Mit der Partie Deutschland gegen Schottland wird am Freitag, 14. Juni, um 21 Uhr in der Münchner Allianz-Arena die Heim-Europameisterschaft eröffnet.
Endlich, sage ich, aber sicherlich sind nicht alle der Meinung. Ich habe mich in der Belegschaft des Obermain-Tagblatts umgehört, was sie sich von der Fußball-EM der Männer erhoffen, ob sie sich darauf freuen oder ihnen egal ist, wen sie anfeuern, wer ihre Favoriten sind.
Public-Viewings gibt es diesmal im Landkreis Lichtenfels nicht (diese Redaktion berichtete). Kann so eine ähnliche Euphorie wie bei der Weltmeisterschaft 2006 entstehen, als ein Ruck durch Deutschland ging und sich die Bundesbürger als feierfreudige, weltoffene Gastgeber präsentierten?
Oder gibt das die Weltlage nicht her? In Kneipen oder privat werden sich Fußball-Fans sicherlich treffen, um zusammen zu fiebern. Mal schauen, ob der Funken in den öffentlichen Raum überschlägt.
Sarah Jakob, Redakteurin: Die junge Kollegin hat Sport schon immer gemocht und mit Tanzen und Reiten begonnen, ehe sie auch zum Fußball fand, als der SCR Steinbach am Wald neue Spielerinnen für die Frauenmannschaft suchte. Da sie Spaß an der Bewegung hat und auch mal einen Mannschaftsport ausprobieren wollte, begann sie mit 15 mit dem Kicken. Mit 19 war allerdings Schluss, da Abi, Studium und Wegzug für ein Problem sorgten: zu wenig Zeit für Training und Spiele.
Aber das Interesse ist geblieben, sie schaut oft Fußball im TV mit ihrem Freund und seiner Großfamilie. Ab und zu ist das Paar auch in der Allianz-Arena zu Gast, da Sarahs Partner Bayern-Fan ist. Sie ist eigentlich eher den Gladbachern zugetan.
Dieses Mal sei es einem nicht leicht gemacht worden, sich schon auf die EM zu freuen, meint Sarah. Medial sei wenig Interesse geweckt worden. Allerdings lobt sie die Idee von Bundestrainer Julian Nagelsmann, die Namen vieler nominierter Spieler vor der offiziellen Kader-Bekanntgabe durch Prominente über verschiedene Kanäle verkünden zu lassen. Jeden Tag eine originelle Nachricht.
Mit Beginn des Events erwartet die Frankenwälderin, dass der Funken auf die Fans überspringt. Sie wird zwar nicht jedes Spiel, aber viele mit ihrem Papa oder der Familie ihres Freundes anschauen.

Bei der wird das auch zelebriert, auf der Terrasse mit Grillen und bei einem Bierchen. Der Gang in die Kneipe oder zum Public Viewing werde wohl mangels Angebot ausfallen. Sarah Jakob sieht Frankreich, Spanien und England in der Favoritenrolle – kein Fachwissen, „das habe ich mir angelesen.“ Sie wünscht sich, dass Deutschland weit kommt, traut dem Team das Halbfinale zu, aber nicht den Titel. Frankreich lautet ihr Tipp.
Peter Tischler, Geschäftsführer: Spitzenklasse war er früher als Volleyballer (Bundesliga-Spieler beim USC Gießen), spielte aber auch aktiv Fußball in der Bezirksliga. Und natürlich ist der an vielen Sportarten Interessierte auch heute immer gut informiert. „Wie viele andere behaupte auch ich, dass ich Ahnung habe von dem Sport“, sagt er mit einem Zwinkern.

Die Europameisterschaft ist bei ihm längst ein Thema, er tippt schon fleißig mit Kollegen und hofft, dass sich die deutsche Elf zu einer sympathischen, ambitionierten und offenen Einheit entwickelt.
Im Vergleich zu den Großereignissen der vergangenen Jahren spürt der „Sportfanatiker“ weniger Spannung in seinem Umfeld, um dann aber gleich mit mir und einigen Kollegen über Favoriten und deren jüngste Testpartien zu diskutieren. Da geht es nicht ohne Frotzeleien ab. Und es wird viel gelacht. Unser Geschäftsführer schaut sich natürlich alle Spiele an, sofern zeitlich möglich. Zumeist ohne Brimborium daheim vor dem TV, da er eben „alles sehen will“, ohne Ablenkung, mit Zeitlupen und ohne zu große Geräuschkulisse. Offen ist aber noch, ob er die ein oder andere Begegnung mit Freunden und Kollegen in der Kneipe oder bei einem größeren Public-Viewing verfolgen wird. Wie ich ihn kenne im Deutschland-Trikot.
Jetzt zu seinem Fachwissen: Auch er nennt Frankreich, England und Spanien als Favoriten. Im erweiterten Kreis sieht er Österreich und Deutschland. Er traut der Nagelsmann-Truppe mindestens das Halbfinale zu. Und „mit Herz getippt“: Deutschland holt den Pokal.
Guido Geelen, Redakteur: Trotz aller Probleme in der Welt und der Kommerzialisierung freue ich mich wie immer wie ein kleines Kind auf die EM. Als ehemaliger Fußballer (FK Selb 09) und TV-Sportler par excellence werde ich kein Spiel verpassen, dass ich sehen kann, sprich es mir zeitlich möglich ist.
Mein Bruder Roel und ich kannten schon in unserer Jugend selten ein anderes Thema. Und da es zu der Zeit meist nur einen Fernseher im Haushalt gab, hatte meine Schwester darunter zu leiden.
Die Jungs saßen mit ihrem Vater immer vor der Glotze, wenn Fußball ausgestrahlt wurde. Da schaute Marion buchstäblich in die „Röhre“. Und unsere Mutter wurde notgedrungen so langsam selbst zum Sportfan. Denn wir „konsumier(t)en“ auch Handball, Eishockey, Leichtathletik, Skisport, Eisschnell-Laufen … bis zum Exzess.

Leider ist das EM-Turnier auch in meinem Freundes- und Bekanntenkreis bisher kaum Thema. Ich fachsimple so gerne, genieße es sogar, wenn mich Freunde als Niederländer hänseln, werde aber allergisch, wenn Menschen mit nationalistischem Unterton Scherze machen. Das ist allerdings ein anderes Kapitel.
Mit den Kollegen bin ich schon so langsam auf EM-Betriebstemperatur gekommen, schon allein wegen dieses Artikels wird das Ereignis immer wieder thematisiert. Und ich genieße es, viele Vorbereitungsspiele noch ohne Nervosität für mich vor dem TV zu analysieren.
Sicherlich ergibt sich mal die Gelegenheit während der EM, bei einem Bierchen mit Kumpels ein Spiel anzuschauen. Aber mir fehlt nichts, wenn ich die Partien allein und in Ruhe verfolgen kann – selbstverständlich im Oranje-Trikot.
Ich bin diesmal nicht voll überzeugt von der Elftal, als Edelfan gibt es von mir trotzdem nur einen Titeltipp: Niederlande. Eindeutige Favoriten sehe ich heuer nicht - beste Voraussetzung für ein spannendes Turnier!
Till Mayer, Redakteur: „Ich empfinde es als schönes Fest für Europa“, betont Till Mayer, der am Tag des Eröffnungsspiels im Flixbus in Richtung Ukraine sitzt, um wieder über das Leben Menschen in dem kriegsgeplagten Land zu berichten.
Er erinnert an die EM 2012, die in Polen und der Ukraine stattgefunden hat. Damals habe sich auch in der Ukraine niemand vorstellen können, dass zwei Jahre später der Krieg (Donbas) seinen Anfang nehmen würde. Weil die Ukrainer gerade durch schwere Zeiten gehen, wünscht er deren Nationalmannschaft viel Erfolg. „Denn der Sport kann viel Mut machen“.

Ein gutes Abschneiden wäre für das Land ein Riesending – wie 2022 der Sieg der ukrainischen Band „Kalush Orchestra“ beim Eurovision Song Contest in Turin. „Das hat die Menschen unheimlich gepusht.
Die Ukrainer glauben an Europa, deswegen ist für sie die EM so wichtig.“ Allerdings hat der Bamberger, der in der Ukraine sehr oft als Reporter unterwegs ist, bei den Ukrainern bisher noch keine Euphorie mitbekommen. „Alles ist vom Krieg überschattet.“ Deutschland hat für Till, der in der Jugend selber im Verein gekickt hat, aufgrund des Heimvorteils eine große Chance auf den Titel. Ansonsten gönnt er seinem Kollegen Guido Geelen (Interviewer), dass die Niederlande erfolgreich ist.
Wenn er nicht gerade im Donbas recherchiert, wird der Kriegsreporter sicherlich auch mal eine EM-Partie in einer Kneipe mit Leuten aus Kiew verfolgen.
Mario Deller, Redaktionsassistent: Mein Kollege Mario Deller, der als Kind und Jugendlicher auf dem Bolzplatz aktiv war, zumeist als Torwart, schaut gerne Fußball im Fernsehen, vor allem, wenn deutsche Teams in den europäischen Wettbewerben brillieren.
Auf die Europameisterschaft im eigenen Land freut sich die ganze Familie sehr. „Ist ja eine gute Ablenkung, bringt einen auf andere Gedanken“.
Das Wohnzimmer wird zum EM-Studio, in dem der Rattelsdorfer mit seinem Papa dem deutschen Team die Daumen drücken wird.
Die Euphorie hält aber nur solange an, wie Nagelsmann & Co. im Turnier sind. Bei einem Ausscheiden des Gastgebers sind Marios Fernseh-Aktivitäten in Sachen EM beendet. Das könnte aber dauern, denn er traut der Nationalmannschaft das Halbfinale zu – mehr nicht.

Favoriten sind für ihn die „üblichen Verdächtigen“ Portugal, Frankreich und die Niederlande. Aber den Titel hole sein „Geheimfavorit“: die Schweiz.