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LICHTENFELS: Lichtenfels: Herausforderungen für Landwirte im Landkeris

LICHTENFELS

Lichtenfels: Herausforderungen für Landwirte im Landkeris

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    Die Coronakrise hat unter anderem auch Auswirkungen auf die Schlachtpreise von Rindern, da die Gastronomie aufgrund der langen Schließungen kaum Fleisch abgenommen hat.
    Die Coronakrise hat unter anderem auch Auswirkungen auf die Schlachtpreise von Rindern, da die Gastronomie aufgrund der langen Schließungen kaum Fleisch abgenommen hat. Foto: Pixabay/Capri23auto

    Noch knapp ein Monat und wir dürfen sie wieder genießen, die roten, saftig-süßen Vitaminbomben namens Erdbeeren. Anfang Juni kommen sie dann nicht mehr aus Spanien oder Griechenland, sondern aus der unmittelbaren Umgebung. Groß dürfte die Freude bei vielen sein, wenn die Verkaufshäuschen wieder öffnen oder der Gang auf die Selbstpflückfelder möglich wird. Doch was kaum jemand ahnt, sind die Schwierigkeiten, vor denen der heimische Erdbeeranbau derzeit steht. Schuld daran ist nicht nur der viel zu trockene April, sondern vor allem die Coronakrise und der daraus resultierende Mangel an Saisonarbeitskräften.

    Ungewisse Mitarbeiter-Situation

    Insgesamt 35 Erdbeerfelder, verteilt auf fünf Landkreise, bewirtschaftet das Familienunternehmen Erdbeeren Bayer aus Bernsroth im Kreis Kronach. Die damit verbundenen Feldarbeiten finden gerade bei Früchten mit einer kurzen Saison in einem sehr begrenzten Zeitrahmen statt. Das beginnt beim Pflanzen und Unkrautjäten, beinhaltet das Auf- und Abdecken von Vlies zum Schutz vor Frost und mündet schließlich in der Ernte. Hierfür greift das Unternehmen jedes Jahr auf Saisonarbeiter zu, die hauptsächlich aus Rumänien und Polen kommen. Aufgrund der Corona-Situation sieht es allerdings so aus, dass das Unternehmen in diesem Jahr auf viele seiner langjährigen Mitarbeiter aus dem Ausland verzichten muss.

    „Wir wissen derzeit nicht, ob wir genügend ausländische Mitarbeiter für die Ernte bekommen. Viele sind wegen des Virus verängstigt, scheuen den Flug nach Deutschland oder fühlen sich ganz einfach im Heimatland sicherer“, erklärt Geschäftsführer Hermann Bayer. Hinzu kommt, dass die Bedingungen hier vor Ort aufgrund der notwendigen Hygienemaßnahmen in dieser Saison schwieriger sind, beispielsweise weil die Arbeiter den Mundschutz über einen langen Zeitraum in gebückter Haltung tragen müssen. Darüber hinaus dürfen die Unterkünfte nicht voll belegt werden, so dass die Mitarbeiter nicht alle auf einmal kommen können, sondern nur gruppenweise in zweiwöchigen Abständen.

    Die Situation ist mehr als angespannt

    Mehr als angespannt ist die Situation auch für seine Frau Claudia Bayer im Büro: „Auch ohne Corona ist es jedes Frühjahr eine Herausforderung, die Firma von Null auf Hundert hochzufahren und alles rechtzeitig für die Ernte und den Verkauf zu regeln. Dieses Jahr müssen wir noch die personelle Lage unentwegt im Blick haben. Da unsere rumänischen Mitarbeiter derzeit ausschließlich mit dem Flugzeug anreisen können, müssen wir prüfen, ob es überhaupt Flüge gibt und den Transport vom Flughafen zum Betrieb organisieren.“ Fallen viele ihrer Mitarbeiter aus, lässt sich dies kurzfristig nicht kompensieren. Der damit verbundene verwaltungstechnische Aufwand kann innerhalb eines so knappen Zeitfensters kaum bewältigt werden. „Jede neue Arbeitskraft muss angemeldet und eingewiesen werden. Auch beim Erdbeerpflücken sind besondere Fertigkeiten gefragt, um beispielsweise Druckstellen zu vermeiden. Das ist wichtig für uns, da die Kunden und der Großhandel die Erdbeeren genau anschauen und kontrollieren.“

    Organisatorische Hürden

    Noch schlummern die Pflänzchen unter dem schützenden Vlies wie hier auf dem Selbstpflückfeld von Erdbeeren Bayer bei Grundfeld. Ob allerdings für die reguläre Erdbeerernte ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, ist derzeit noch ungewiss.
    Noch schlummern die Pflänzchen unter dem schützenden Vlies wie hier auf dem Selbstpflückfeld von Erdbeeren Bayer bei Grundfeld. Ob allerdings für die reguläre Erdbeerernte ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, ist derzeit noch ungewiss. Foto: Marion Nikol

    Hilfsangebote aus der Region erhält Erdbeeren Bayer reichlich. Allerdings können oder wollen sich die wenigsten Bewerber auf die komplette Saison festlegen, zudem werden sehr unterschiedliche Angaben zu den möglichen Einsatzzeiten gemacht. „Derart individuell wie das von vielen gewünscht ist, kann die Feldarbeit nicht gehandhabt werden, insbesondere aus logistischen Gründen“, erklärt Claudia Bayer. So sei es für die Ernte einer leicht verderblichen Frucht unabdingbar, dass alle Pflücker täglich zu fixen Arbeitszeiten zuverlässig vor Ort sind, gemeinsam anfangen, Pausen einlegen und auch gemeinsam aufhören. „Die Hilfsangebote sind lieb gemeint und kommen von Menschen aus unterschiedlichsten Städten und Bereichen, aber es ist zeitlich einfach nicht möglich, fünfzig Arbeitskräfte einzeln anzurufen und zu koordinieren.“

    Endlich wieder raus

    Optimistisch ist Familie Bayer wiederum bei ihren Selbstpflückfeldern. Hier erwartet Hermann Bayer eine große Resonanz, unter anderem weil die Menschen nach den langen Ausgangsbeschränkungen nun sehr gerne nach draußen auf die Felder kommen und Freude am Pflücken haben dürften. Auch auf das Stammpersonal für die Verkaufshütten können die Bayers glücklicherweise zählen. Dabei hat die Gesundheit höchste Priorität und alle nötigen Schutzmaßnahmen im direkten Kontakt mit den Kunden sind vorbereitet. Auf die Versorgung mit regionalen Erdbeeren darf sich die hiesige Bevölkerung jedenfalls freuen.

    Preisverfall bei Rind und Kartoffeln

    Über den Erdbeer- und auch Spargelanbau hinaus (das OT berichtete) sieht es in der Region Obermain im Moment so aus, als würde die Landwirtschaft womöglich mit einem blauen Auge durch die Corona-Krise kommen. Das jedenfalls ist die Einschätzung von Hans-Jürgen Rebelein, Leiter der Geschäftsstelle Coburg-Lichtenfels des Bayerischen Bauernverbandes: „Unsere Region ist vor allem vom Ackerbau und der Viehhaltung geprägt. Saisonarbeitskräfte spielen dabei im Gegensatz zum Obst- und Gemüsebau keine große Rolle und die Landwirte können hier kontinuierlich durcharbeiten.“ Dahingegen sei jedoch ein anderer Aspekt relevant, und zwar die Preisentwicklung auf den Märkten.

    Die Schlachtpreise sind eingebrochen

    Insbesondere die Schlachtpreise für Bullen und weibliche Mastrinder sind eingebrochen. Das liegt vor allem daran, dass üblicherweise sehr viel Fleisch über die Gastwirtschaft abgesetzt wird und hier aufgrund der Schließungen gerade keine Nachfrage herrscht. Entspannen könnte sich die Situation, wenn die Gastronomie nun wieder schrittweise öffnet. Auch bei den Kartoffeln lässt sich ein leichter Preisverfall beobachten, der aus dem stark zurückgefahrenen Betrieb der Fast-Food-Ketten resultiert, die weniger Bedarf an Pommes Frites haben. Der Milchmarkt sei laut Hans-Jürgen Rebelein ebenfalls verunsichert, was aber vor allem die Frischmilchlieferanten aus Südbayern betrifft, die nach Italien exportieren. Hier werde auf EU-Ebene diskutiert, ob und wie man eingreift.

    Regionalität ist Trumpf

    Wohin sich die Lage in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln wird, ist derzeit noch ungewiss. Sicher dahingegen dürfte die Erkenntnis sein, dass die Produktion von Grundnahrungsmitteln im eigenen Land gerade in Krisenzeiten unabdingbar ist. „Aktuell wird einmal mehr klar, wie wichtig es ist, dass wir eine Ernährungssicherheit vor Ort gewährleisten und Abhängigkeiten reduzieren können“, betont Hans-Jürgen Rebelein. Er hofft, dass die Wertschätzung für regionale Produkte nun einen weiteren Auftrieb erhält und den heimischen Erzeugern mehr Anerkennung entgegengebracht wird. Die Chancen dafür dürften jedenfalls gar nicht so schlecht stehen.

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