403 Tage hat das Erzbistum Bamberg auf einen neuen Erzbischof warten müssen. Am vergangenen Samstag war es so weit: Um Punkt 12 Uhr wurde in Bamberg und Rom der Name des neuen Erzbischofs verkündet. Der Neue ist ein Altbekannter: Der bisherige Weihbischof Herwig Gössl wurde von Papst Franziskus zum neuen Erzbischof von Bamberg ernannt.
Die Überraschung über diese Nachrichten war auch am Obermain groß, wie Dekan Lars Rebhan sagt: „Ich war schon etwas überrascht über eine ,Hausberufung‘, weil das mit Blick auf die anderen Bistümer und unsere letzten beiden Erzbischöfe nicht so häufig ist. Doch birgt dies aus meiner Sicht auch Chancen der Kontinuität - Herwig Gössel kennt das Erzbistum und die Menschen und wie wir hier in Bamberg ,ticken‘.“
Rebhan selbst sieht in Gössl einen ruhigen Vermittler und engagierten Verkündiger des Evangeliums:

„Ich habe Herwig Gössel, der mein Vorgänger als Pfarrer von Hannberg und Weisendorf war, immer als besonnen und zugewandt erlebt mit einer authentischen und echten Frömmigkeit. Ich denke, er wird in seiner ruhigen Art die Diözese durch bewegte Zeiten mit so manchen, vielleicht auch gravierenden Veränderungen führen. Die ,heißen Eisen‘ der Kirche wird er wohl mit Bedacht wägen und sich auch fundamentalen Anfragen unserer Zeit nicht versperren.“
1993 Priesterweihe
Herwig Gössl wurde 1967 in München geboren und wuchs in Nürnberg auf. Nach dem Abitur am Melanchthon-Gymnasium und dem Studium der Katholischen Theologie empfing er 1993 im Bamberger Dom die Priesterweihe. Es folgten Stationen als Kaplan in Bayreuth und als Pfarrer in Hannberg und Weisendorf im Dekanat Erlangen. 2007 wurde Gössl zum Subregens des Bamberger Priesterseminars ernannt. Die Zusammenlegung der Priesterausbildung mit dem Bistum Würzburg brachte mit sich, dass Gössl als Subregens im Würzburger Priesterseminar wohnte und dort als Bindeglied nach Bamberg fungierte.
Nach dem altersbedingten Rücktritt des beliebten Weihbischofs Werner Radspieler wurde Herwig Gössl am 24. Januar 2014 zu dessen Nachfolger ernannt. Nur kurze Zeit später wurde Gössl zum Dompropst und Bischofsvikar für die Caritas ernannt. Als Erzbischof Schick am 1. November 2022 überraschend zurücktrat, wählte das Domkapitel Weihbischof Gössl zum Übergangsverwalter der Diözese.
Zur Begrüßung des neuen Erzbischofs läuteten in vielen Kirchengemeinden am Samstagmittag die Glocken. So auch in Vierzehnheiligen, wie Kirchenschweizer Daniel Reitz berichtet: „Über die Ernennung unseres Weihbischofs und Diözesanadministrators Herwig Gössl zum neuen Erzbischof von Bamberg habe ich mich sehr gefreut. Als Zeichen der Verbundenheit haben alle elf Glocken der Basilika Vierzehnheiligen für 30 Minuten geläutet.“
Kein Unbekannter
Im Landkreis Lichtenfels ist Gössl kein Unbekannter: Immer wieder haben ihn Firmungen oder Pfarreibesuche an den Obermain geführt. Erst im vergangenen Sommer hatte Gössl Jugendlichen in Staffelstein und Ebensfeld das Sakrament der Firmung gespendet. Noch vor wenigen Wochen war er im Mutterhaus in Vierzehnheiligen zu Besuch, um mit den Schwestern zwei Professjubiläen zu feiern.

Die Freude über die Ernennung des neuen Erzbischofs ist auch in Vierzehnheiligen groß, wie Pater Maximilian Wagner festhält: „Ich freue mich über die päpstliche Entscheidung, dass unser Weihbischof Herwig Gössl nach über einem Jahr als Diözesanadministrator nun zum neuen Erzbischof von Bamberg ernannt wurde. Er kennt die Situation vor Ort, das gesamte pastorale Personal und die Dinge, die nun dringend angepackt werden müssen.“
Eine besondere Verbindung hat der neue Erzbischof nach Mistelfeld: Der damalige Pfarrer Harald Munser, der 2012 überraschend verstarb, war ein Kurskollege Gössls und wurde mit ihm 1993 zum Priester geweiht. „Herwig Gössl zelebrierte jahrelang den Gottesdienst mit Prozession am Fronleichnamsfest in Mistelfeld“, so die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats, Anke Brehm. „Er wurde immer als freundlicher, offener und gesprächsbereiter Mensch angesehen. Vor allem bei den Vorbereitungsgottesdiensten der Erstkommunikanten im Bamberger Dom sowie bei den Firmgottesdiensten konnte man den zugänglichen und unkomplizierten Umgang mit den Kindern und Jugendlichen erkennen“, so Brehm weiter.
Auch Ute Gagel, Kirchenpflegerin aus Klosterlangheim, erinnert sich gern an die Begegnungen mit Weihbischof Gössl: „Wir mussten unseren Entwurf des neuen Altars im Baureferat des Erzbistums vorstellen. Er hat dieser Kommission vorgestanden, die Meinungen zusammengeholt, jeden gehört und so geschickt gelenkt, dass wir zum Schluss mit unserem Vorschlag den Raum als Sieger verlassen haben.“
Christian Montag, Pfarrer von Weismain, berichtet über die große Erwartung, die er in die Ernennung eines neuen Erzbischofs setzt: „Ich war sehr gespannt auf den Moment und war dann auch erfreut, als unser Weihbischof als Nachfolger genannt wurde. Ihn kenne ich schon seit meiner Ausbildung zum Priester. Die katholische Kirche und auch unser Erzbistum stehen vor großen Aufgaben. Ich hoffe, dass Herwig Gössl die aktuellen Themen und Herausforderungen unserer Zeit zeitnah anpackt und die passenden Wege findet, damit unsere Kirche wieder glaubwürdiger wird und Menschen auch über den Kirchturm hinaus begeistern kann.“
Große Aufgaben
Die Aufgaben, vor denen der neue Erzbischof steht, sind tatsächlich nicht leicht. Auch dem Erzbistum Bamberg stehen große Umbrüche bevor. Die Zahl der Katholiken geht immer weiter zurück, damit verbunden ist auch eine Abnahme des pastoralen Personals. Außerdem steht eine Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Weges im Bistum an, die Erzbischof Schick bewusst seinem Nachfolger überlassen hat. Weiter steht die Ausarbeitung eines neuen Pastoral- und Stellenplans an, sowie die Ernennung von neuen Domkapitularen und Hauptabteilungsleitungen. Auch die Suche nach einem neuen Weihbischof wird nun beginnen.

Hoffnungen für diese Zukunft des Erzbistums formuliert auch der Lichtenfelser Stadtpfarrer Roland Neher: „Ich sehe diese Ernennung positiv, weil damit eine Person der bisherigen Diözesanleitung, die keine große Einarbeitung braucht, für einen möglichst ungebrochenen Fortgang der diözesanen Entwicklung steht. Ich hoffe, dass Bamberg mit ihm eine liberale Diözese bleibt.“

Und Birgit Janson, Pastoralreferentin im Seelsorgebereich Lichtenfels Obermain, äußert als Wunsch für die kommende Zeit: „Ich wünsche mir, dass der neue Erzbischof genauso besonnen und gut überlegt sich den Herausforderungen stellt, die sich in einer ,Nach-Volkskirchlichen-Zeit‘ in Verkündigung und Seelsorge, auch in den Strukturen und Verfasstheit auftun und auch den Mut neue Akzente zu setzen. So, wie Herwig Gössl es als Diözesanadministrator beim Neujahrsempfang in Hof selbst sagte: ,Ein Weiter-So wie bisher darf es nicht mehr geben.‘“