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LICHTENFELS: Klinikum Lichtenfels: „Immer mehr kündigen“

LICHTENFELS

Klinikum Lichtenfels: „Immer mehr kündigen“

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    „Wenn wir nicht mehr pflegen, steht ihr bald im Regen!“: Mittlerweile machen mehr und mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lichtenfelser Klinikums ihre Drohung wahr.
    „Wenn wir nicht mehr pflegen, steht ihr bald im Regen!“: Mittlerweile machen mehr und mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lichtenfelser Klinikums ihre Drohung wahr. Foto: Markus Drossel

    „Die Situation bei uns hat sich massiv verschärft! Immer mehr Mitarbeiter kündigen, was uns vor riesige Probleme stellt“: Klaus Dworschak, der Betriebsratsvorsitzende der Helmut-G.-Walther-Klinikum GmbH, beschreibt im Gespräch mit dieser Redaktion ein düsteres Bild. „Geht es so weiter, steht schon bald die medizinische Versorgung der Region auf dem Spiel.“

    Seit mehr als sechs Monaten läuft die Insolvenz im Bundesland übergreifenden Klinikverbund Regiomed, zu dem die Akutkliniken Coburg, Neustadt/Coburg, Hildburghausen, Sonneberg, Neuhaus am Rennweg, die Rehaklinik Masserberg sowie eine Vielzahl an Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) gehören – und natürlich das Klinikum Lichtenfels nebst MVZ Anästhesie, MVZ Chirurgie, MVZ Gynäkologie und MVZ Innere Medizin, mit insgesamt über 800 Beschäftigten.

    „Geht es so weiter, steht schon bald die medizinische Versorgung der Region auf dem Spiel.“

    Bislang ist keine Entscheidung gefallen, ob und wie die Krankenhäuser aus dem Verbund gelöst werden und dann entweder kommunal oder privat betrieben werden. Hinter den Mitarbeitern liegen also schon jetzt sechs Monate Ungewissheit: eine untragbare Hängepartie.

    Weil die Verunsicherung groß ist

    „Schon vor drei Wochen hatte ich den Ausdruck ,Das ist für uns der Dolchstoß‘ benutzt, jetzt sind wir leider bereits am Kipppunkt angelangt“, warnt Dworschak. „Auf Grund der langen Insolvenzzeit entscheiden sich immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Klinikum Lichtenfels zu verlassen. Die Belegschaft ist massiv verunsichert“ Und sie schaut sich um, wie es bei Insolvenzen anderer Kliniken gelaufen ist.

    So geht der Blick beispielsweise nach Wertheim in Baden-Württemberg. Dort ist auch, wie bei Regiomed, die Kanzlei Eckert Rechtsanwälte als Generalhandlungsbevollmächtigter führend in die Insolvenz der Rotkreuzklinik eingebunden. Oder besser: Sie ist eingebunden gewesen, denn mittlerweile heißt es auf der Homepage des Krankenhauses: „Rotkreuzklinik Wertheim beendet Sanierungsbemühungen“. Die Klinik wird liquidiert, die Transformationspläne durch einen Investor seien zu spät gekommen. Die Schließung ist besiegelt, da im Insolvenzprozess, der seit September 2023 (und damit etwas mehr als acht Monate) lief, „plötzlich“ das Geld ausging.

    Existenzängste breiten sich aus

    „Dieses Negativbeispiel setzt sich vermehrt den Köpfen unserer Belegschaft fest“, weiß Dworschak aus Gesprächen mit Mitarbeitenden. „Zunehmend breiten sich Existenzängste aus.“ Die Sorgen seien groß, dass auch bei der Insolvenz von Regiomed finanzielle Schwierigkeiten auftreten können. „Die Schließung der Rotkreuzklinik Wertheim hat große Auswirkungen auf eine ganze Region in der Gesundheitsversorgung“, unterstreicht Dworschak. In Lichtenfels wäre eine Schließung der Klinik nicht weniger schwerwiegend.

    Die Zeit dränge also, so der Betriebsratsvorsitzende. „Gerade im Bereich der Pflege kündigen immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Dies geschehe oft zum 30. September. Rechnet man Resturlaubstage und Überstunden mit ein, gehen die aber schon weiter eher. „Wenn weiter so viele Mitarbeiter wegbrechen, können wir schon bald unsere Stationen nicht mehr voll belegen.“ In einer Station sei es schon jetzt höchst akut. Mit generellem Blick auf die Klinik sagt er: „Schon Ende August ist es höchstwahrscheinlich so weit, dass wir nicht mehr alle Stationen bedienen können und spätestens da anfangen müssen, Bettenstationen zusammenzulegen.“ Ein Teufelskreis, denn: „Wenn wir keine Leistungen mehr anbieten können, ist das Geld binnen kürzester Zeit weg.“ Nach Informationen dieser Redaktion tagte dieser Woche der Gläubigerausschuss.

    Massiv Mehrarbeit leisten

    Aktuell ist Haupturlaubszeit, was die Situation zusätzlich verschärft. „Die Mitarbeiter sollen und müssen natürlich ihren Urlaub nehmen“, bekräftigt Dworschak. Und sich erholen. Aber: Diejenigen, die bleiben und arbeiten, müssen massiv Mehrarbeit leisten.

    Dabei ist es nicht so, als gebe ich keine Bewerbungen bei der Helmut-G.-Walther-Klinikum Lichtenfels GmbH: „Nein, im Gegenteil. Wir haben einen guten Ruf, die Bewerber loben unser tolles Haus. Aber sie fragen im Bewerbungsgespräch explizit, wie es denn weitergeht.“ Und unterschreiben vorerst keine Arbeitsverträge. „Wir würden uns einen kommunalen Träger wünschen“, macht der Betriebsratsvorsitzende deutlich. Für die Belegschaft hätte das einen klaren Vorteil: die Bezahlung nach Tarif des öffentlichen Diensts. „Außerdem würde bei einem kommunalen Träger hat das erwirtschaftete Geld nicht als Dividende an Aktionäre ausbezahlt werden“, so Dworschak.

    Klaus Dworschak, der Betriebsratsvorsitzende der Helmut-G.-Walther-Klinikum Lichtenfels GmbH.
    Klaus Dworschak, der Betriebsratsvorsitzende der Helmut-G.-Walther-Klinikum Lichtenfels GmbH. Foto: Markus Drossel

    „Dieses ganze Horrorszenario hätte bei uns am Klinikum Lichtenfels erst gar nicht entstehen müssen“, ist sich Dworschak sicher. „Wir haben seit Januar hervorragende Zahlen. Unter den aktuellen Bedingungen könnten wir unter kommunaler Trägerschaft durchaus unser eigenes Klinikum betreiben. Eine ,schwarze Null‘ wäre durchaus erreichbar.“ Doch die ganze Unsicherheit und die steigende Zahl an Kündigungen hinterlasse nun auch deutliche Spuren in der Leistungsbilanz: „Der Juni war schon nicht mehr so toll, wir merken die Tendenz ganz deutlich.“

    „Zeitnah Beschluss herbeiführen“

    Kreistag und Stadtrat Coburg, so die Forderung des Lichtenfelser Betriebsratsvorsitzenden, müssten sich endlich entscheiden – und „zeitnah einen Beschluss herbeiführen für den Betrieb ihres Krankenhauses unter kommunaler Trägerschaft. Nur so kommen wir in Lichtenfels aus dieser Zwickmühle heraus, in Richtung kommunaler Trägerschaft des Klinikums Lichtenfels.“ Nur so ließen sich die drohenden drastischen Einschnitte in der Gesundheitsversorgung der Lichtenfelser Bürger verhindern. „Das Zeitfenster wird zunehmend kleiner! Wir können nicht mehr warten, sonst geht binnen kürzester Zeit alles den Bach hinunter.“

    Wird das Klinikum Lichtenfels künftig von einem kommunalen oder einen privaten Träger geführt?
    Wird das Klinikum Lichtenfels künftig von einem kommunalen oder einen privaten Träger geführt? Foto: Markus Drossel

    Neben dem Landkreis Lichtenfels als potenzieller kommunaler Träger und dem Verbund Sana Kliniken mit Hauptsitz in München ist nach Informationen dieser Redaktion auch die Rhön-Klinikum AG mit Hauptsitz in Bad Neustadt an der Saale wieder sehr aktiv in den Bieterprozess eingestiegen. Die private börsennotierte Betreibergesellschaft von Krankenhäusern, Kliniken und Medizinischen Versorgungszentren war zur Zeit der Insolvenzeröffnung von Regiomed selbst in Schwierigkeiten, hat sich aber seither neu sortiert und großes Interesse. Doch würde ein privater Investor auf maximale Rendite setzen? „Wir wissen es nicht“, sagt Klaus Dworschak.

    Ein kürzlich veröffentlichtes Interview mit Sana-Chef Thomas Lemke brachte da auch wenig Klarheit, warf eher noch mehr Fragen auf, sprach er doch davon, dass in seinen Plänen Lichtenfels sicher in spezialisierter Form erhalten bleibe. Dann mit Schwerpunktversorger Klinikum Coburg? Es bleibt vage. „Wir Betriebsräte aus Lichtenfels werden nichts unversucht lassen, unser schönes und fast noch neues Klinikum vor dem Ausverkauf zu retten!“

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