Gemeinsam entschlossen für Menschlichkeit, Vielfalt und Toleranz eintreten, mit Fakten und Aktionen gegen Fake News und Polemik vorgehen, gemeinsam klare Zeichen gegen Hass, Hetze und Rassismus setzen sowie Extremisten mit Mut, Zuversicht und Zivilcourage die Stirn bieten: Das sind die zweifelsohne hohen, aber umso wichtigeren Ziele des Aktionsbündnisses „Lichtenfels ist bunt“. In den vergangenen Monaten war das Bündnis mehr und mehr gewachsen, ist mit seinen Vertreterinnen und Vertretern aus Kirchen, Gewerkschaften, Parteien und Vereinen überaus breit aufgestellt. Mit der jüngsten Sitzung schloss sich auch die Islamische Gemeinde Lichtenfels an.
Die beiden Vorsitzenden Ali Ibis und Shejnur Djaferoski wurden vom „bunten Lichtenfels“ herzlich willkommen geheißen. Sogleich brachten sich die beiden mit konstruktiven Ideen sowie mit Rat und Tat in die Diskussionen ein.
„Wie schaffen wir es, dass Jugendliche wieder mehr Interesse an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entwickeln?“, stellte Bündnissprecher Carsten Gick, selbst Familienvater, fragend in den Raum. Was er von seinen Kindern so hört und selbst erlebt, beunruhigt ihn zutiefst: Bei den Jugendlichen steht die selbst ernannte „Alternative für Deutschland“ hoch im Kurs, punktet mit einfachen Antworten auf komplexen Fragen und mit Falschbehauptungen, die für bare Münze genommen werden. „Die Social-Media-Inhalte der AfD sind zweifelsohne gut gemacht“, so Gick. Sie sind der Wegbereiter für den Erfolg der Rechtsextremisten. Doch wie dagegenhalten?
„Wir müssen, zusammen mit den Schulen und Schulpädagogen, die Diskussionskultur erhalten und fördern“, lautete eine der Forderungen. „Wir müssen regelmäßig in die Schulen rein.“ Demokratische Werte dürften nicht verloren gehen. „Wer heute 14 Jahre alt ist und die AfD gut findet, darf bei der nächsten Wahl an die Wahlurne“, warnte Gick.
„Das macht mir extrem Sorgen!“ Und längst nicht nur ihm. Einig waren sich die Bündnismitglieder, dass diese Bemühungen kein kurzfristiges Strohfeuer sein dürften, sondern langfristiger Planungen bedürfen – und zweifelsohne ein Kraftakt werden. „Ein Kraftakt, der es wert ist“, sprach Gick den Anwesenden aus dem Herzen.
Dass Extremismus nur gemeinsam bekämpft werden kann, darin waren sich alle einig. Dazu müssten Barrieren und Vorurteile abgebaut werden. „Wir würden gerne Schulklassen in unsere Moschee einladen, würden uns, unseren Glauben und unserem Imam gerne vorstellen“, betonte Shejnur Djaferoski. Zwar gebe es am 3. Oktober den „Tag der offenen Moschee“, doch wolle man diese Einladung gerne ausweiten, um das gegenseitige Verständnis zu fördern. Es ist wichtig, das Eis von klein auf zu brechen“, so der 2. Vorsitzende der Islamischen Gemeinde. „Wir haben eine andere Glaubensrichtung, doch die Demokratie gibt die Freiheit im Glauben her.“ Heinz Gärtner pflichtete bei: In der Arbeitswelt gebe es wunderbare Beispiele, auch in heimischen Unternehmen, wie Menschen verschiedener Nationen und verschiedener Glaubensrichtung gemeinsam Großes schaffen.
Mit plumpen Halbwahrheiten oder ga bewusst gestreuten Lügen versuchen Extremisten, Menschen zu ködern. Das müssen auch die Aktivisten von „Lichtenfels ist bunt“ immer wieder leidvoll erfahren. Um bei Demonstrationen, aber auch bei den vielfältigen politischen Diskursen besser und gezielter agieren zu können, soll es in der zweiten Jahreshälfte ein Argumentationstraining mit Fachleuten der Initiative der „Streitförderer“ geben. Es soll darum gehen, das Streiten zu erlernen – im positiven Sinne, nämlich im respektvollem Umgang.
Steffen Biskupski hatte im Landkreis Bamberg noch eine weitere tolle Institution ausgemacht, die er gerne für den Landkreis Lichtenfels adaptieren würde: den Jugendkreistag. Dieser erfreut sich im Nachbarkreis großer Beliebtheit: Die Jugendkreisräte werden in den weiterführenden Schulen gewählt, das Parlament bekommt vom Landkreis sein eigenes Budget, über das es bestimmen kann – und zwar für Projekte, die der Jugend selbst zugute kommen. Dafür gilt es, Mehrheiten zu suchen und zu finden, Argumente auszutauschen und schließlich zu entscheiden. „Demokratie in Reinkultur“, wie Biskupski lobte. Begleitet wird der Jugendkreistag unter anderem von der Bamberger Kreisjugendpflege.
Im Rückblick wurde die Veranstaltung am Tag der Arbeit auf dem Marktplatz in Lichtenfels als sehr gut bewertet: 150 Personen hatten sich beteiligt, auch „Lichtenfels ist bunt“ hatte einen Redebeitrag geleistet. Heinz Gärtner lobte das Sicherheitskonzept, das auch in 2026 so beibehalten werden soll.
„Die Stimmung war sehr gut“, befand er. Auch Landrat Christian Meißner sei sehr angetan gewesen vom Verlauf der Kundgebung. Sandra Nossek reute sich besonders, dass in allen Vorträgen der hohe Stellenwert der Demokratie betont worden sei, die es zu schützen gelte.
Was „Lichtenfels ist bunt“ in den kommenden Monaten vorhat Schon mehrfach hat das Aktionsbündnis mit der „Neuen Filmbühne“ erfolgreich zusammengearbeitet. Das soll auch in 2025 fortgesetzt werden. So plant das Lichtenfelser Kino, im Rahmen der interkulturellen Woche im September Filme aus verschiedenen Ländern zu zeigen, unter anderem auch einen türkischen Thriller. Das „bunte Lichtenfels“ will an einem Tag das Rahmenprogramm gestalten. „Toll wäre es, wenn wir Mitbürgerinnen und Mitbrüger aus verschiedenen Ländern dafür gewinnen könnten, um zu zeigen, dass wir ein buntes Lichtenfels haben“, sagte Laura Göldner. Bei Shejnur Djaferoski und Ali Ibis von de r Islamischen Gemeinde Lichtenfels rannte sie damit offene Türen ein. Schnell war von „Ständen der Nationen die Rede“ – Djaferoski und Ibis, aber auch Beate Ehl wollen sich disbezüglich umhören, wer an diesem Tag etwas über sich, sein Heimatland und seine Kultur sagen wolle. Ferner wird es wohl leckeres Essen geben. „Weil Essen auch verbindet“, so Rosi Beifuß. „Und weil man beim Essen prima ins Gespräch kommen kann“, so Göldner. Auch hier will sich die Islamische Gemeinde federführend einbringen. Sandra Nossek regte zudem an, eine große Weltkarte zu erarbeiten, in die dann die Fähnchen der Herkunftsländer der Besucher und Beteiligten gesteckt werden könnten. Im Gespräch ist ferner, in Zusammenarbeit mit den Schulen der Region kleine Video-Clips zu produzieren, die dann auf der großen Leinwand gezeigt werden könnten. Eine Bezuschussung über das Bundesförderprogramm „Demokratie leben!“ wird angefragt. Im November wird der Pogromnacht und den Greueltaten der Nationalsozialisten gedacht. Auch am 9.11. will „Lichtenfels ist bunt“ mit der „Neuen Filmbühne“ zusammenarbeiten. Das Programm aus 2024 soll das Blaupause dienen, weil es gut angekommen ist: Im Kino soll es impulsvorträge und einen Filmbeitrag geben, ehe es zur zentralen Veranstaltung an der Synagoge geht. Die Federführung der Gesamtveranstaltung obliegt dem evangelischen Dekanat.