Der Bayerische Bauernverband Kreis Lichtenfels mit seinem Geschäftsführer Gabriel Lieb hat erneut zum Stallgespräch in Reundorf eingeladen. Parallel fand eine gleichartige Veranstaltung in Forchheim statt, also an zwei Orten in Oberfranken. Dabei sind nicht nur ganz Oberfranken, sondern auch alle anderen Regierungsbezirke von Bayern betroffen: Es ging um das neue Verbot aus Berlin, genau gesagt, um das Verbot der Anbindehaltung im neuen Tierschutzgesetz.
Kühe an Ketten im Stall?
Geht es nach der neuen Bundesregierung soll dieses Bild in fünf Jahren der Vergangenheit angehören. Die Ampel-Koalition plant bis 2028 ein Verbot der sogenannten „Anbindehaltung“. Beim Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) heißt es: „Die dauerhafte Anbindehaltung schränkt die wesentlichen arteigenen Verhaltensweisen von Rindern erheblich ein und muss aus tierschutzfachlicher Sicht auslaufen.“ Ziel sei es, so das Ministerium (laut Tischvorlage beim Stallgespräch), „vollständig aus dieser Haltungsform auszusteigen.“
Zahl der Rinderhalter sinkt

Schwenk in den Milchviehbetrieb von Stefan Seelmann in die Grundfelder Straße nach Reundorf/Lichtenfels: Zusammen mit seiner Frau Manuela bewirtschaftet er einen Milchviehbetrieb im Haupterwerb. Er ist der einzige noch verbliebene in Reundorf. Früher waren es elf Höfe, rechnet die gelernte Landwirtin Manuela Seelmann nach, „jetzt sind wir die Letzten“, sagt sie.
Auf 75 bis 80 Hektar bauen sie hauptsächlich Futtergetreide, Silomais, Luzerne und Kleegras für die eigene Tierhaltung an. Auf dem Seelmann Hof werden 33 Milchkühe in Anbindehaltung sowie rund 50 Tiere für die Nachzucht der eigenen Milchviehherde gehalten. Mit Ausnahme von zugekauften Eiweißkomponenten erzeugt der Betrieb sein Futter selbst.
Die Milch vermarktet Stefan Seelmann an die Milchwerke Oberfranken West in Meeder. Von den Milchwerken war Harlad Reblitz zum Stallgespräch gekommen. „Wir machen keine Preisabschläge bei Milch aus Anbindehaltung wie Lidl und Aldi. Solange ich Vorstand bin, will ich daran festhalten“, hält Reblitz zu den Kleinbauern.
„Wer nicht investieren kann, muss aufgeben“
In Bayern sinkt die Zahl der Rinderhalter kontinuierlich: jedes Jahr geben 1500 Rinderhalter-Betriebe auf. Bayernweit gibt es rund 24.000 Betriebe, davon haben 13.000 ganzjährige Anbindehaltung. Auch Bergbauern, die ihre Tiere nach dem Sommer auf der Alm wieder heimholen und sie im Winter im Anbindestall halten, die sogenannte Kombi-Haltung, sind betroffen.
In Oberfranken gibt es 1578 Betriebe mit Rinderhaltung (Stand 2022). Im Landkreis Lichtenfels sei die Zahl der Milchkühe von 4795 im Jahr 2017 auf 4056 im Mai 2022 gesunken. Im Durchschnittlich hält ein Betrieb 45 Tiere. Viele Betriebe hätten sich schon auf den Weg gemacht, die Haltungsform ihrer Tiere anzupassen, so Michael Bienlein vom Bayerischen Bauernverband (BBV).
„Manchmal geht es aber einfach nicht: räumliche Begrenzungen, finanzielle Lage, geringe Aussicht auf Genehmigung von Neubauten und vor allem die fehlende Planungssicherheit macht den Landwirten schwer zu schaffen!“ Kreisbäuerin Marion Warmuth brachte es auf den Punkt: „Die Forderungen, die uns Berlin aufdrückt, gehen nicht einfach so. Da werden Familienbetriebe plattgemacht. Wer nicht investieren kann, muss aufgeben!“.
„Keine Fünf-Jahres-Frist“
Der BBV fordert mit der Aktion „Rettet Berta vor dem Schlachthof und Kleinbauern vor dem Aus“ verschiedene Positionen: Keine Fünf-Jahres-Frist für die Abschaffung der Anbindehaltung, mehr Beratung, zugesicherte Ansage für die Kombihaltung. Wichtig ist den Bauern auch, dass sich die Regierung selbst an das, was sie fordere, hält, und nicht wie bei den Vorgaben zur Schweinehaltung ihr eigenes Gesetz nach weniger als zehn Jahren wieder kippe. Da hätten die Bauern noch nicht mal die Hälfte ihrer aufgenommenen Kredite zurückgezahlt und sollten erneut umbauen.
Jochen Wunsch (BBV LIF), Alexander Voll (Obmann Reundorf), Stefan Seelmann (Landwirt), Lothar Teuchgräber (BBV LIF), Manuela Seelmann (Landwirtin), Gabriel Lieb (Geschäftsführer BBV LIF), Marion Warmuth (Kreisbäuerin), Harald Reblitz (Milchwerke Oberfranken West), Michael Beinlein (BBV LIF), Harald Peetz (BBV Kulmbach) und Susann Teuchgräber (BBV LIF) unterstützen die bayernweite Aktion „Rettet Berta vor dem Schlachthof und Kleinbauern vor dem Aus!“
Auch die Bamberger mit BBV-Hauptgeschäftsführer Torsten Gunselmann machen sich dafür stark. Die Erwartungen der Verbraucher an Tierschutz, Tierwohl, regionale Erzeugung und Vermarktung, mit selbsterzeugtem Futter, werden von Landwirten ernst genommen.
Zurück zu Stefan Seelmann: Seine Tiere stehen im Futter, werden nach Angaben des Landwirts mit zwölf oder 13 Jahren deutlich älter als die „Durchschnittshochleistungskuh“ mit fünf Jahren. Der Landwirt und seine Frau hätten zwei Mal täglich persönlich Kontakt zu ihren Tieren. Erna, Resi, Fratz, Raffi, Frauke, Peggi und ihren anderen Genossinnen im Stall soll es gut gehen. Und bei den Seelmanns stören auch die Hörner einer Kuh nicht.