„O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie treu sind deine Blätter“: So beginnt ein Lied, das in den weihnachtlichen Tagen wieder in vielen Haushalten am Obermain gesungen wird. In fast allen Kirchen und Häusern kann man über die Weihnachtstage einen mit Lichtern und Kugeln geschmückten Tannenbaum bestaunen. Manchmal dienen als Schmuck auch Lametta oder Strohsterne.
Der Brauch, grüne Zweige ins Haus zu holen und diese zu schmücken, ist schon sehr alt. Zumindest bei den Römern war es schon üblich, an bestimmten Festtagen das Haus mit immergrünen Ästen oder Bäumen zu dekorieren. Sie sollten an das Leben erinnern, das sich nicht eingrenzen lässt, sondern so fruchtbar ist wie die Zweige, die immerfort grün sind.
Ein zentraler christlicher Glaubensinhalt
Auch im heidnisch-germanischen Bereich gab es diese Traditionen. Möglich ist, dass die Christen diesen Brauch für ihre Feste übernahmen. Immerhin ist das Leben, das über den Tod siegt, ein zentraler christlicher Glaubensinhalt. Dieses Symbol hat sich auch im Abschneiden der Barbarazweige erhalten.
Vielleicht hängt der Brauch des Christbaumes auch mit dem Paradiesbaum zusammen. Im Mittelalter schmückte man die grünen Bäume mit Äpfeln und erinnerte somit an die Erzählung vom Sündenfall im Buch Genesis. Bis heute ist der 24. Dezember auch der Namenstag von Adam und Eva.
Noch um das Jahr 1000 versuchte das Christentum, sich von diesen ehemals heidnischen Bräuchen zu distanzieren. Von einem Bischof ist aus dieser Zeit überliefert, dass er ein Verbot aussprach, die Häuser und Wohnungen zum Jahreswechsel mit grünen Zweigen zu schmücken. Und noch 1796 erfahren wir aus Bayreuth von einer distanzierten Haltung gegenüber den Christbäumen: „Das Einschleppen der sogenannten Christkindleinsbäume ist lange schon gesetzlich bey uns verbothen.“
Christbaum mit Äpfeln, Nüssen oder Papiersternen geschmückt
Im 16. Jahrhundert jedenfalls ist das Aufstellen von Bäumen für manche Regionen belegt. Zunächst gab es solche Bäume vermutlich nur in den offiziellen Amtsräumen der Städte, bald schon hielt der Christbaum allerdings auch in den Häusern der Familien Einzug. Dabei wurde er verschiedentlich mit Äpfeln, Nüssen oder Brezeln und Papiersternen geschmückt.
Die Lichter kamen allerdings erst im 18. Jahrhundert hinzu und wiesen auf die weihnachtliche Lichtsymbolik hin. Den wirklichen Siegeszug trat der Christbaum dann im 19. und 20. Jahrhundert an, zunächst aber vor allem auf protestantische Familien beschränkt. Im katholischen Bereich war nach wie vor die Krippe das zentrale Weihnachtssymbol, erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde es Tradition, auch in katholischen Kirchen einen Baum aufzustellen und zu schmücken.
Eine literarische Erwähnung des Christbaums findet sich im Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ aus der Feder von Johann Wolfgang Goethe. Dort ist von einem „aufgeputzten Baum“ die Rede, der mit Wachslichtern, Zuckerwerk und Äpfeln geschmückt ist.
Hier am Obermain war es üblich, in der Adventszeit Tannen- und Fichtenzweige in den Stuben hinter den Spiegel zu stecken. Manchmal wurden sie auch im Herrgottswinkel angebracht. Auf diese Art und Weise wurde die Stube für die Weihnachtstage feierlich geschmückt. Auch ein großer Zweig konnte hier seinen Dienst tun: Er wurde in einer Ecke der Stube aufgestellt und mit allerlei vergoldeten Nüssen, Äpfeln und Engelshaar behangen.
Barbarazweig bis Ende des 18. Jahrhunderts einziger Schmuck
Noch am Ende des 18. Jahrhunderts war der einzige Weihnachtschmuck in der Stube der Barbarazweig. Ihn hatte man am Tag der heiligen Barbara, dem 4. Dezember, geschnitten, und zu Weihnachten stand er in voller Blüte. In einem Bericht aus dieser Zeit heißt es: „Alle Jahre wurden kurz vor Weihnachten nach der löblichen Gewohnheit in unserer Gegend etliche Sorten von Bäumen, so Kirsch-, Apfel-, Holunderbäume und andere in einen Hafen oder in eine Stütze mit Wasser gestellt. Dieser Christkindleinsbaum steht in der Stube in der Ecke und seine Zweige sind so ausgebreitet, dass sie fast die Hälfte der Stubendecke bedecken und man darunter steht wie unter der Sommerlaube.“
Waren es meist nur grüne Zweige, die das Zimmer schmückten, begegnen wir ab dem 17. Jahrhundert vermehrt ganzen Bäumen, vornehmlich Fichten, die geschlagen und in der Wohnung aufgestellt wurden. Ein verbreiteter Brauch war es, die Fichtenbäumchen an den Deckenbalken aufzuhängen. Später wurde der Baum in einen Ständer gestellt. Meistens handelte es sich dabei um ein notdürftig gezimmertes Holzkreuz.
Protestanten standen Krippe skeptisch gegenüber
Gefördert wurde der Christbaum vor allem von protestantischer Seite. Dies hatte wohl damit zu tun, dass man der Krippe mit ihren Heiligendarstellungen skeptisch gegenüberstand. In der katholischen Kirche jedenfalls wurde der Christbaum lange Zeit als „Kinderspiel, Phantasey und Abgötterei“ abgetan. Aber den Christbaum konnte letztlich niemand aufhalten, und so schmückt er heute zur Weihnachtszeit die Kirchen beider Konfessionen.

Weihnachten ohne Baum ist heute eigentlich undenkbar. Oft werden diese Bäume dabei im öffentlichen Raum schon vor der Adventszeit aufgestellt. Dadurch verwischt der Zusammenhang zwischen Weihnachten und dem Baum als Symbol für das Leben immer mehr und der Christbaum wird zu einem reinen weihnachtlichen Dekorationsobjekt.
Eine wichtige Frage ist nicht nur, wann der Christbaum aufgestellt wird, sondern auch, wann man ihn wieder abräumt. Der Tag zum Aufstellen des Christbaumes ist traditionell der Heiligabend, mancherorts holt man ihn auch schon am 23. Dezember ins Haus. Er ist das Symbol für das Weihnachtsfest und sollte daher auch erst zu Weihnachten geschmückt werden und nicht bereits mitten in der Adventszeit.
Bei den Protestanten endet die Weihnachtszeit am 6. Januar
Wie lange der Baum in der Wohnung bleiben darf, hängt von der Konfession ab: Während in der evangelischen Kirche mit dem 6. Januar, also dem Dreikönigstag, die Weihnachtszeit beschlossen wird, endet sie in der katholischen Kirche erst am Sonntag nach dem 6. Januar. Das Fest der Taufe des Herrn fällt 2022 auf den 9. Januar. Früher blieb der Weihnachtsschmuck oft bis zum Fest Mariä Lichtmess am 2. Februar stehen.
Aber jenseits dieser offiziellen kirchlichen Richtlinien sollte man nichts übers Knie brechen. Nur weil die Weihnachtszeit an einem bestimmten Tag endet, heißt das noch lange nicht, dass man die gesamte Weihnachtsdekoration, Lichterketten und Christbaum auch an diesem Tag bereits aufgeräumt haben muss. Viel schöner ist es doch, die Weihnachtszeit entspannt ausklingen zu lassen! Nach und nach lassen sich Deko-Artikel wieder in den Kartons verstauen und die letzten Züge der Weihnachtszeit lassen sich noch einmal ausgiebig genießen.
Eine andere Überlegung hängt mit dem Christbaum selbst zusammen: Wer in der Adventszeit Nordmanntanne oder ähnliches kauft, der blättert oftmals mehrere 30 Euro dafür hin. Es ist doch schade, wenn man diesen teuren Baum dann schon am 6. Januar wieder entsorgt. Auch der Gedanke der Nachhaltigkeit kann am Weihnachtsfest durchaus mitschwingen. Das ist kein Plädoyer für den Plastik-Baum, aber zumindest eine Anregung, ein bisschen über den Wert des Weihnachtsbaumes an sich nachzudenken.