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TRIEB: Gitty Bauersfeld lässt die Nähmaschine surren

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Gitty Bauersfeld lässt die Nähmaschine surren

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    Gitty Bauersfeld inmitten ihrer etwa 150 selbstgenähten Teile aus Altkleidern.
    Gitty Bauersfeld inmitten ihrer etwa 150 selbstgenähten Teile aus Altkleidern. Foto: Karin Sträßner

    Bei herrlichem Sonnenschein brummt der Motor. Doch das Geräusch verursacht nicht etwa ein Porsche, sondern eine Industrienähmaschine. Gitty Bauersfeld aus Trieb ist eigentlich seit 25 Jahren Berufsmusikerin. Manch einer kennt sie wahrscheinlich vom Duo „Gitty und Rainer“. Sie singt Countrylieder, Oldies, Pop, Rock und Straßenschlager wie etwa „Anita“ oder „Ein Bett im Kornfeld“. Doch die Corona-Pandemie hat ihr einen Strich durch die die Rechnung gemacht.

    Der letzte Auftritt fand im August 2020 statt

    Kunterbunt sind die Kreationen von der 55-Jährigen.
    Kunterbunt sind die Kreationen von der 55-Jährigen. Foto: Karin Sträßner

    Ihren letzten Auftritt hatte sie im August 2020. Normalerweise wird sie pro Jahr für etwa 120 Auftritte gebucht, in 2020 jedoch nur für vier. Deshalb hat Gitty Bauersfeld aus der Not eine Tugend gemacht und sich an ihre Nähkünste erinnert.

    Da sie jetzt viel Zeit hat, hat sie ihr ehemaliges Hobby wieder verstärkt aufgenommen.

    Doch sie näht nicht einfach irgendetwas: Die Sängerin näht ihre Stücke aus Altkleidern. Aus alten Jeans, Herrenhemden, Blusen, Vorhängen oder auch dem abgetragenen Anzug vom Schützenverein werden dann neue, bunte Kreationen genäht.

    Die Industrienähmaschine von Gitty Bauersfeld brummt wie ein Porsche.
    Die Industrienähmaschine von Gitty Bauersfeld brummt wie ein Porsche. Foto: Karin Sträßner

    Die Trieberin kauft keinerlei Stoffe zu, sondern fertigt ihre Teile zu 100 Prozent aus Altkleidern an. Selbst Knöpfe und Garn muss sie nicht kaufen. Sie erhält sämtliche Altkleider von Freunden und Bekannten. Vor ein paar Jahren hat Gitty Bauersfeld während ihrer Auftritte in Schwabthal und Modschiedel Material erhalten: „Da kamen die älteren Damen vorbeigetanzt und hatten ein Tütchen mit Altkleidern, nicht benötigtem Garn und Knöpfen dabei. Das haben sie mir dann in die Hand gedrückt.“

    Auch Sachen vom Schrott werden wiederverwertet

    Beim Upcycling verwendet die kreative 55-Jährige jedoch nicht nur Stoff, sondern auch Airbags vom Schrottplatz oder gebrauchte Fahrradschläuche. Upcycling ist eine Form der Wiederverwertung von Stoffen (Recycling). Scheinbar nutzlose Abfallprodukte werden in neuwertige Stoffe umgewandelt. Anders als beim Recycling oder Downcycling kommt es beim Upcycling zu einer stofflichen Aufwertung.

    Anregungen gibt es im Internet

    Eine Jeanstasche, genäht aus Altkleidern.
    Eine Jeanstasche, genäht aus Altkleidern. Foto: Karin Sträßner

    „Es ist unglaublich, was die Menschen alles wegschmeißen,“ findet die Hobbyschneiderin. Darum hat sie auch erstaunliche Vorräte angesammelt. Zunächst wäscht Gitty Bauersfeld die Altkleider. Falls jemand ihrer Bekannten ein Stück noch als Secondhandware attraktiv findet, gibt sie es gern mit, da dann immer noch genug übrig bleibt. Anschließend trennt sie sämtliche Nähte von Hand auf. Das ist zuweilen gerade bei Jeans eine staubige Angelegenheit. Und dann lässt sie ihrer Fantasie freien Lauf.

    Anregungen und Schnittmuster holt sie sich aus dem Internet und in Facebook-Nähgruppen. Und beim Nähen wachsen die nächsten Ideen. „Das Hirn rennt von allein,“ beschreibt Gitty Bauersfeld begeistert. Selbst beim Fernsehen am Abend kann sie nie vollkommen untätig bleiben. Da wird hier noch was von Hand aufgestickt oder dort ein Knopf angenäht. So hat sie eine stattliche Anzahl von Handtaschen, Umhängetaschen, Kissen und Puppen zusammengebracht. Diese Kreationen näht sie am liebsten. Etwa 150 Stücke hat sie bisher angefertigt.

    Vom Schrottplatz zur Nähmaschine: Selbst aus Airbags entstehen bei der Hobbyschneiderin neue Kreationen.
    Vom Schrottplatz zur Nähmaschine: Selbst aus Airbags entstehen bei der Hobbyschneiderin neue Kreationen. Foto: Karin Sträßner

    Eine Änderungsschneiderei will sie nicht betreiben, da sie damit ihre Kreativität nicht ausleben könne. Damit Gitty Bauersfeld ihrem Hobby frönen kann, hat sie sich ein Musik-/Nähzimmer eingerichtet. Dort stehen eine Industrienähmaschine, eine Stickmaschine, eine Haushaltsnähmaschine und eine Overlock-Nähmaschine. Eine Overlock-Nähmaschine (kurz: Overlock) dient dazu, Stoff in einem Arbeitsgang mit einem Overlockstich zusammenzunähen, zu versäubern und präzise abzuschneiden. Früher wurde die Overlock hauptsächlich in der Industrie benutzt. Mittlerweile wird sie auch in vielen Privathaushalten verwendet.

    Täglich drei Stunden im Arbeitszimmer

    Täglich verbringt die Trieberin etwa drei Stunden in ihrem Arbeitszimmer. Auf der Internetseite www.etsy.com oder bei Facebook unter „Upcycling Fadenqueen“ kann man sich ihre Erzeugnisse ansehen. Viele Interessenten finden den Weg zu ihr durch Mund-zu-Mund-Propaganda.

    Die Countrysängerin Gitty Bauersfeld aus Trieb mit ihren Lieblingsstücken.
    Die Countrysängerin Gitty Bauersfeld aus Trieb mit ihren Lieblingsstücken. Foto: Karin Sträßner

    Auf die Idee mit dem Nähen kam sie bereits in frühester Jugend. Da wurde ein schicker Rock genäht und dann abends in der Disco bereits stolz getragen. Gitty Bauersfelds Oma war gelernte Schneiderin und hat die Jugendliche in ihrem Eifer unterstützt.

    Auf Omas „Fußtrampelmaschine“ entstanden die ersten handgefertigten Stücke. Später wurden dann Änderungen genäht oder Westernklamotten und Lederkostüme. Durch ihre Schwester kam die 55-Jährige auf die Idee mit dem Upcycling und kann nun nicht mehr aufhören.

    Durchweg positive Reaktionen

    „Die Reaktionen von Freunden, Bekannten und Familie sind durchweg positiv“, sagt sie und erklärt: „Gerade junge Menschen sind von dieser Idee begeistert.“ In der momentanen Situation hat sie schon manchmal einen Durchhänger, doch ihre Familie und gerade die Enkel geben ihr Kraft: „Und am Ende siegt immer die Leidenschaft zum Nähen!“ Auch ihr Partner habe sie immer machen lassen und sie unterstützt.

    Gitty Bauerfeld wünscht sich, dass ihre Nähsachen den Leuten gefallen. Sehr schön fände sie ein Schaufenster, indem sie ihre bunten Produkte ausstellen könnte. „Frei im Kopf bleiben und unabhängig sein“, wünscht sie für die Zukunft. „Wichtig ist, dass man gesund bleibt, und dass wir eine gute Zeit nach Corona wiederbekommen und wieder Musikauftritte stattfinden können. Vielleicht brummt dann auch der Industrienähmaschinen-Porsche noch öfter.“

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