Lichtenfels Markus Häggberg beschäftigt sich in seiner dreimal wöchentlich erscheinenden Kolumne augenzwinkernd mit Alltagssituationen. Sein Tagebuch, immer am Mann, quillt förmlich über von lustigen Begebenheiten. Diesem Mann entgeht nichts:
Logbuch-Eintrag: Eigentlich ist es ja schön, wenn man für eine wertvolle Dinge wenig Geld zahlen muss. Aber manchmal tut es einem weh, wenn man versteht, dass hinter einem niedrigen Preis wenig Ahnung oder wenig Wertschätzung steht.
So wie neulich auf einem Flohmarkt unserer Gegend, als ein schweres, dickes Buch auf einem Büchertisch lag. Es war vom Rolling Stone Magazin und beherbergte all die berühmten und mitunter prämierten Fotografien großer Stars. David Bowie war dabei. Bob Dylan sowieso. Die Rolling Stones auf einer Wiese und Johnny Cash mit seinem F...-Finger. Ein vor heißen Scheinwerfern schwitzender Otis Redding sang sich um einen Auftritt mehr seinem frühen Tod näher und auf einem Gleis saßen Eric Clapton, Ginger Baker und Jack Bruce einhellig, bunt und als Cream beieinander. Auf einer Seite hielt Pete Townsend im Luftsprung inne und ein paar Seiten weiter tippte Annie Lennox, in einem Zugabteil sitzend, einen Text in so etwas wie den allerersten Laptop, während Dave Stewart sonnenbebrillt an sie gelehnt schlief und ihm dabei eine aufgeschlage Biografie von Edith Piaf in den Händen und auf dem Bauch lag. Bruce Springsteen sah schwarz-weiß-versonnen und James Taylor mit Anflug von Resignation.
Es waren die stillen Momente, welche die Fotografen einst festhielten und die Künstler zu sich zuließen. Und dann sagte ein herangeschlenderter junger Mann mit abschätzigem Blick bei meinem Umblättern all dieser Seiten: „Was sind denn das für Heinis?“
Auf Seite 51 des Buches zum Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau, das neben diesem Foto-Band des Rolling Stone Magazine lag, stand eine dazu irgendwie passende Passage. Es habe wohl mal einen alten italienischen Wanderschausteller gegeben, der jahrzehntelang Stummfilme in psychiatrischen Anstalten zeigte. Eben darum, weil man bemerkt hatte, dass sie eine wesentlich bessere therapeutische Wirkung auf Kranke ausübten als Tonfilme.
„Wir lesen nicht“, sagte die junge Standbetreiberin auf meine Frage, weshalb sie so interessante Bücher verkauft und weggibt. Dann richtete sie sich die Haare, formte aus Zeige- und Mittelfinger ein Victory-Zeichen, machte ein Selfie und postete es in die Welt. Gut, dass dabei eine alte Tiffany-Lampe hinter ihr stand, sie dürfte dem Motiv etwas mehr Klasse verliehen haben.