Die gute Nachricht vorneweg: Die alte Linde vor dem ehemaligen Reitstall darf stehen bleiben. „Wir müssen Rücksicht nehmen auf Käfer und Fledermäuse“, erklärt Jutta Rauter, die hier die Baubegleitung übernommen hat. Sie steht auf dem schlammigen Boden zwischen den teils eingerüsteten Gebäuden des Guts Kutzenberg, vor sich ein paar große Mulden, Bauzäune, einen Kran.
2018 hat der Bezirk das Anwesen dem Fränkischen Theatersommer geschenkt. Nach einer langen Planungsphase baut die Landesbühne Oberfranken es nun zu einem barrierearmen Theaterzentrum samt Verwaltungsräumen, Bistro, Kostümfundus, Werkstätten und Probebühnen um.
Denkmalschutz und Ökologie
Und da ist nicht nur der Denkmalschutz zu beachten. Auch die Untere Naturschutzbehörde schaut genau hin, erzählt Rauter. Weil sie sich sicher ist, dass in der Linde Eremiten wohnen, darf der Baum nicht gefällt werden. Der seltene Juchtenkäfer hat Vorrang. Da gebe es dann klare Ansagen, sagt die Baubegleiterin. Gleichwohl findet sie: „Das ist ein schönes Miteinander.“ Und lobt auch den Architekten: Er sei denkmalerfahren und habe ein Herz für Umwelt und Ökologie. Das sei Gold wert.

Zumal es sich bei der Baustelle um kein einfaches Projekt handelt. Rauter weiß jetzt schon genau, wie viel es kosten wird: 6,3 Millionen Euro. Das sei die Summe, die der Theatersommer dank Zuschüssen von verschiedenen Fördergebern zur Verfügung hat, mehr gibt es nicht. Die Bauleiterin lächelt, aber sie sagt es nur halb im Scherz: „Wir suchen noch einen reichen Sponsor.“
Baukosten stark gestiegen
Denn die Baukosten sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Wenn auf der anderen Seite aber nicht mehr Geld zur Verfügung steht, dann kann das für den Bauherrn nur eins bedeuten: „Überall, wo es geht, werden Sparmaßnahmen umgesetzt.“ Auch, wenn's weh tut.

Es werde zwar alles getan, um die Gebäude zu erhalten, alle Schäden würden beseitigt. Die Baubegleiterin weist hinauf zum Dach, das gerade neu eingedeckt wird. Aber ein Teil des Hauptgebäudes werde nun innen nicht umgebaut, auf Übernachtungszimmer und eine Hausmeisterwohnung werde verzichtet, die Garagen nicht erneuert.
Auch neue Parkplätze hätte der Theatersommer gern angelegt. Nun sollen aus alten Silos 22 Stellplätze entstehen.
Das Bistro werde nur sehr rudimentär gestaltet. Ein neuer Fußboden sei geplant, mehr noch nicht. Die Fenster könnten nicht ausgetauscht werden. „Das ist schade, für mich ist das der schönste Raum.“ Jutta Rauter seufzt. „Das Leben ist halt kein Zirkuspferd.“
Unangenehme Überraschungen
Überdies hielt das Anwesen einige unangenehme Überraschungen bereit. „Das Gut war nicht erschlossen“, erklärt die Baubegleiterin. „Damit hatten wir nicht gerechnet.“ Die Leitungen würden nun verlegt, aber die Neuplanung und die zusätzlichen Arbeiten gingen natürlich ins Geld.
Ebenso wie die Stabilisierung besagter Linde und Maßnahmen gegen Grund- und Hangwasser, mit dem die Bauherren am alten Reitstall zu kämpfen hatten.
Zumindest konnte das Wasser gleich genutzt werden: für den Dampfstrahler, mit dem die Bauarbeiter die Wände des Fachwerkbaus gereinigt haben. Jutta Rauter ist ganz begeistert von dieser Vorgehensweise: „Das sind super Firmen. Wir haben da bisher echt Glück gehabt.“
Nachhaltigkeit auf der Baustelle
Nachhaltigkeit werde auch sonst groß geschrieben auf der Baustelle. Was wiederverwendet werden kann, werde auch wiederverwendet. Gerade wird die Gestaltung des Innenhofs geplant. Das abschüssige Gelände vor dem Pferdestall soll mit Hilfe von Sitzstufen terrassiert werden. Dafür werde Sandstein von der Baustelle genutzt, erklärt Rauter.

Inzwischen wurde der Keller des Stallgebäudes ausgegraben, um ihn zu isolieren. Ein kleiner Bagger steht in dem Raum zwischen den Pfeilern aus Ziegelsteinen, die die Decke tragen. Hier entsteht ein Foyer mit Garderobe, Toiletten und einem eigenen Zugang vom Parkplatz aus. Über eine Treppe sollen die Gäste von hier aus nach oben ins zweite Foyer gelangen. In dem Fachwerkbau sind unten ein Figurentheater und oben das Kammerspiel vorgesehen.
Leuchttumprojekt
Trotz aller Widrigkeiten ist Jutta Rauter überzeugt, dass hier im Gut Kutzenberg etwas Großartiges entsteht, ein Leuchtturmprojekt für den Landkreis: „Lichtenfels hat ja kein Theater und schon gar keine Landesbühne.“
Der Fränkische Theatersommer wird seinen Sitz von Hollfeld hierher verlagern. Deshalb kann auch nicht auf die Verwaltungsräume im Hauptgebäude verzichtet werden – die werden auf jeden Fall hergerichtet. Ende April 2027 soll alles fertig sein; bisher sind die Arbeiten im Zeitplan.
Theater wird während des Baustellenbetriebs übrigens auch gespielt. Das ist für die Bauleiterin gar keine Frage. Sie verweist auf die Remise und die Wiese dahinter, die ohne Probleme genutzt werden könnten. Der Zugang dorthin, zu Toiletten und Parkplätzen ist trotz der ganzen Bauzäune frei. „Unsere Gäste sind sicher auch neugierig“, vermutet Rauter. Sie überlegt, vor den Vorstellungen Baustellenführungen anzubieten.
„Das Leben ist halt kein Zirkuspferd.“
Jutta Rauter, Baubegleitung
Dabei wird es ihr bestimmt gelingen, ihre eigene Begeisterung aufs Publikum überspringen zu lassen. „Mein Herz schlägt für das Theater. Was gibt's dann Schöneres, als dabei zu sein, wenn etwas Neues entsteht?“, fragt Jutta Rauter, die bisher für den Theatersommer das künstlerische Betriebsbüro geleitet hat. Die Baubegleitung sieht sie als neue Herausforderung, der sie sich voller Freude stellt. „Theater hat ja auch viel mit Fantasie zu tun. Das hier ist die Realität.“ Und die mache Spaß, meistens jedenfalls. Denn schränkt die Bauleiterin ein: „Das Sparen-Müssen ist nicht vergnüglich.“