In der Pflege werden dringend Kräfte gesucht, gleichzeitig hatte die Krankenpflegeschule Probleme, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen – wie wollen Sie das attraktiver gestalten?
Meißner: Aufgrund von entsprechenden Webemaßnahmen haben zum 1. September 27 Schülerinnen und Schüler die generalistische Ausbildungin der Pflege begonnen. In den Vorjahren waren es teilweise nur 20. Zusätzlich bildetet das Klinikum Lichtenfels fünf medizinische Fachangestellte und dreimal in der OP-Pflege aus. Also ein neuer Rekord, aber notwendig.
Wir brauchen innovative Ideen, damit dieser Berufsbereich vermehr in den Focus der Abschlussschüler, aber auch möglicher Umschüler, kommt. Was aus meiner Sicht nicht sein darf ist, dass sich die einzelnen Träger die Mitarbeiter gegenseitig mit Antrittsprämien abwerben. Dies fördert nur das Jobhopping und hilft nicht den Einrichtungen und ganz besonders nicht den Gepflegten. Von Wülfingen: Es gilt, den Pflegeberuf wieder näher zu seinen Kernaufgaben und der Motivation der Menschen in diesem Bereich zu rücken, der Arbeit mit Patienten ohne bürokratische Aufgaben. Sichere Strukturen müssen geschaffen werden, dazu gehören Vereinbarkeit von Familie und Beruf und verlässliche Dienstpläne. Gräbner: Die Wertschätzung dieses Berufes sollte mehr an die Öffentlichkeit getragen werden. Eine angemessene Bezahlung ist ein „Muss". Insbesondere darf es keine Zwangsmaßnahmen geben, wie z.B. die Impfpflicht, die viele aus diesem Beruf vertrieben hat. Schille: Eine Gesundheitsmesse in Lichtenfels kann durch Zusammenarbeit mit regionalen Firmen, die im medizinischen Bereich tätig sind, das Berufsbild und auch Weiterbildungsmöglichkeiten vorstellen. Grundvoraussetzung ist natürlich, dass die heimischen Arbeitgeber ein gutes Arbeitsklima haben und dies auch durch eine positive Außendarstellung bewerben.
In der Pandemie hat das Gesundheitsamt die Zahl der Erkrankten per Fax weitergeleitet, wie ist der Stand der Digitalisierung, welche Serviceleistungen wollen Sie digital anbieten?
Meißner: Auch der Landkreis Lichtenfels nimmt am Förderprogramm zur Digitalisierung im öffentlichen Gesundheitsdienst teil. Neben Abläufen werden hier auch die technischen Ausstattungen hinterfragt und wo notwendig ergänzt. Abläufe werden über entsprechende Pro-gramme digitalisiert. Es ist aber festzustellen, dass sehr viele Arztpraxen auch heute noch besser über Fax als digital erreichbar sind bzw. so kommunizieren. Also wird es weiterhin auch im Gesundheitsamt „Faxe“ geben müssen. Die „Papierfaxe“ wurden jedoch bereits vor langer Zeit im gesamten Landratsamt schon durch elektronische Lösungen ersetzt. Von Wülfingen: Ich kann eine Einschätzung dazu erst abgeben, wenn ich die genauen Abläufe und Anforderungen im Gesundheitsamt kenne. Ich denke jedoch, dass die Zuständigen im Gesundheitsamt und in den anderen Ämtern ebenso daran interessiert sind, moderne und zeitgemäße Arbeitsmethoden zu nutzen. Ich freue mich auf zukünftige Gespräche, um herauszufinden, welche Serviceleistungen digital angeboten werden können. Gräbner: Die Digitalisierung ist an vielen Stellen verbesserungswürdig. Gerade bei Gesundheitsdaten ist der Schutz der persönlichen Daten besonders zu beachten. Eine dem Gesundheitsamt zugeordnete digitale Einrichtung zur Meldung von Impfschäden ist anzustreben. Schille: Die Pandemie hat die Digitalisierung weit vorangebracht. Wichtig ist es aus alten Fehlern zu lernen und die Digitalisierung weiter voranzubringen. So sind alle Leistungen des Landratsamtes auf Möglichkeiten der digitalen Bereitstellung zu prüfen und die Umstellung weiterzuführen. Bei diesen Angeboten ist jedoch auf eine Barrierefreiheit in diesem Sektor mitzudenken und „analoge“ Service- und Beratungsstellen im Sinne der Bürgernähe dürfen nicht komplett wegfallen.
Was kann der Landkreis gegen den Strukturwandel unternehmen?
Meißner: Der Landkreis Lichtenfels muss weiter seine Stärken und Vorteile ausspielen und vermarkten. Wir haben mit der Firma Concept Laser eine innovative Weltfirma, ein deutschlandweit bekanntes Versandunternehmen, welches weiter zum Standort Landkreis Lichtenfels steht, und ganz besonders viele innovative mittelständischen Unternehmen, welche die Keimzelle für künstliche Intelligenz und Fortentwicklungen sind oder noch werden können. Die Stadt Lichtenfels ist Hochschulstandort und wir bekommen demnächst zum FADZ – welches aktuell auch schon ohne die Kirschbaummühle arbeitet – noch ein Technologietransferzentrum in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Kronach und den Hochschulen Coburg und Nürnberg. Auch das traditionelle Handwerk mit den vielen Brauereien, Bäckern und Metzgern macht den Landkreis Lichtenfels kulinarisch lebenswert und stärkt die touristische Entwicklung. Von Wülfingen: Wirtschafts-, Tourismus- und Innovations- sowie Bildungs- und Qualifikationsförderung: die Möglichkeiten sind vielfältig und wir tun schon sehr viel. Dabei sind Kommunikation und Hervorheben der positiven Aspekte unseres Landkreises genauso wichtig wie die tatsächlichen Maßnahmen. Durch Gespräche und Informationen machen wir deutlich, wie großartig unser Landkreis ist und welche Möglichkeiten er bietet. Das weckt auch das Interesse von Menschen von außerhalb. Gräbner: Der politische Wandel, bzw. die 180-Grad-Wende wäre wohl der wichtigste Beitrag. Dafür werde ich mich mit aller Kraft einsetzen. Schille: Der Strukturwandel betrifft ganz Deutschland und ist im Landkreis durch die regionale „Brille“ zu sehen. Eine Möglichkeit für den Landkreis wäre sich vergleichbar mit der Stadt Lichtenfels und der „Vision 2030“ eine Konzeption in Workshops zu erarbeiten. Unter Beteiligung von Kommunen, Unternehmern, Arbeitnehmern, Landwirtschaft etc. sind zukunftsträchtige Richtlinien zu erarbeiten.
Sind Sie für eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre?
Meißner: Ich meine, dass das Wahlrecht weiterhin an das Erreichen der Volljährigkeit gebunden bleiben sollte. Von Wülfingen: Ich bin gegen die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Schließlich haben die politischen Entscheidungen einen erheblichen Einfluss auf die Zukunft eines Landes, einschließlich wirtschaftlicher und sozialer Aspekte. Es gilt, sicherzustellen, dass alle Wähler und Wählerinnen gut informiert und in der Lage sind, die Tragweite ihrer Entscheidungen einzuschätzen und zu verstehen. Was ich jedoch befürworte, sind Jugend-Gremien mit Mitbestimmung auf kommunaler Ebene. Gräbner: Hier nutzt man die Unerfahrenheit junger Bürger für ideologisch ausgerichtete Politik, was abzulehnen ist. Schille: Die Senkung des Wahlalters kann das Interesse an Politik fördern. So reduziert sich ständig das Alter, mit dem unseren Jugendlichen Informationen insbesondere im Internet zugänglich sind. Durch die Beteiligung an Wahlen kann einerseits der Diskurs über „Gesellschaft und wo diese hinwill“ und andererseits das Ernstnehmen von Meinungen der Jugendlichen diese für Politik interessieren.