„Mein Pferd ist in einen Graben gerutscht - Verkehrsunfall mit einem Pkw mit Pferdeanhänger - Rind ist in die Güllegrube gefallen“. Anrufe mit der Meldung von Unfällen dieser Art gehen wohl nahezu täglich bei den Leitstellen der Feuerwehren in Deutschland ein.
Die Zahl der Rettungseinsätze für große Tiere, die in eine Notlage geraten sind, nimmt kontinuierlich zu. Tierbesitzer rufen in diesen Fälle die Feuerwehr. Die Mehrheit der Einsatzkräfte ist jedoch nicht auf die speziellen Anforderungen und Risiken von Großtier-Rettungseinsätzen vorbereitet. Um möglichst effizient, tierschonend und sicher solche Einsätze für Mensch und Tier bewältigen zu können, wurde im Landkreis hierfür spezielles Equipment angeschafft.

Am vergangenen Samstag erfolgte nun ein landkreisweiter Lehrgang zum Thema Großtier-Rettung bei der Feuerwehr Lichtenfels/Main – Gefahrenschutzzug, wo diese Gerätschaften auch stationiert sind.
Riskante Kombination
Warum die Rettung von Großtieren durchaus kompliziert ist und auch gefährlich sein kann, erklärte Ausbildungsleiter und Kreisbrandmeister (KBM) Thomas Ruckdäschel: „Tiere in Notsituationen zeigen andere Verhaltensweisen als unter normalen Umständen“. Große Enge, unwegsames Gelände und ein Tier in Panik könnten zu einer riskanten Kombination werden, vor allem dann, wenn die Einsatzkräfte wenig Erfahrung in diesem Bereich hätten. Im schlimmsten Fall könnte ein Einsatz sogar tödlich enden, beispielsweise wenn Rettungskräfte von einem aus Angst auskeilenden Tier an Brust oder Kopf getroffen werden.

15 Teilnehmer erhielten in einem kurzweiligen Theorie-Teil das notwendige Hintergrundwissen über das Verhalten so genannter Fluchttiere in stressigen Einsatzsituationen, die Gefahrenschwerpunkte an solchen Einsatzstellen sowie die Technik und Taktik, um das Tier von einem potentiell gefährlichen an einen sicheren Ort unter Einsatz artgerechter und tierschonender Mittel zu bringen.
Verschiedene Zug- und Fädeltechniken sind die Voraussetzung für eine erfolgreiche Rettung des Tieres.“
Im Anschluss erfolgte ein ausführlicher Praxisteil, in dem die Teilnehmer die Handhabung der Gerätschaften erlernten. „Verschiedene Zug- und Fädeltechniken sind die Voraussetzung für eine erfolgreiche Rettung des Tieres“, so Lehrgangsleiter und Kreisbrandinspektor (KBI) Oliver Schardt.

Den Abschluss des Tages bildete eine Einsatzübung, bei dem das eigens dafür angeschaffte Übungspferd „Filou“ aus einem Wassergraben gerettet werden musste. Hier konnten die Teilnehmer gleich ihr Wissen des Tages in die Praxis umsetzen. „Das war wirklich eine sehr gute Übung“, resümierte ein Teilnehmer. Man habe noch mal neue Perspektiven entwickeln können, beispielsweise wenn es um die Wahrnehmung und Einschätzung der Situation vor Ort gehe.
Ruhe bewahren!
„In so einer Situation ist es wichtig, Ruhe reinzubringen. Denn Hektik und Panik überträgt sich auf das Tier“, waren sich die Kameraden einig.
Für KBI Oliver Schardt steht fest: „Da die Tier-Rettungseinsätze im Landkreis immer mehr zunehmen und es seitens der Feuerwehren kaum Fachausbildungen dazu gibt, wird die Kreisbrandinspektion Lichtenfels den Großtier-Rettungslehrgang wieder anbieten. Das Interesse der Feuerwehrkameraden ist vorhanden“.
Schardt bedankte sich bei den Teilnehmern und den beteiligten Ausbildern der Feuerwehr Lichtenfels/Main – GSZ für die Teilnahme.

„Es gibt noch nicht viele, die auf dieses Thema geschult wurden. Ihr seid jetzt die ausgebildeten Fachkräfte, die im Ernstfall zusammen mit denen, die das Material bringen, solche Einsätze schonend, tiergerecht und vernünftig abarbeiten werden“, so Kreisbrandmeister Ruckdäschel, der zum Schluss an die Teilnehmer der beteiligten Feuerwehren aus Bad Staffelstein, Ebensfeld, Neuensee und Michelau sowie von der Kreisbrandinspektion Bamberg und Bayreuth eine Urkunde überreichte.
Nur positive Stimmen
„Wir haben schon seit längerem das Thema für die Ausbildung im Landkreis Bayreuth, aber so einen Lehrgang gibt es bis jetzt fast noch nirgends. Im Frühjahr hatten wir bereits Gespräche mit KBI Schardt, dabei hatten wir uns auch die Gerätschaften angeschaut. Es war heute ein sehr guter Lehrgang, bei dem ich sehr viel Informationen aufgenommen habe“, erklärte Johannes Sperber, einer von sechs Kreisbrandmeistern für die Ausbildung im Landkreis Bayreuth.
„Über unseren Ausbildungs-KBM kam ich zu diesem Lehrgang“, erklärte KBM Klaus Jungkunz aus dem Landkreis Bamberg. „Ich komme aus Priesendorf, wo es sehr viele Pferde gibt. Ich hatte auch schon zwei Einsätze mit Pferderettung. Es war super, dies hier professionell gezeigt zu bekommen“, so Klaus Jungkunz. Es habe sich also gelohnt, den Samstag in Lichtenfels zu verbringen.
„Für mein Dafürhalten sollten, egal wo, mindesten die Gruppenführer das Wissen haben. Die sind draußen und sollten wissen, wie man mit den Gerätschaften umgehen muss“, erklärte Jungkunz. „In Bamberg gibt es nur einen Hebesatz für Großtier-Rettung. Aber das ist nur ein kleiner Part – heute haben wir gesehen, was da noch fehlt“.