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MICHELAU: Günter Dippold über die Christianisierung in Franken

MICHELAU

Günter Dippold über die Christianisierung in Franken

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    Den Verlauf der Christianisierung in Franken und die Einführung der Reformation am Obermain erläuterte Professor Günter Dippold im Martin-Luther-Haus in Michelau. Interessiert verfolgte das Publikum seine profunden Ausführungen
    Den Verlauf der Christianisierung in Franken und die Einführung der Reformation am Obermain erläuterte Professor Günter Dippold im Martin-Luther-Haus in Michelau. Interessiert verfolgte das Publikum seine profunden Ausführungen Foto: Joachim Wegner

    Das heutige Franken wurde schon sehr früh von den ersten Christen besiedelt. Nachdem das Christentum unter Kaiser Konstantin im Jahr 324 nach Christus als Religion anerkannt worden war, breitete es sich im Römischen Reich schnell auch nach Norden bis zum Limes, der auch durch Franken führte, aus. Bei seinem Vortrag zum Thema „Christianisierung und Reformation in Franken“ im evangelischen Gemeindehaus in Michelau lenkte Bezirksheimatpfleger Professor Günter Dippold den Blick immer wieder auf die Besonderheiten der Region am Obermain.

    Nach seinen Recherchen sind schon im 8. Jahrhundert, also zur Zeit Karls des Großen, der sein Karolingerreich bis zur Regnitz ausgedehnt hatte, frühe christliche Gemeinden zu finden. Östlich davon befand sich das Siedlungsgebiet der Slawen. Ortsnamen wie etwa Schwürbitz, Mitwitz und Moggast zeugen von Slawenbesiedlung. In Altenbanz wurden die Reste einer Kirche mit ansehnlichen Ausmaßen gefunden; ebenso wurde in Altenkunstadt ein Gotteshaus in ein bestehendes Gräberfeld hineingebaut.

    Auch im Modschiedel und Isling fanden sich Kirchen, die Johannes dem Täufer gewidmet waren. Dies zeigt nach den Worten von Günter Dippold, dass es schon im 8 Jahrhundert am Obermain eine beachtliche Christengemeinde gegeben haben muss. Sie gehörte damals zum Bistum Würzburg, das wesentliche Gebiete abtreten musste, als Kaiser Heinrich II. das Bamberger Bistum gründete.

    Das Ziel war die Christianisierung der Heiden

    Die Gründung des Bistums Bamberg im Jahr 1007 durch Heinrich und Kunigunde hatte hauptsächlich das Ziel, die Heiden zu Christen zu bekehren. Noch im 11. Jahrhundert konnte die Christianisierung Franken weitgehend vollendet werden. Nach der Verdichtung der geistlichen Infrastruktur bildete der Main weitgehend die Grenze zwischen den Bistümern Bamberg und Würzburg. Neue Gemeinden wurden gegründet und finanzierten sich durch Pfarrfründestiftungen. Da die Stifter unterschiedlich gut betucht waren, gab es große Unterschiede zwischen den Pfarreien.

    Während die Pfarrfründestiftung Marktzeuln 40 Gulden und zwei bis drei Hektoliter Wein pro Jahr abwarf, konnte sich der Altenbanzer Pfarrer über 1.400 Gulden und 130 Hektoliter Wein freuen. Somit war Altenbanz eine der reichsten Pfarreien im Bistum Würzburg. Nach den Worten von Dippold fühlten sich die Stifter sowohl für das weltliche als auch für das geistliche Wohlergehen ihrer Untertanen verantwortlich. Andererseits behielten sich die Stifter auch das Patronat vor. Damit sicherten sie sich das Recht zu bestimmen, wer die Pfarrstelle übernehmen durfte. Kirchenpatronate gibt es bis in unsere Zeit, auch in evangelischen Gemeinden. Der Historiker wies seine Zuhörer darauf hin, dass die Reformation in Franken von der politisch-kirchlichen Situation, den kleinräumigen Herrschaftsstrukturen und vom Geist des Humanismus beflügelt wurde. Und ebenso von einem ausgeprägten geistlichen Leben auf Seiten der Bevölkerung. Zu jener Zeit beschäftigte die Bevölkerung das Leben nach dem Tod und die Angst vor ewiger Verdammnis, vor Fegefeuer und Hölle.

    Möglichst kurz im Fegefeuer schmoren

    Nach Augustinus gibt es drei Gruppen von Menschen: Diejenigen, die nach dem Tod direkt in den Himmel aufsteigen, diejenigen, die sofort in die Hölle kommen und schließlich die große Gruppe derjenigen, die dazwischenliegen und erst durch das Fegefeuer von ihren Sünden geläutert werden müssen. Da das Fegefeuer nach katholischer Sicht zeitlich beschränkt ist, war es das Bestreben der Menschen, diese Zeit möglichst kurz zu halten. Zwar bekamen die Menschen in der Beichte die Lossprechung für ihre Sünden, doch die Sündenstrafe für begangene Sünden haftete immer noch an ihnen „wie Schmutz an der Kleidung“. Mit solchen schmutzigen Kleidern musste man in Fegefeuer Abbitte tun, bis man von diesem Schmutz befreit war. Und hier kommt der Ablass ins Spiel.

    Das Geschäft mit den Ablässen

    Um die Zeit im Fegefeuer zu verkürzen, konnte man die Strafen abarbeiten. Und die Kirche wies den Weg dazu: Durch gute Werke, durch Reliquienbetrachtung oder einem Blick auf die konsekrierte Hostie, Gebete und Wallfahrten und insbesondere den Besuch bestimmter Gottesdienste. Dies hatte in bestimmten Kirchen, in denen der Ablass gewährt wurde und dementsprechend viele Messen gehalten wurden, eine Priesterschwemme zur Folge. Da die Priester auch bezahlt werden mussten, wurde der Ablass im Laufe der Zeit zu einer Dienstleistung. Dies wiederum brachte Landesherren wie den Mainzer Erzbischof Albrecht dazu, den Peterspfennig für den Bau des Petersdoms in Rom zu propagieren, nicht ohne für sich einen Teil des Geldes als Kommission abzuziehen. Der Dominikanermönch Johann Tetzel war dabei ein williger Helfer. Hinzu kamen Stiftungen, die den Kirchen übertragen wurden. Reiche Menschen statteten Kirchen mit prächtigen Altären und Kunstwerken aus. Dies alles, um etwas für ihr Seelenheil zu tun.

    In den Klöstern herrschte der Luxus

    Und so war es auch kein Wunder, dass zu jener Zeit die Wallfahrtsstätten aus dem Boden schossen. Im heutigen Vierzehnheiligen erschien das Gotteskind einem Hirten zunächst allein, später umringt von 14 jugendlichen Nothelfern. Damals waren die Menschen einerseits fast wundersüchtig, sammelten Reliquien, begaben sich auf Pilgerschaft, kauften Ablässe und feierten Messen. Andererseits empfanden Bauern und Landbürger, aber auch mittellose Adelige eine wachsende Ungerechtigkeit. Weil Kirchen von Steuern befreit waren, Kleriker sich nicht vor einem weltlichen Gericht verantworten mussten, Klöster im Luxus lebten und in den Städten das Sozialwesen darnieder ging.

    Spottlieder im Gottesdienst gesungen

    Kein Wunder, dass die Einführung der Reformation mit dem Bauernkrieg einherging. Luther selbst soll überrascht gewesen sei, welch ein Erdbeben seine 95 Thesen angestoßen hatten, die eigentlich nur in Theologenkreisen hätten disputiert werden sollen. Als Folge schwand die Spendentätigkeit. In der Pfarrei Wiesen, einem armen Fischerdorf am Obermain, blieb der Opferstock plötzlich leer. Dies ist gut dokumentiert. Und selbst im katholischen Bamberg singt man jetzt Spottlieder im Gottesdienst. Das Inventar im Kloster Banz wurde ausgeräumt und nach Staffelstein geschafft, Vierzehnheiligen in Brand gesteckt, die Adelgundiskapelle angezündet. Auch Kloster Langheim war von Raubzügen betroffen.

    Entweder wieder katholisch werden oder auswandern

    In dieser Übergangszeit wurden lutherische Gottesdienst im Bereich des Hochstifts Bamberg geduldet. Es sollte das Wort Gottes „wahr, klar und lauter“ gepredigt werden. Da Jesus allein als Vermittler angesehen wird, kann man nun auf Heiligenverehrung verzichten. Dies setzte sich fort, bis die Gegenreformation einsetzte. Im Bistum Würzburg exponiert sich Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn. Er vertreibt die Protestanten aus seinem Machtbereich und setzt die Rekatholifizierung durch. Neidhard von Thüngen tut es ihm im Bistum Bamberg gleich. Er stellte die Untertanen vor die Wahl, entweder wieder katholisch zu werden oder auszuwandern.

    Von den drei Pfarreien Marktzeuln, Marktgraitz und Michelau konnte sich nur Michelau als evangelischer Ort behaupten. Und dies nur, weil sich die Einwohner weitgehend abschotteten und sich widerspenstig gegenüber Bamberg zeigten. „Mir ist kein anderer Ort in Franken bekannt, dem dieser Widerstand gegen jeden Versuch der Gegenreform gelungen ist“, betonte Professor Dippold. „Die Menschen in Michelau haben über lange Zeit ihren Kopf behalten, und das ging sogar so weit, dass die katholischen Lehrer ab 1708 die Kinder nach dem evangelischen Katechismus unterrichten mussten.“

    Einen Bildersturm, wie im Bereich der ungeliebten Täufer und der Calvinisten, findet in Franken nur selten oder gar nicht statt. Auch in Nürnberg, wo die Reformation im Jahr 1525 eingeführt wurde, waren die Stifter, zumeist Patrizier, darauf bedacht, dass die gestifteten Altäre, Glasfenster, Statuen und Gemälde erhalten blieben. Nicht zuletzt deswegen, weil so manche Heiligenfigur die Gesichtszüge der Stifter trug.

    Die bewahrende Kraft des Protestantismus

    So gesehen könne man durchaus von der bewahrenden Kraft des Protestantismus sprechen, betonte Professor Günter Dippold. Erst später sind dann nach und nach die Beichtstühle aus den Kirchen verschwunden, wie überhaupt die persönliche Beichte erst in der Zeit der Aufklärung verschwand. Erst im 19. Jahrhundert wird der Talar in Gottesdiensten vorgeschrieben. Zuvor hatten auch die evangelischen Geistlichen vielerorts das Chorhemd getragen. Im Innern der Kirchen haben sich die Unterschiede nur sehr zögerlich bemerkbar gemacht. An die Stelle der katholischen Tabernakel als Aufbewahrungsort der konsekrierten Hostien ist oft die Kanzel getreten.

    Und so spiegelt sich in manchen Kirchen Stolz und Reichtum der Gemeinde. Beispielsweise im Lahm im Itzgrund, wo sich über dem Kanzelaltar noch die Orgel präsentiert. Kanzelaltäre wie zum Beispiel in Michelau und den Markgrafenkirchen sind nach den Worten von Professor Dippold in katholischen Kirchen nicht denkbar, weil der Pfarrer sonst über dem Tabernakel stünde.

    Mit reichem Applaus wurde der Bezirksheimatpfleger für seine informativen wie lebhaften Ausführungen bedacht. Für die Evangelische Erwachsenenbildung dankte Joachim Wegner dem Referenten für den weiten Bogen, den er in diesem Vortrag geschlagen hatte.

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