit einigen Jahren statistisch erfasst und im jeweiligen Folgejahr ausgewertet und bekannt gegeben.
Innenminister Joachim Herrmann und Justizminister Georg Eisenreich veröffentlichten vergangene Woche das so genannte „Lagebild Gewalt gegen Polizeibeamte“ für das Jahr 2022 in Bayern. Das Polizeipräsidium Oberfranken gibt Einblick auf Zahlen und Tendenzen des vergangenen Jahres für den eigenen Zuständigkeitsbereich.
Gleichbleibend, dennoch hoch
Bei Betrachtung aller registrierten Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte könne man zwar für das vergangene Jahr erkennen, dass sich die Gesamtzahl kaum verändert habe, sich jedoch weiter auf einem hohen Niveau befinde. 627 Fälle schlagen für 2022 zu Buche. Im Zehn-Jahres-Vergleich erreichte die Statistik im Corona-Jahr 2020 derweil ein Rekordhoch von 802 Fällen.
Aktuell ist also ein Rückgang für die beiden vergangenen Jahre auf vorpandemische Werte zu erkennen. Gezählt werden unter anderem Körperverletzungsdelikte, Widerstände gegen Maßnahmen, Bedrohungen, Beleidigungen und sonstige tätliche Angriffe.
Während bei den Körperverletzungsdelikten mit einfacher körperlicher Gewalt ein Rückgang feststellbar ist, nahmen hingegen die Fälle von gefährlicher Körperverletzung, also mittels Waffen oder durch besonders gefährliche Begehungsweisen, deutlich um 46 Prozent zu. Auch zwei versuchte Tötungsdelikte kamen im vergangen Jahr vor.
Der Anteil der durch die Ermittler aufgeklärten Fälle liegt bei 98,7 Prozent.
Meist im öffentlichen Raum
Am häufigsten äußere sich Gewalt gegen Polizeibeamte weiterhin naturgemäß im öffentlichen Raum, dort wo die Konfrontation mit Straftätern am meisten vorkomme. Aber auch im privaten, also häuslichen Bereich, sei der Bürger nach gezeigtem Fehlverhalten oft nicht einverstanden mit den polizeilichen Maßnahmen, wie zum Beispiel Festnahmen, Identitätsfeststellungen und Durchsuchungen, schreibt die Pressestelle. Alkohol und andere Rauschmittel wirkten hier nicht selten enthemmend für Täter, einen Polizisten zu beleidigen oder gar körperlich anzugreifen. Genauer gesagt in über der Hälfte aller Fälle.
Männlich, erwachsen, bewaffnet
Weiterhin gebe es keine sonderlichen Veränderungen in der Zusammensetzung der Tatverdächtigen. In über 80 Prozent der Fälle habe es sich um einen männlichen Deutschen im Erwachsenenalter gehandelt. Wie bereits erwähnt, bediene sich der Angreifer hier gerne eines Hilfsmittels. Eingesetzt würden Hieb- und Stichwaffen, Reizgas, Wurfgegenstände, Brandmittel und Pyrotechnik. In wenigen Fällen sei sogar eine Schusswaffe mitgeführt oder eingesetzt worden. Sechsmal habe man sich eines Kraftfahrzeugs als „Waffe“ bedient.
Deeskalation großgeschrieben
Deeskalierendes Verhalten der Beamten im Zusammenhang mit ihren Einsätzen stehe immer im Vordergrund, betont das Polizeipräsidium. Die Vorbereitung auf schwierige Situationen im Dienst gehöre seit langem zur Aus- und Fortbildung bei der Polizei in Bayern und Oberfranken.
Dass dieses Verhalten beim Gegenüber nicht immer die gewünschte Wirkung erziele, zeigten die hohen Zahlen von Straftaten gegen die Gesetzeshüter bei der Durchsetzung ihrer Maßnahmen.
Seit einigen Jahren stelle die Polizei ihren Bediensteten nun die „Body-Cam“ zur Begleitung auf Streife zur Verfügung. Sie werde an der Uniform, für jedermann gut sichtbar, getragen und könne im Bedarfsfall per einfachem Knopfdruck eingeschaltet werden. Das Videomaterial stehe so im Nachgang als Beweismittel für Angriffe durch Tatverdächtige zur Verfügung.
Aber auch vorbeugenden Charakter habe dieses Einsatzmittel. Allein die Ankündigung durch den Träger der Kamera, sie einzuschalten, möge so manchen Angreifer von seinem Vorhaben abhalten. Mitunter auch schon das Erkennen des in Signalfarben gehaltenen Kameragehäuses. Messbar seien solch präventive Effekte zwar nicht, vermutlich jedoch vorhanden.
Und in Zukunft?
Erfreulicherweise seien die Zahlen nach dem Corona-Hoch im Jahr 2020 wieder auf vorpandemisches Niveau gesunken und seither gleichbleibend. Eine Prognose für die folgenden Jahre und mittlere Zukunft bleibe jedoch schwierig und sei von vielen Faktoren, wie beispielsweise der demografischen Entwicklung, Entstehung und Entwicklung alter und neuer Kriminalitätsbereiche und diversen sozialen Faktoren abhängig.
Die oberfränkische Polizei werde in jedem Falle stets bemüht sein, die Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte möglichst gering zu halten, im besten Fall zu senken. (red)