Lichtenfels
In den vergangenen Monaten verging kaum eine Woche ohne einen Streik. Ob Piloten, öffentlicher Dienst oder das Bahnpersonal, alle streikten für das gleiche Ziel Und jetzt folgen auch die Apotheken.
„Nein, es ist kein Streik!“ Das betont Apotheker Matthias Bürklin von der Spitalapotheke. „Wir haben einen staatlichen Versorgungsauftrag, also können wir nicht einfach so schließen.“ Dennoch sind am 14. Juni fast alle Apotheken geschlossen. „Landesweiter Protesttag“, so ist auf den Plakaten in den Schaufenstern der Apotheken zu lesen.
„Irgendwie müssen wir uns Gehör verschaffen.“
„Irgendwie müssen wir uns Gehör verschaffen“, so Hartmut Pensel von der Rats-Apotheke. „Auch wir sind von Preissteigerungen betroffen. Aber unsere Vergütungen sind seit über 20 Jahren ohne nennenswerte Erhöhung geblieben“, erklärt der Sprecher der Apotheker im Landkreis gegenüber dieser Redaktion.
Aktuell erhalten Apotheken für verschreibungspflichtige Medikamente 8,35 Euro pro Packung. „Das klingt viel, aber davon müssen Miete, Energie, Personal etc. bezahlt werden“, betont Pensel Und auch mögliche Regresse, wenn auf dem Rezept ein Formfehler ist, der nicht von den Apotheken verursacht wurde und unbemerkt blieb. „Dann erhalten wir kein Geld, sondern müssen es auch noch selbst zahlen.“
Großer Schulungsaufwand

Katja Enders von der Markt-Apotheke legt nach. „Wir leisten hier, und das wollen wir auch, Beratungstätigkeiten und eine Dienstleistung. Keine Branche verlangt so viele Schulungen und Fortbildungen wie die Pharma-Branche.“ Ein Beispiel: Ein Patient erhält ein Medikament. In der Apotheke wird er über Nebenwirkungen, Einnahme oder Wechselwirkungen aufgeklärt. „Das leisten die Ärzte heute nicht mehr, das machen wir“, so Katja Enders.
Oder wenn am Wochenende ein Problem mit dem Medikament auftritt, so berät man auch hier. „Wir sind das offene Ohr für die Patienten“, sagt Endres. Doch das ist Zeit, in der die Angestellten für die Apotheke keinen Gewinn erwirtschaften, aber von dem bezahlt werden müssen, was man letztlich für die Medikamente erhält.
Appelle ohne Resonanz
„Ich finde es bedenklich, dass man diesen Streit jetzt auf dem Rücken der Patienten austrägt“, so Matthias Bürklin. „Doch wie sonst sollen wir uns Gehör verschaffen?“ Alle Appelle an die Politik und die Krankenkassen sind ohne Resonanz geblieben.

„Ich würde meinen Mitarbeitern liebend gerne mehr zahlen“, so Katja Enders. „Aber wovon?“ Dabei, so die Apothekerin, habe sie noch Glück. „Ich habe ein wirklich tolles Team“, sagt sie lächelnd. „Und wir halten hier echt zusammen.“ Am Mittwoch wird sie vor ihrer Apotheke einen Infostand aufbauen. „Wir verstecken uns nicht. Wir wollen den Patienten Rede und Antwort stehen und sie aufklären. So wie wir es auch mit unseren Beratungen halten“, ergänzt sie. Ein Blick in ihr Schaufenster zeigt, was sie meint. Auf rund 20 Ausdrucken macht sie ihrem Unmut Luft, erklärt die Gründe für den Protest.
Harte Arbeit
„Es wird immer gesagt, wir hätten doch während Corona so gut verdient“, so Hartmut Pensel. „Aber wir haben auch viel gearbeitet, viel geleistet. Ob es Testungen waren, die wir auch am Wochenende durchgeführt haben, Impfungen oder die Erstellung der digitalen Testzertifikate. All das war harte Arbeit.“
„Für den Porsche reicht es immer noch nicht“, so Katja Enders und wird wieder ernst. „Es kommt ja auch noch hinzu, dass viele Apotheken jetzt von Menschen geführt werden, die ins Rentenalter kommen. Doch wer traut sich noch, eine Apotheke zu übernehmen? Viele gehen lieber normal arbeiten, haben mit dem ganzen Drumherum nichts zu tun und verdienen teilweise sogar mehr wie als Selbstständige.“
Auch der Fachkräftemangel macht den Apotheken zu schaffen, womit sich der Kreis wieder schließt. Es bleibt bei den aktuell gezahlten Beträgen nicht genug, um die Mitarbeiter entsprechend besser zu bezahlen. „Inflationsausgleich? Der ist an den Apotheken vorbeigegangen“, so das Fazit.
Dennoch, niemand muss sich Sorgen machen, dass er am Mittwoch ein vielleicht wirklich dringend benötigtes Medikament nicht erhält. „Es ist ein Notdienst eingerichtet“, so Matthias Bürklin. „Und der Mittwoch ist der ruhigste Tag, da am Nachmittag die meisten Ärzte geschlossen haben“ Unklar ist, ob damit nicht der Protest aufgeweicht wird.
Notdienst eingerichtet!
Den Notdienst übernehmen die
Adam-Riese Apotheke in Bad Staffelstein
und die
Adler-Apotheke in Weidhausen
. Die Apotheker und Apothekerinnen bitten jedenfalls um Verständnis für ihren Protest, denn letztlich sei es das Ziel, eine ordentliche Versorgung und Beratung aufrecht zu erhalten.